Gusenbauer:
"Machen wir den Weg frei für eine große Bildungsreform!"
Beseitigung der Zwei-Drittel-Mehrheit Chance, aber keine Garantie für Schulreform"
Wien (sk) - "Machen wir den Weg frei für eine große Bildungsreform und nehmen wir
möglichst viele auf diesem Weg mit!", erklärte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Donnerstag
(31. 03.) in seinem Redebeitrag im Nationalrat zum Thema "Lösung der Reformblockade im Schulbereich".
Gusenbauer betonte, dass die Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit bei den Schulgesetzen absolut notwendig sei;
sie sei eine Chance, aber noch keine Garantie für eine Reform. Wichtig sei, auch den Konsens - "nicht
nur im Parlament, auch in der Bevölkerung" - zu suchen. Die SPÖ habe den Dialog gesucht und gefunden.
Entsprechende Anträge würden dem Parlament vorliegen.
Der SPÖ-Vorsitzende betonte, dass er die Einschätzung von Günther Haider, dem Leiter der Zukunftskommission
teile, dass die Zwei-Drittel-Erfordernis, die Verrechtlichung und Bürokratie des Schulsystems ein wesentlicher
Hemmschuh für eine fortschrittliche Schulpolitik seien. Es sei außerordentlich zu begrüßen,
wenn die Reformblockade aufgelöst und endlich der Weg frei für Reformen gemacht würde.
Gusenbauer erinnerte aber auch an das Begutachtungsverfahren in Zusammenhang mit der Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit.
Dieses habe der Bevölkerung die Möglichkeit geboten, sich zu äußern und der Politik die Chance
gegeben, die Bedenken, Ängste und Einwände der Menschen aufzugreifen und Lösungen zu finden. Die
Haupteinwände seien gewesen: Keine Einführung von Schulgeld und gleiche Chancen zum Bildungszugang, Festhalten
am öffentlichen Schulsystem und an der Schulpflicht sowie die Festlegung einer gemeinsamen Zielvorstellung,
was Schule leisten soll. Gusenbauer betonte, dass er es für vernünftig halte, an den Beginn eines Textes
eine solche Zielsetzung zu stellen - wie es auch schon im Konvent diskutiert worden sei.
Ein weiterer Einwand vieler Organisationen sei es gewesen, das ethische und moralische Prinzip in der Zielsetzung
zu verankern. Es sei der Wunsch geäußert worden, dass das Schulsystem der Vielfalt der Gesellschaft
Rechnung tragen soll. "Ich habe es nicht verstanden, dass die Regierung nicht mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften
das Gespräch gesucht hat", so Gusenbauer, der darauf hinwies, dass die SPÖ den Dialog gesucht und
gefunden habe. Die SPÖ wolle einen breiten Konsens im Parlament und in der Bevölkerung erzielen und habe
daher auch in ihren Anträgen den Einwänden Rechnung getragen: Von Schulgeldfreiheit, Schulpflicht, öffentliches
Schulwesen über eine gemeinsame Zielsetzung bis zur Nicht-Infrage-Stellung von Bestimmungen des Konkordates
was den Religionsunterricht und konfessionelle Schulen betrifft, seien die wichtigsten Bestimmungen festgehalten
worden. "Keine einzige positive Reform wird dadurch behindert, sondern es wird ein breiter Konsens in der
Gesellschaft ermöglicht", so Gusenbauer, der die ÖVP aufforderte: "Betrachten Sie diese Fragen
nicht aus der kleinkarierten parteipolitischen Brille, sondern denken Sie an die Zukunft der Kinder!"
Kritik übte der SPÖ-Vorsitzende auch am "Arbeitsprogramm" von Bildungsministerin Gehrer. "In
keinem einzigen Punkt wird dem Anspruch auf eine große Reform Rechnung getragen." Fehlen würden
etwa individuelle Förderung, sprachliche Frühförderung und das Ausgleichen von Herkunftsunterschieden.
Die Umbenennung von Unterrichtsgegenständen sei bestenfalls eine kosmetische Reform, trage zu einer großen
Reform aber nichts bei. "Gehrer hat ihre Chance nicht genützt", so das Fazit Gusenbauers.
Auch im Bildungsbudget vermisst der SPÖ-Vorsitzende zusätzliche Mittel für dringend notwendige Initiativen.
"Beseitigung der Zwei-Drittel-Mehrheit ja, aber unter den bestehenden parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen
ist diese keine Garantie für eine Reform. Was wir brauchen, sind andere Mehrheitsverhältnisse. Diese
Regierung hat ihre Chance verpasst", so Gusenbauer abschließend. |
Gehrer: SPÖ tut Lehrerinnen und Lehrern bitter unrecht
Zahlreiche Reformprojekte an Schulen erfolgreich umgesetzt
Wien (övp-pk) - Wenn ich die Ausführungen der SPÖ über die Schulen höre,
hoffe ich, dass diese nicht selber glaubt was sie sagt. Denn das wäre eine himmelschreiende Ungerechtigkeit
gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern, Schulen und allen Schulpartnern, die sich sehr bemühen, unseren
Kindern die beste Bildung zu geben, sagte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer am Donnerstag (31. 03.) anlässlich
der Debatte über die Umsetzung der Ergebnisse des Reformdialogs im Nationalrat.
