Gaal fordert grundlegende Änderung bei der Ausbildung von Soldaten
Wien (pk) - Der Jahresbericht der Bundesheer-Beschwerdekommission über das Jahr 2004 wurde am
Mittwoch (23. 03.) im Rahmen einer Pressekonferenz im Hohen Haus präsentiert. Die Arbeit geprägt hätten
natürlich die im Dezember bekannt gewordenen Misshandlungsvorwürfe beim Bundesheer, vor allem in den
Kasernen Freistadt, Bludesch und Landeck, erklärte der derzeitige amtsführende Vorsitzende der Kommission,
Nationalratsabgeordneter Anton Gaal. Um solche Vorkommnisse in Zukunft zu vermeiden, müsse das Ausbildungsprogramm,
das u.a. zu viele Spielräume zugelassen hat, komplett neu überarbeitet werden. Außerdem soll bei
der Ausbildung strikt zwischen Rekruten und Kaderpersonal unterschieden werden und die Ausbildner selbst müssen
besser geschult werden, vor allem was die Menschenführung und die pädagogischen Kenntnisse anbelangt.
Verteidigungsminister Platter habe rasch reagiert und den sehr weit reichenden Empfehlungen der Kommission Rechnung
getragen, erklärte der Vorsitzende Paul Kiss. Allerdings sei die Causa noch nicht abgeschlossen, da erst der
Ausgang der noch laufenden gerichtlichen Strafverfahren abgewartet werden müsse.
Die Bundesheer-Beschwerdekommission sei eine wichtige Beratungs- und Servicestelle, unterstrich Anton Gaal. Deren
Bedeutung zeige sich schon allein dadurch, dass im Jahr 2004 insgesamt 4420 Anfragen an das Büro der Kommission
herangetragen wurden. Weiters wurden 460 Beschwerden eingebracht und 14 amtswegige Überprüfungen eingeleitet;
86 % davon wurden als berechtigt anerkannt. 51 % der Beschwerden bezogen sich auf den Ausbildungs- und Dienstbetrieb,
erklärte Gaal, "hier sei ein eklatanter Handlungsbedarf gegeben". Grundsätzlich gebe es aber
eine gute Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium, das den Empfehlungen in hohem Maße Rechnung trage.
So gehe es z.B. auf eine Initiative der Beschwerdekommission zurück, dass Kugelschutzwesten und neue Kampfanzüge
angeschafft wurden.
Was das Thema Frauen im Bundesheer angeht, zog Gaal eine positive Bilanz. Weibliche Soldaten zeichneten sich vor
allem durch besondere Ernsthaftigkeit, Fleiß und Verantwortungsbewusstsein aus und sie tragen dazu bei, dass
sich generell die Umgangsformen sowie die Atmosphäre beim Bundesheer verbessert hätten.
Den Schwerpunkt der Arbeit im letzten Jahr stellten aber sicher die Misshandlungsvorwürfe in mehreren Kasernen
dar, die zu einer amtswegigen Prüfung geführt haben. Die erhobenen Vorwürfe wurde im Zuge der Ermittlungen
großteils bestätigt und führten zu einer besonderen Empfehlung der Kommission. Allein in Freistadt
gab es 14 Strafanzeigen, die noch gerichtlich untersucht werden. Auch wenn es sich dabei um Ausnahmefälle
gehandelt habe, sei ein schwerer Imageschaden für das Bundesheer entstanden.
Verteidigungsminister Platter habe auf diese Vorkommnisse sehr rasch reagiert und ein völlig neues Ausbildungsprogramm
angekündigt, das im Detail per Ende März umgesetzt werden soll, informierte der zweite Vorsitzende Paul
Kiss. Außerdem habe Platter veranlasst, dass zwei Bundesheergenerälen die Ausbildungsagenden entzogen
wurden.
Er sei daher überzeugt davon, dass derartige Vorfälle in Zukunft nicht mehr vorkommen werden.
Ombudsstelle für Soldaten
Die parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission, die 1955 eingerichtet wurde, stellt eine Art Volksanwaltschaft
für den militärischen Bereich dar: Sie ist als eigenständiges und unabhängiges Prüforgan
des Nationalrates tätig und stellt somit ein demokratisch legitimiertes Organ des Parlaments dar. Sie gibt
den Soldaten die Möglichkeit, sich über erlittenes Unrecht bei einer Stelle zu beschweren, die außerhalb
des militärischen Dienstbereiches liegt und eine objektive Beurteilung gewährleistet. Ihre Vorschläge
werden dem Parlament vorgelegt.
Der parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission gehören drei in der Amtführung einander abwechselnde
Vorsitzende sowie sechs weitere Mitglieder an. Die Vorsitzenden werden nach einer Verfassungsbestimmung vom Nationalrat
gewählt, die übrigen Mitglieder entsenden die politischen Parteien im Verhältnis ihrer Mandatsstärke
im Hauptausschuss des Nationalrates. Die Funktionsperioden betragen jeweils sechs Jahre. Die laufende Periode hat
am 1. Jänner 2003 begonnen und endet am 31. Dezember 2008. Das Präsidium der parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission
ist zur Zeit folgendermaßen zusammengesetzt: Abgeordneter Anton GAAL (SPÖ; amtsführender Vorsitzender),
Chefredakteur Walter SELEDEC (FPÖ) sowie der ehemalige ÖVP-Nationalratsabgeordnete Paul KISS. Die drei
Vorsitzenden des Präsidiums wechseln einander in der Amtsführung alle zwei Jahre ab. |