St. Pölten (nöpwd) - Die Papiertechnik-Firma Voith Paper in St.
Pölten ist trotz des notwendigen Personalabbaus gut aufgestellt. "Wir haben einige viel versprechende
Entwicklungs-Projekte am Laufen, die ihr Potenzial allerdings erst in drei oder vier Jahren entfalten werden",
sagt Alfred Riedl, Vorsitzender der Geschäftsführung von Voith Paper in St. Pölten.
Im Gespräch mit dem NÖ Wirtschaftspressedienst leuchtet er die Hintergründe der derzeitigen Situation
aus. Rund 60 Mitarbeiter in der Fertigung werden den Job verlieren. Riedl: "Wir verhandeln mit dem Betriebsrat
über eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, die für das Anlagengeschäft extrem wichtig ist. Die
Zahl 60 könnte nach unten revidiert werden."
Nach einer Reihe von Boom-Jahren ist der Markt für Verpackungspapier-Maschinen weltweit gesättigt. "Wir
haben selbst mit mehreren Großprojekten und Umbauten dazu beigetragen", so Riedl. Im Februar wurde eine
Voith Anlage in Deutschland mit einem Auftragsvolumen von rund 100 Millionen Euro in Betrieb genommen, die mehr
als 400.000 Jahrestonnen Verpackungspapier produziert. Im April wird eine Anlage in Frankreich mit mehr als 300.000
Jahrestonnen Produktion gestartet. Den 400.000 Jahrestonnen entsprechen täglich zwei komplette Eisenbahnzüge
mit je 30 Waggons.
Zuletzt habe noch China für Nachfrage gesorgt, "aber auch dieser Markt hat nachgelassen", erklärt
Riedl. Und der Hoffnungsmarkt Russland bzw. Osteuropa brauche noch Zeit. Für das aktuelle Wellental sei zudem
ausschlaggebend, dass Voith einen Großauftrag aus der Türkei nicht erhalten habe. "Im Anlagenbau
können wir nicht mit regelmäßigen Geschäften rechnen, auch wenn wir uns offensiv um jedes
Projekt sehr bemühen."
Trotz des Personalabbaus in der Fertigung "muss man auch sehen, dass wir am Voith-Standort St. Pölten
derzeit rund 40 offene Stellen anbieten", so Riedl. Rund 20 der 40 Posten betreffen den Papier-Bereich. "Wir
sind seit Jahren von einem Betrieb mit großer Fertigungstiefe unterwegs in Richtung Technologie-Unternehmen.
Wir suchen also qualifizierte Technologie-Fachleute und Mitarbeiter für Kundenbetreuung und Service
auch für ausländische Baustellen. Trotzdem hat die Fertigung weiterhin einen wichtigen Stellenwert, wir
müssen uns aber spezialisieren."
Dass in der Papier-Produktion zunehmend High-Tech gefragt ist, geht etwa daraus hervor, dass die Verpackungskartons
immer dünner und trotzdem stabiler werden. "Außerdem können unsere Anlagen zu 100 Prozent
Altpapier verarbeiten", verweist Riedl stolz auf das Know-how aus St. Pölten. Die bis zu zehn Meter breiten
Papierbahnen, die auf den Maschinen des Weltmarktführers erzeugt werden, schießen mit über 100
km/h durch die Anlage.
Die Entwicklungen, an denen in St. Pölten und in der Forschungs-Tochter in Ravensburg gearbeitet wird, zielen
auf eine neue Trocknungstechnik ab. Diese bewirkt, dass die Papiermaschinen deutlich kürzer werden, weniger
Infrastruktur und weniger Energie benötigen. "Auch die Papierqualität wird noch besser", setzt
Riedl große Hoffnungen auf diese Innovationen. Voith Paper verfüge über "eine Truppe von Spezialisten,
die es sonst in dieser Form nirgendwo auf der Welt gibt."
Für Voith ist St. Pölten weltweit - das Kompetenzzentrum für die Fertigung von Walzen für
Papiermaschinen. "Wir produzieren rund 1.000 Walzen pro Jahr für Papiermaschinen aller Art." In
dieser Walzenfertigung sind zuletzt mehrere Großinvestitionen getätigt worden, darunter ein 5,5 Millionen
Euro teurer Tieflochbohr-Automat oder eine rund 700.000 Euro teure Anlage zum Wuchten der Walzen. Im Herbst soll
ein hochmodernes Fertigungszentrum für Zapfenlager in Betrieb gehen. Alfred Riedl: "Das alles spricht
deutlich für den Standort St. Pölten." (au) |