Die Opposition tue den Lehrern bitter unrecht. Diese würden "hervorragende Arbeit" leisten; es sei
Zeit, dafür einmal Danke zu sagen. Anlässlich der Ergebnisse des PISA-Tests habe sie, Gehrer, zudem niemanden
eine Schuld zugewiesen, sondern gesagt, dass man miteinander daraus lernen, sich aber auch fragen müsse, ob
die Basis der Erhebung dieselbe wie im Jahr 2000 war. "Denn unsere Schulen haben es sich nicht verdient, bei
einer veränderten Basis mit derartigen Behauptungen schlecht gemacht werden", so die Ministerin in Richtung
SPÖ. Bei einer verschränkten Ganztagsschule hätten die Kinder zudem nicht den ganzen Tag unterricht,
stellte Gehrer richtig. Diese hätten vielmehr genauso wie alle anderen Kinder ihre entsprechenden Unterrichtsstunden,
die restliche Zeit seien Übungs- oder Lernstunden - und für diese werde Betreuungsgeld eingehoben. Gehrer
erinnerte daran, dass auch in Finnland für die Nachmittagsbetreuung, die freiwillig, erfolge, Geld eingehoben
werde.
Die Ministerin wies zudem darauf hin, dass immer mehr Jugendliche nach der Pflichtschulzeit eine weiterführende
Ausbildung in den mittleren und höheren Schulen Österreichs machen. EU-Ziel sei es, dass bis 2010 höchstens
zehn Prozent der Jugendlichen nach der Pflichtschule keine weiterführende Bildung machen. In Österreich
seien es jetzt schon 9,5 Prozent; "und wir arbeiten daran, dass auch diese Jugendlichen eine weiter führende
Bildung erhalten. Wir haben ein Schulsystem, das den Jugendlichen viele Chancen bietet. Wer mit offenen Augen durch
unsere Schullandschaft geht, sieht, was es in den letzten zehn Jahren an Reformen gegeben hat und welche Lehrerinitiativen
umgesetzt wurden, verwies Gehrer auf folgende Projekte:
- Spezielle Maßnahmen zur Leseförderung. Allein in den letzten Jahren haben hunderte Lehrerinnen und
Lehrer mit tausenden Schülerinnen und Schüler Projekte zur verstärkten Freude am Lesen durchgeführt.
- Führungskräfte im Schulbereich wie Direktor/innen und Abteilungsleiter/innen erhalten ein intensives
Training in der so genannten Leadership-Academy.
- Mit der Ausstattung an modernen Technologien liegt Österreich an der Spitze Europas. Jede Schule hat Zugang
zum Internet, Arbeit mit Computer und Laptop gehört zum normalen Unterricht.
Zum Wohle der Schülerinnen und Schüler wurde unter anderem das Frühwarnsystem eingerichtet, die
Fördermaßnahmen für Begabte und Schwächere verstärkt, Fremdsprachenangebote und der bilinguale
Unterricht ausgebaut, die bestehenden 45.000 Tagesbetreuungsplätze um 10.000 aufgestockt, den Bundesländern
mehr Gelder für Förderlehrer zur Verfügung gestellt, ein neues Dienstrecht für Landeslehrer
geschaffen, neue Ausbildungsangebote an berufsbildenden Schulen und im Lehrbereich geschaffen und die Qualitätssicherung
und Evaluierung eingeführt sowie die Berufsreifeprüfung breit angeboten.
Ja-Nein-Kurs der SPÖ bei Zwei-Drittel-Mehrheit erinnert an Zick-Zack-Kurs bei Verhaltensvereinbarungen
Zur Diskussion über die Zwei Drittel-Mehrheit erklärte Gehrer: "Es kommt mir so ähnlich vor
wie damals, als wir darüber diskutiert haben, ob man die Verhaltensvereinbarungen an den Schulen machen könnte."
