Wien (öj) - Die FPÖ hat sich in zwei Lager gespalten, wobei das eine um die bisherige Parteiobfrau
Ursula Hauber (sie ist Sozialministerin) den Regierungskurs weiterfahren möchte, das andere um den Wiener
FP-Obmann Heinz-Christian Strache, der sich mit der Vorgangsweise der "alten" FPÖ, vor allem was
den Parteiausschluß des EU-Abgeordneten Andreas Mölzer und die Abwahl von Volksanwalt Ewald Stadler
aus dem Parteipräsidium anbelangt, nicht abfinden will.
Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider hat vor geraumer Zeit eine Neugründung der FPÖ ins Spiel
gebracht – am Montag (04. 04.) luden dann Hauber, Haider, Vizekanzler Hubert Gorbach, Klubobmann Herbert Scheibner
und Generalsekretär Uwe Scheuch in die Wiener Urania zu einer Pressekonferenz, um dort die Gründung des
"Bündnis Zukunft Österreich, BZÖ" bekanntzugeben. Bis auf Gorbach waren alle bereits aus
der FPÖ (alt) ausgetreten, die nunmehr von Hilmar Kabas, Klubobmann im Wiener Landtagsklub, interimistisch
geführt werden wird.
Die BZÖ-Spitze hat erklärt, dem Koalitionspakt mit der ÖVP treu zu bleiben, der nächste Wahltermin
bleibe nach wie vor der Oktober 2006. Klubobmann Scheibner stellte fest, die meisten (FPÖ-) Abgeordneten im
Parlamentsklub stünden zum BZÖ.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel reagierte vorerst abwarten, meinte in einer ersten Stellungnahme, er werde
noch am Montag Abend mit dem ÖVP-Bundesvorstand beraten, am Dienstag dann mit dem Koalitonspartner. Neuwahlen
hat er, auf Journalistenfragen, weder in Aussicht genommen, aber auch nicht ausgeschlossen. Es sei jedenfalls eine
schwerwiegende Situation.
Verfassungrechtlich wäre eine fliegender Wechsel gedeckt, große Bedenken kommen aber von SPÖ und
Grünen, da die neue Partei keinen Wählerauftrag habe und man noch gar nicht wisse, wie groß jener
Teil der "alten" FPÖ ist, der das BZÖ unterstützen werde. SPÖ und Grüne fordern
unmittelbar Neuwahlen. Sie sehen die Regierung gescheitert und einem Wählervotum gelassen entgegen. Die SPÖ
liegt eine Nasenlänge vor der ÖVP, die Grünen wären wohl insoferne Gewinner einer vorgezogenen
Nationalratswahl, da sie einerseits mit ebensolchen Zugewinnen rechnen könnten wie bei den zurückliegenden
Landtags-, Gemeinderats- und Wirtschaftskammerwahlen. Andererseits würden sie als Kanzlermacher wesentlich
an politischem Einfluß gewinnen. FPÖ oder BZÖ würden nach einem kurzfristigen Urnengang wahrscheinlich
weiter geschwächt werden und auf Platz vier abrutschen. Gute Karten also für die Grünen: Sie würden
entscheiden, ob sie mit der SPÖ oder mit der ÖVP eine Regierung bilden wollen.
Erste Reaktionen:
SPÖ-Bundesvorsitzender Alfred Gusenbauer:
"Keine Lösung" sieht SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer in der Gründung des "BZÖ";
dieses sei nichts anderes als die alte FPÖ und es ändere sich nichts an den Problemen, so Gusenbauer
Montag Abend in einer Stellungnahme vor Journalisten. Bundeskanzler Schüssel habe Österreich sehenden
Auges in diese Situation geführt, als er mit der FPÖ-Truppe eine Koalition gebildet hat; der Ball liege
nun bei ihm. "Wenn Schüssel einen Funken von Anstand hat, dann lässt er die Österreicherinnen
und Österreicher neu entscheiden, wie es weitergehen soll."
Grünen-Chef Alexander Van der Bellen:
Angesichts der "Selbstzerstörung" der FPÖ fordert Grünen-Chef Alexander Van der Bellen
in einem ORF-Interview Neuwahlen. Die Regierung sei in einem Ausmaß politisch gelähmt, dass nur noch
ein Schritt zur Befreiung denkbar sei: "Wir wollen Neuwahlen noch vor dem Sommer".
Die Grüne Vizechefin Eva Glawischnig meinte, die FPÖ löse sich auf und es könne einfach nicht
in der Absicht von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel liegen, die Koalition weiter zu führen.
Michael Mössmer |