Personalisierung in der Unternehmensberichterstattung geht weiter
Bonn (pte) - Die Personalisierung in der Unternehmensberichterstattung ist nach einer Analyse des
Bonner Forschungsdienstes Medien Tenor auch im Jahr 2004 weitergegangen. "Dies zeigt eine weitere Tendenz
der Journalisten: Kumulation von Aufmerksamkeit für bestimmte Schlüsselereignisse, immer mehr Aufmerksamkeit
auf wenige, große Ereignisse oder Themen," erläutert Matthias Vollbracht, Leiter Research Wirtschaft
beim Medien Tenor.
Entsprechende Konsequenzen würden sich für die Kommunikationspolitik der Unternehmen ergeben. Aktualität,
Exklusivität, harte Fakten und Prominenz seien ausschlaggebend für die Presseresonanz. Noch relevanter
sei das gewandelte Informations- und Rechercheverhalten von Entscheidern in Unternehmen und Redaktionen. Die Entwicklung
neuer Technologien und die Digitalisierung der Medienwelt würden nach Ansicht von Martin Sorrell, Chef der
weltgrößten Werbeagentur WPP http://www.wpp.com , die Gewichte neu verteilen. "Ich zum Beispiel
schaue heute vor allem Sparten-TV, also Wirtschaftssendungen bei CNBC oder Bloomberg TV. Aktuelle Nachrichten hole
ich mir übers Internet. Warum soll ich bis zum nächsten Tag auf eine Tageszeitung warten, wenn ich die
Informationen sofort elektronisch haben kann? Von Zeitungen und Zeitschriften erwarte ich fundierte Hintergründe
und tief schürfende Analysen. Je schneller, desto besser. Warum soll ich eine Woche warten, bis mir jemand
erklärt, was die Übernahme von Gillette durch Procter & Gamble bedeutet?", sagte Sorell in einem
Interview mit der Wirtschaftswoche.
Nach Erfahrungen von PR-Experten erfordert diese Entwicklung ein schnelles Kommunikationsmanagement, einen starken
Auftritt in Online-Medien und Suchmaschinen. Man müsse dauerhaft präsent sein, wenn potenzielle Kunden
und Journalisten aktiv ein Thema im Umkreis des Produkt- und Themenportfolios von Unternehmen recherchieren. Das
Internet sei mittlerweile die wichtigste Informationsquelle für Journalisten. Die Offline-Welt habe eine sehr
kurze Halbwertzeit. Die Pressearbeit vieler Unternehmen und Verbände sei darauf noch nicht eingestellt.
Das dokumentiert eine Journalistenumfrage der "Dr. Doeblin Gesellschaft für Wirtschaftskommunikation".
Offenkundig fehle es in Pressestellen oft an der Sensibilität für den durch Rationalisierungen gewachsenen
Arbeitsdruck in den Redaktionen. Hier würde sich die kommunikative Spreu vom Weizen trennen. So hat die Zahl
der Stunden zugenommen, die die Journalisten mit der Recherche im Internet verbrächten. Das Internet erleichtere
den Journalisten dabei den schnellen Zugang zu Informationen und ersetze zunehmend zeitaufwändige Archiv-Recherchen
im eigenen Verlag. Der Besuch von Pressekonferenzen werde für viele Wirtschaftsjournalisten zu einer Ausnahme.
Darauf müsste sich die Kommunikation der Unternehmen durch eine "intelligente und effiziente Kombination
von E-Mail und webbasierter Kommunikation" einstellen, so die Schlussfolgerung von Jürgen Doeblin. |