Verfassungsnovelle zum Schulgesetz  

erstellt am
31. 03. 05

Bundeskanzler Schüssel: Schule braucht notwendige Flexibilität
Wien (bpd) - Nach Abschluss der Begutachtungsfrist hat die Bundesregierung am Mittwoch (30. 03.) eine Verfassungsnovelle beschlossen, wonach künftig für Schulgesetze keine 2/3-Mehrheit mehr notwendig sein soll. Ausgangspunkt für diese Initiative war der "Reformdialog Bildung" am 14. Februar 2005. Damals begann eine umfassende Diskussion über die Zukunft der österreichischen Bildungspolitik. Bei dieser Veranstaltung ist diese Initiative noch von allen Mitgliedern begrüßt worden. Im Begutachtungsverfahren hat sich dann die Mehrheit diesem Entwurf angeschlossen. Schüssel: "Wir wollen aus der Blockadepolitik heraus. Schule braucht die notwendige Flexibilität, um auf die neuen Herausforderungen positiv antworten zu können. Um die Qualität unserer Schulen weiter verbessern zu können, müssen Veränderungen auch im gesetzlichen Bereich möglich sein. Gleichzeitig wollen wir aber den Lehrern und Eltern Verlässlichkeit, Stabilität und Sicherheit geben. Schule darf kein Experimentierfeld für Parteipolitik sein."

Den Forderungen, die 2/3-Mehrheit in gewissen Punkten beizubehalten, hielt der Bundeskanzler die Arbeiten des Konvents entgegen. In der neuen österreichischen Verfassung sind die Ziele der modernen Bildungspolitik festgeschrieben. Eine entsprechende Formulierung wurde dazu von der Bildungsministerin bereits ausgearbeitet. Der Bundeskanzler hob als Eckpfeiler der Schulpolitik die Schulgeldfreiheit, das differenzierte Schulsystem, die Wahlfreiheit der Eltern bei der Tagesbetreuung und die Sicherstellung des Religionsunterrichts hervor. All diese Punkte wären auch in Zukunft nicht zuletzt durch UNO-Konventionen oder die neue EU-Verfassung gewährleistet, so der Bundeskanzler.

 

Gehrer: Hindernisse durch Aufhebung der 2/3-Mehrheitserfordernis für Schulgesetze beseitigen
Konventsvorschläge beinhalten Punkte wie Schulpflicht, Schulgeldfreiheit und Bildungsziele, die in der Verfassung stehen sollen
Wien (bm:bwk) - „Schule braucht Bewegung und die notwendige Flexibilität, um auf neue Herausforderungen antworten zu können. Deshalb ist es wichtig, Hindernisse zu beseitigen. Der Ministerrat hat am Mittwoch (30. 03.) der Gesetzesvorlage auf Aufhebung der 2/3-Mehrheit zugestimmt und ihn an das Parlament weitergeleitet“, erklärte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer. „Wir arbeiten dabei auf zwei Schienen. Die eine Schiene ist die neue Verfassung, die andere Schiene die Beseitigung von Hindernissen“, so Gehrer weiter. Die ÖVP-Vorschläge im Österreich-Konvent beinhalten wichtige Themen wie Schulpflicht, Schulgeldfreiheit, Konkordat und Bildungsziele.

Gehrer betonte die Wichtigkeit einer neuen, schlankeren Verfassung und der Beseitigung von Hindernissen. Schule brauche Bewegung, das werde sie zielstrebig verfolgen. Schule braucht aber auch Sicherheit. Deswegen sind wichtige Bildungsziele für die neue Verfassung bereits ausformuliert und vorgeschlagen, so Gehrer weiter. Im Vorschlag für die Verfassung, der bereits im Parlament liegt, ist ein Bildungsparagraf von der ÖVP vorgeschlagen, in dem auch die Zielformulierungen für den Schulbereich enthalten sind. „Es ist zu begrüßen, dass die SPÖ die Notwendigkeit eines Zielparagrafen nun auch erkannt hat. Damit steigen die Chancen, dass die Bildungsbestimmungen in der neuen Verfassung von allen getragen werden“, so Gehrer weiter.

Wichtig sei, dass die neue Verfassung möglichst rasch beschlossen würde, denn alles Flickwerk an der alten Verfassung sei „wirklich nur mehr Flickwerk“. Die Beseitigung der 2/3-Hürde könne unabhängig von der neuen Verfassung beschlossen werden.
Begutachtung: Von 127 Einrichtungen unterstützen 36, 68 haben keine Einwände

Der Antrag zur Aufhebung der 2/3-Mehrheit wurde an 127 Einrichtungen des öffentlichen Lebens zur Begutachtung verschickt. 36 Stellungnahmen unterstützen den Begutachtungsvorschlag, 68 haben keine Einwände erhoben. Die Einwände von kirchlichen Einrichtungen befassten sich vor allem mit der Frage des Konkordates und der Befürchtung, dass mit der Novelle eine Gefährdung des Religionsunterrichtes einhergehe.