Auch hier habe die SPÖ zuerst Ja und dann Nein gesagt. Genauso verhalte es sich bei der Zwei Drittel-Mehrheit:
Zuerst werde die Abschaffung gefordert, und dann werden Junktime errichtet. Die SPÖ wolle offenbar dadurch
eine neue Verfassung verhindern. Die SPÖ komme damit allerdings zu spät, denn wesentliche Punkte wie
die Schulgeldfreiheit und wichtige Ziele und Bestimmungen der Schule seien von der ÖVP bereits im Verfassungskonvent
eingebracht worden. "Stimmen Sie endlich dem Vorschlag einer schlankeren, besseren Verfassung zu, dann haben
wir alle Dinge, die Ihnen ein Anliegen sind, im Verfassungsrang und Sie müssen keine Junktime für die
Zwei Drittel- Mehrheit errichten. Die österreichische Bundesregierung geht einen klaren Weg: Wir wollen Hindernisse
für die Schulentwicklung beseitigen." Mit der Abschaffung der Zwei Drittel-Mehrheit für Schulgesetze
sei "Bewegung möglich, die Fenster offen, frische Luft kann herein". Wir wollen andererseits in
einer neuen, moderner Verfassung die wichtigen Eckpunkte für den Bildungsbereich festschreiben. Wer wirklich
will, dass bei der Schule etwas weiter geht, der muss unseren Antrag auf Abschaffung der Zwei Drittel-Mehrheit
zustimmen", schloss die Ministerin.
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Rossmann begrüßt Pläne zur Abschaffung der Zweidrittel-Erfordernis
Befürchtung, dass SPÖ nach einer Absprungbasis sucht
Wien (fpd) - Als positiv bewertete FPÖ-Bildungssprecherin Mares Rossmann die Bildungsdebatte im Nationalrat
am Donnerstag (31. 03.). Noch nie habe es einen derartigen allumfassenden Entschließungsantrag zu einer Schulreform
gegeben.
Rossmann wies aber gleichzeitig darauf hin, dass es sich dabei teilweise um Absichtserklärungen handle, die
noch mit Reformarbeit ausgefüllt werden müssten. "Dieser Entschließungsantrag mit teilweise
losen Überschriften wäre uns jedenfalls zuwenig."
Was die 2/3 Mehrheit anlange zeigte sich Rossmann erfreut darüber, das diese, wie es derzeit aussieht, unumstritten
sei. Sie befürchte allerdings, dass die SPÖ einmal mehr versuchen werde eine Absprungbasis zu finden.
"Wenn SP-Chef Gusenbauer heute meint, dass Vieles, unter anderem der Religionsunterricht, noch festzuschreiben
ist, dann erinnert das ein wenig an die Diskussion zu diesem Thema im Konvent. Rossmann verwies auf den umfassenden
Schulparagrafen im Konventsentwurf hin. Diesen gelte es umzusetzen.
Rossmann betonte, eine gemeinsame Schule der 6 bis 15-jährigen mit innerer Differenzierung müsse möglich
sein. Die entsprechenden Pläne dazu in Kärnten könnten ihrer Meinung nach ein "Zukunftsmodell"
sein. |
Van der Bellen: Unverständnis über neue SPÖ-Verfassungsjunktime
Grüner Bundessprecher warnt vor neuerlicher 2/3-Blockade bei Schulgesetzen
Wien (grüne) - Der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, warnt vor einer
neuerlichen gegenseitigen Blockade von ÖVP und SPÖ in der Frage der Abschaffung der 2/3-Mehrheit bei
Schulgesetzen. "Die ÖVP hat gestern mit einem entsprechenden Ministerrats-Beschluss endlich das Angebot,
das ursprünglich von der SPÖ gekommen ist, angenommen und will die 2/3-Mehrheit abschaffen. Umso unverständlicher
ist, dass nun offenbar die SPÖ neue Bedingungen und Junktime stellt und diese historische Chance wieder in
Frage stellt", kritisiert Van der Bellen jüngste Äußerungen seitens der SPÖ. "Die
Ergebnisse der PISA-Studie haben gezeigt, dass dringendst Reformbedarf besteht. Es wäre für die betroffen
Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen fatal, wenn parteitaktische Manöver von ÖVP oder SPÖ die
Abschaffung der 2/3-Mehrheit wieder in Frage stellen. Beide Parteien sollten damit aufzuhören, sich wie in
den vergangenen Jahrzehnten gegenseitig zu blockieren und damit jegliche wirkungsvolle Reform des Schulsystems
unmöglich zu machen."
"Wir wollen endlich eine sinnvolle und zukunftsgerechte Reform des Schulsystems", so Van der Bellen.
"Dazu gehört etwa der Rechtsanspruch der Eltern auf Ganztagsbetreuung oder den Besuch einer Ganztagsschule
ebenso wie die Einführung einer gemeinsamen Schule der 6- bis 15-Jährigen. Das Ende der 2/3-Mehrheit
ist dafür die Voraussetzung", so Van der Bellen. "Jetzt können ÖVP und SPÖ zeigen,
ob ihr die Zukunft der Kinder wirklich am Herzen liegt oder ob es sich dabei lediglich um Lippenbekenntnisse gehandelt
hat. Investition in die Bildung ist Investition in die Zukunft. Schulgeldfreiheit oder individuelle Förderung
für alle SchülerInnen sind zentrale Grundprinzipien. Aber nicht alles was wichtig ist, kann in der Verfassung
stehen", so Van der Bellen. |