Österreichs Sozialpartner fordern wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik für Europa  

erstellt am
16. 03. 05

Mitterlehner präsentiert Maßnahmenpaket für nachhaltiges Wachstum der EU, die gegenüber USA deutlich zurückliegt
Wien (pwk) - „Während die OECD 2005 insgesamt um 2,8 Prozent wächst, das Konjunkturplus in den USA 3,8 Prozent erreicht und in China das Wachstum sogar 8,2 Prozent beträgt, hinkt die Konjunktur im Euro-Raum mit nur 1,7 Prozent deutlich hinterher“, wies der Generalsekretärstellvertreter der Wirtschaftskammer Österreich, Reinhold Mitterlehner, am Dienstag (15. 03.) bei einer Pressekonferenz der österreichischen Sozialpartner auf die akuten Wachstumsprobleme der EU hin. Gemeinsam mit dem Leitenden Sekretär des ÖGB, Richard Leutner, AK-Direktor Werner Muhm und dem Generalsekretär der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, August Astl, wurde dabei eine Studie des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen zur „Makroökonomischen Politik und die Lissabon-Strategie der EU“ präsentiert, die deutlich eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik auf EU-Ebene fordert.

Für den Lissabon-Prozess als zentrales Instrument der europäischen Strukturpolitik schlug Mitterlehner im Vorfeld des EU-Frühjahrsgipfel ein Maßnahmenbündel für mehr Wachstum und Beschäftigung vor. „Die Schwerpunkte der Lissabon-Strategie sind zwar richtig gewählt, jedoch liegen wir vielfach deutlich hinter den Zielsetzungen zurück. Der Fokus der Wirtschaftspolitik muss geschärft werden und als wichtiger Schritt der Stabilitäts- und Wachstumspakt adaptiert und verbessert werden.“ Konkret sollte das Aussetzen des Defizitverfahrens im Falle eine Rezession nicht erst bei einem Minuswachstum von 2 Prozent, sondern schon bei geringfügigeren Wachstumseinbrüchen erfolgen. Zukunftsinvestitionen wie etwa für Forschung und Entwicklung sollten mit einer gewissen Deckelung herausgerechnet und die Aufgaben der öffentlichen Hand generell stärker auf Strukturverbesserung und Zukunftssicherung konzentriert und entsprechend finanziell ausgestattet werden.

„Auch die Geld- und Währungspolitik muss sich stärker am Wachstum ausrichten“, ist Mitterlehner überzeugt. Die EZB sollte sich nicht ausschließlich der Preisstabilität verbunden fühlen, sondern ähnlich wie in der USA auch eine wachstumsunterstützende Geldpolitik betreiben. Oft reagiere die Europäische Zentralbank zu spät mit Zinssenkungen und strebe im EU-Schnitt eine Inflationsrate von 2 Prozent an, wobei vielleicht auch 2,5 Prozent durchaus gerechtfertigt wären, meinte Mitterlehner. Nach überwiegender Rechtsansicht wäre eine Adaptierung der EZB-Politik schon nach derzeitiger Rechtslage gemäß Art. 104 EVG möglich.

Entscheidend für eine wirksame Wachstumsstrategie müssten auch die Schlüsselfaktoren Forschung und Entwicklung forciert werden. Das 6. Rahmenprogramm weise hier klare Defizite auf, während die praktische Verdopplung der europäischen Fördermittel für das 7. Rahmenprogramm „ein richtiger Schritt ist und gute Hebelwirkung zeigen könnte“, so Mitterlehner. Weiters forderte der WKÖ-General eine gemeinsame europäische Exportinitiative ähnlich der „go international“-Initiative in Österreich, mit der Marktaufschließungen gefördert und der Exportzugang für Klein- und Mittelbetriebe erleichtert wird. Auch der Bürokratie müsse noch verstärkt der Kampf angesagt und in Zukunft verstärktes Augenmerk auf Selbstregulierung durch die Wirtschaft gelegt werden.

„Mit diesen wirtschaftspolitischen Maßnahmen können Neugründungen von Unternehmen angeregt, zusätzliche Investitionen bewirkt, mehr Arbeitsplätze geschaffen und insgesamt mehr Wachstum im Rahmen des Lissabon-Prozesses erreicht werden“, fasste Mitterlehner zusammen und forderte gleichzeitig eine jährliche Evaluierung der nationalen Umsetzung ein, „damit die Strategie nicht wie in den ersten 5 Jahren wieder verwässert wird.“ Beim bevorstehenden Frühjahrsgipfel der EU-Regierungschefs wollen die Sozialpartner diese Denkweise implementieren und verstärkt an der Umsetzung der Wachstumspolitik auf europäischer und nationaler Ebene mitwirken.
     
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