LH Haider bei Buchpräsentation von Autorin Gabriela Stieber – Buch und Quellband
über britische Besatzungszeit von 1945 bis 1955 im Landesarchiv vorgestellt
Klagenfurt (lpd) - Mit großem Interesse verfolgten Mittwoch (16. 03.) Abend rund 200 Besucher
im Kärntner Landesarchiv zwei Buchpräsentationen über die britische Besatzungszeit nach dem Zweiten
Weltkrieg. Autorin Gabriela Stieber, Archivdirektor Wilhelm Wadl und Lektor Anthony Hall gaben einen Einblick in
Alltagsleben sowie politische, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse in Kärnten von 1945 bis 1955.
Landeshauptmann Jörg Haider betonte die Wichtigkeit der geschichtlichen Aufarbeitung der Nachkriegszeit, in
der Freiheit und Sicherheit durch Bedrohungen aus Tito-Jugoslawien nicht selbstverständlich gewesen seien.
Vor diesem Hintergrund sei in Kärnten die Verantwortung für die eigene Sicherheit und Unteilbarkeit eine
ureigentliche Kompetenz. Diese sei als historischer Auftrag zu begreifen, den auch die Generation des 21. Jahrhunderts
wahrzunehmen habe. In diesem Sinne sei in den Schulen das Geschichtsbewusstsein zu fördern, wozu die aktuelle
Wanderausstellung des Landesarchivs wesentlich beitrage. Das geschichtliche Beleuchten dieser Zeit mache zudem
deutlich, wie wichtig es sei, in einem Europa zu leben, "wo der Frieden gefestigt ist und sich Nachbarn untereinander
verstehen", sagte Haider.
Bei der Buchpräsentation im Zeichen des heurigen Jubiläumsjahres wurden der Band "Die Briten als
Besatzungsmacht in Kärnten 1945 – 1955" sowie der Quellenband "Consolidated Intelligence Reports.
Eine Quellenedition zur Geschichte der britischen Besatzungszeit in Kärnten" vorgestellt. Autorin Stieber
hat im Rahmen eines Forschungsprojektes die Akten der britischen Besatzungsbehörden im Public Record Office
in London bearbeitet und auf dieser breiten Quellenbasis das erste Nachkriegsjahrzehnt in Kärnten beschrieben.
Archivdirektor Wadl sprach von der guten Beobachtungsgabe der Briten und nannte sie "eifrige Berichteschreiber".
Die wöchentlichen Berichte des Nachrichtendienstes der britischen Besatzungsmacht zur Lage in Kärnten,
die sogenannten Intelligence Reports, stellten daher eine spannende Quelle für das Nachkriegskärnten
dar. In komprimierter Form würden darin Themen wie die Gründung der politischen Parteien und Interessensvertretungen,
die Lage der slowenischen Volksgruppe, Auseinandersetzungen um die Südgrenze Kärntens, die Entnazifizierung,
die Wiedererrichtung des Schul- und Justizwesens, Probleme der Ernährung, usw. beschrieben. So seien auch
Biografien aller damals handelnden Personen, von Regierungsmitgliedern bis zu den Bürgermeistern, erhalten,
erklärte Wadl. Als interessantes Detail erwähnte er die sogenannten "Tailpieces", Anhänge
zu den Reports.
Darin hätten u.a. Gerüchte und sogar zeitgenössische Witze Raum gefunden. Insgesamt sei aus den
Quellen ein gutes Verhältnis zwischen der britischen Besatzungsmacht und der Kärntner Bevölkerung
herauszulesen, meinte der Archivdirektor.
Die Autorin Gabriela Stieber wurde 1952 in Klagenfurt geboren. Sie studierte Technische Mathematik an der TU Graz
und ab 1986 Geschichte und Volkskunde an der Karl-Franzens-Universität Graz. Ihre Diplomarbeit verfasste sie
über die Gottscheer in Österreich, ihre Dissertation über die Flüchtlingslager in Kärnten
und der Steiermark nach 1945. Als Mitglied der österreichisch-slowenischen HistorikerInnenkommission kann
sie auf mehrere Veröffentlichungen zum Thema Nachkriegsflüchtlinge und britische Besatzungszeit in Kärnten
verweisen. Derzeit ist sie Leiterin einer öffentlichen Bibliothek und in der Bibliothekarsausbildung aktiv.
Sie lebt in Hitzendorf bei Graz, ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.
Bei der Buchpräsentation im Rahmen der Landesarchivsausstellung "50 Jahre Österreichischer Staatsvertrag
1955 – 2005. Nachkriegsalltag in Kärnten 1945 – 1955" waren auch Kulturreferent LHStv. Martin Strutz
und die neue Leiterin des British Council in Wien (Britisches Kulturinstitut), Ruth Sinclair-Jones, anwesend. |