Gehrer betonte, dass keine demokratisch gewählte Regierung in Österreich eine internationale Vereinbarung, die seit Jahrzehnten besteht, wie das beim Konkordat der Fall ist, anzweifeln und Gesetze beschließen werde, die dem entgegenstehen. Bildungsministerin Gehrer ist – im Gegensatz zu den Oppositionsparteien – immer für den Religionsunterricht und die Wichtigkeit von religiöser Erziehung als Grundlage einer europäischen Wertehaltung eingetreten. Niemand in der Regierung denke daran, Schulgeld einzuführen, bekräftigte Gehrer.
SPÖ muss sich entscheiden

„Die SPÖ, die in einem nicht mehr nachvollziehbaren Zickzackkurs – einmal für, die nächste Woche wieder gegen eine Abschaffung der 2/3 Mehrheit eintritt – wird sich nur bekennen müssen, ob sie Innovationen in der Schule zulassen will oder nicht“, so Gehrer abschließend.

 

 SPÖ bringt Entschließungsantrag zu Schulgesetzen ein
Schulgeldfreiheit, Schulpflicht, öffentliches Schulwesen und Vereinbarung Gusenbauer-Schönborn fixieren
Wien (sk) - Die SPÖ wird in der Nationalratssitzung am Donnerstag (31. 03.) einen Entschließungsantrag sowie eine Gesetzesinitiative für den Verfassungsausschuss betreffend die Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit für Schulgesetze einbringen, kündigte der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap Mittwoch (30. 03.) in einer Pressekonferenz an. Dabei werden sowohl die von der SPÖ erhobenen Erfordernisse - Schulgeldfreiheit, Schulpflicht bis zum Ende der Lehrzeit und öffentliches Schulwesen - als auch die gemeinsam von SPÖ-Vorsitzendem Gusenbauer und Kardinal Schönborn formulierten Bestimmungen über das verfassungsrechtliche Leitbild der österreichischen Schule enthalten sein.

Konkret haben sich der SPÖ-Vorsitzende und Kardinal Schönborn auf die verfassungsrechtliche Absicherung folgenden Leitbildes verständigt: " Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen sind die Grundwerte der österreichischen Schule, auf deren Grundlage sie der gesamten Bevölkerung, unabhängig von Herkunft, sozialer Lage und finanziellem Hintergrund, ein höchstmögliches Bildungsniveau sichert. Sie hat im partnerschaftlichen Zusammenwirken von Schülern, Eltern und Lehrern Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu selbstbewussten, glücklichen, leistungsbereiten und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert Verantwortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Generationen zu übernehmen."

Weiters gebe es die Zusage von Gusenbauer, dass die SPÖ auch bereit sei, dem Wunsch der Kirche zu folgen und die Bestimmungen des Schulvertrages sowie die darauf aufbauenden Bestimmungen des Religionschulgesetzes und des Privatschulgesetzes mit Zwei-Drittel-Mehrheit abzusichern.

Im Entschließungsantrag und in der Gesetzesinitiative für den Verfassungsausschuss würden die SPÖ-Punkte und das Ergebnis des Gespräches Gusenbauer-Schönborn mit einander verbunden; es gehe um die politische Absicht und um eine Gesetzesinitiative. Bildungsministerin Gehrer sei im übrigen in einem Brief von dem Inhalt des Gesprächs in Kenntnis gesetzt worden, es habe aber bis dato noch keine Reaktion gegeben. "Daher setzen wir nun parlamentarische Schritte", so Cap abschließend.

 

 Amon: Einladung an SPÖ, ÖVP-Konventsvorschlägen und Regierungsvorlage zuzustimmen
Wenn sich SPÖ selbst noch ernst nimmt, kann sie Vorschlägen nur zustimmen
Wien (övp-pk) - Der Bildungssprecher der ÖVP, Werner Amon, begrüßte am Mittwoch (30. 03.) den Beschluss des Ministerrates über die Vorlage zur Abschaffung der Zweidrittelmehrheit für Schulgesetze. "Damit wird diese Vorlage nun dem Parlament zugeleitet, wo wir die SPÖ noch einmal einladen werden, nicht nur dieser Vorlage, sondern auch den Vorschlägen der ÖVP im Österreich-Konvent für einen Bildungsparagraphen und den Grundrechtskatalog ihre Zustimmung zu geben", so Amon. Diese Vorschläge "liegen seit Monaten im Parlament", seien also auch der SPÖ seit Monaten bekannt. "Es mutet jetzt höchst eigentümlich an, dass die SPÖ, die ursprünglich einer Abschaffung des Zweidrittelerfordernisses 'ohne Wenn und Aber' zustimmen wollte, sich nun als Retterin außer Streit stehender Eckpfeiler des Bildungssystems aufspielen will, deren Verankerung in der Verfassung die ÖVP bereits im Österreich-Konvent vorgeschlagen hat", so Amon.

 

 Brosz: Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit erfreulich
Abschaffung ist aber noch keine Reform des Schulsystems, sondern nur Voraussetzung dazu
Wien (grüne) - Die Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit für Schulgesetze, wie sie am Mittwoch (30. 03.) im Ministerrat beschlossen wurde, findet die Zustimmung der Grünen. „Diese Abschaffung ist aber noch keine Reform des Schulsystems, sie ist nur die wesentliche Voraussetzung dafür“, so Dieter Brosz, Bildungssprecher der Grünen. Jahrelang hätten sich ÖVP und SPÖ mit dem Argument der fehlenden 2/3-Mehrheit gegenseitig blockiert. Nach den Ergebnisse der PISA-Studien müsse damit Schluss sein. „Der Reformwille der Regierung ist leider nicht erkennbar, denn unmittelbar nach dem Beschluss auf Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit im Ministerrat wird nächste Woche ein weiteres Bildungssparpaket im Nationalrat beschlossen werden. Es werden also keinerlei Vorsorgen für notwendige Reformen getroffen“, so Brosz.
         

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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