Eine Ausstellung architektonischer Skizzen im Ringturm
Wien (wiener städtische) - Die Veranstaltungsreihe "Architektur im Ringturm" zeigt
von 20. April bis 3. Juni 2005 rund 300 architektonische Originalskizzen. Die Illustrationen der Architekten reflektieren
die schöpferische Kraft eines Projektes und sind Ausdruck künstlerischen Schaffens.
Die Arbeit des Architekten beginnt nicht erst mit der Formgebung zur Umsetzung eines Projektauftrags, sondern mit
der Frage, was einer Form vorausgeht, und wie diese entsteht. Meist wird vor der Entstehung von architektonischen
Elementen mit Skizzen deren räumliches Potenzial oder der Gesamtzusammenhang des beabsichtigten architektonischen
Objektes in der Umgebung ausgelotet.
Das Festhalten von Idee oder Vision in einer Skizze ist wichtiger Bestandteil des architektonischen schöpferischen
Vorgangs und spiegelt das bildnerische Potenzial der künstlerischen Hand wider. Architekten haben schon immer
gezeichnet, nicht nur Entwürfe für Projekte. Die auf Papier festgehaltenen Vorstellungen von Kirchen,
Museen, Wohnhäuser, Restaurants, Kaffeehäuser, Lehnstühle, Bürogebäude, Universitäten,
Lampen, Shops, Palästen etc. in der Ausstellung lassen auch die Lust und Übung für Auge und Hand
des Architekten erkennen.
Die gezeigten Skizzen gewähren Einblick in die Komplexität, Vielfalt, Schichtung, Schönheit und
Poetik der kreativsten Projektphase. Der Betrachter steht vor etwas Ungewöhnlichem: vor Bildern zwischen Kunst
und Dokumentation, zwischen Plan und Bild, zwischen genauer Erfassung und rücksichtsloser Ausklammerung von
Einzelheiten, zwischen strenger Geradlinigkeit und flüchtigen Strichen, zwischen Anwendung vieler Farben und
bloßem Bleistift. Die verschiedenen Darstellungen der einzelnen Architekten haben einen völlig eigenständigen
Charakter und individuellen Ausdruck.
Oft suchen Architekten - neben dem Skizzieren der eigentlichen Entwurfsaufgabe - in Darstellungen ganzheitliche
Zusammenhänge, jeweils dem Ort und der Aufgabe adäquate Räume oder städtebaulich-räumliche
Zusammenhänge. Es wird aber auch Vorgefundenes festgehalten, das durch die Skizze eine Analyse erfährt
und eine gewünschte und wesentliche Erweiterung zum rein fotografischen Abbilden darstellt.
Ab und zu nützt ein Architekt auch die "Eintragung" einer Idee in ein Foto. Diese heute - im Zeitalter
der möglichen perfekten Montage - vielleicht antiquierte Methode ermöglicht aber das "Unmittelbare",
das ein wesentliches Merkmal einer Skizze, des Unfertigen, ist - im Gegensatz zur "wirklichkeitstäuschenden"
Eintragung mittels Computer.
Bildliche Darstellung. In der Art der Darstellung wählt der Architekt meist die bildliche Form. Die Palette
der verschiedenen Techniken reicht dabei von Zeichnungen, Collagen, Aquarellen bis zu Computerillustrationen. Aussage
und deren Lesbarkeit bleiben dem Außenstehenden auf den ersten Blick oft verschlossen. Erst im Kontext der
Pläne oder Fotos des behandelten Projektes ergibt sich der eigentliche Sinn des Dargestellten.
Die Skizze verfolgt kaum einen Selbstzweck so wie die Zeichnung. So wie das Gerüst dem Baumeister dient, so
ist sie nicht unbedingt als "eigenständiges" Kunstwerk zu sehen (obwohl auch diese Qualität
manchen Skizzen innewohnt).
Viele großartige architektonische Ideen blieben nur auf dem Papier verewigt, es kam nie zu einer Realisierung.
In eben dieser Idee liegt aber ihr Wert und nicht unbedingt in der Qualität der bildlichen Darstellung. Nicht
selten sind Skizzen Anstoß für neue Ideen und Stile gewesen. Hier in Wien denkt man in diesem Zusammenhang
an Otto Wagner, Josef Hoffmann oder Josef Maria Olbrich, deren Skizzen auch einen grafischen Eigenwert und heute
großen Marktwert unter Sammlern besitzen. Als einer der besten Schüler Wagners gilt, der in der Ausstellung
vertretene, Jože Plecnik, der in Wien, Prag und später Laibach einen ganz eigenen Weg verfolgte und einen
"Stil" prägte, den man vielleicht "regional-romantisch" bezeichnen könnte.
Viele Architekten fertigen heute gar keine Skizzen mehr an bzw. landen diese oft im Papierkorb, sobald das Projekt
in die nächste Phase tritt. Heute ersetzt oft der Computer, der ein fast perfektes "Skizzieren"
ermöglicht, die zeichnende Hand, die bis vor kurzem noch Bleistift, Tusche, Filzschreiber, Farbstift oder
Pinsel gehalten hat.
Die räumliche und formale Komplexität von Projekten wäre heute ohne den Einsatz eines Computers
schon in der Entwurfsphase kaum möglich. Die Verwendung der "Maschine" wirkt sich jedoch auf die
Art und Weise des schöpferischen Vorgangs, des Zugangs des Architekten zu einem Projekt aus. Die "technisierte"
Skizze ist abhängig vom Vorhandensein des Computers, aber auch von der Beherrschung dieser Methode der Darstellung.
Der Ort des Festhaltens einer Idee ist an den Computer-Arbeitsplatz gebunden, was den oft spontanen Einfällen
nicht gerecht wird. Weiters birgt die zeichnerisch zu perfekte Skizze die Gefahr, dass sie vom Architekten schon
als Endergebnis gewertet und das Inhaltliche im Projekt nicht mehr weiter bearbeitet wird.
Skizze als Text. Als Medium im Zuge der Anfertigung einer Skizze dient neben bildlichen Darstellungen auch der
Text, der poetisch-vielschichtig oder kraftvoll sein kann und naturgemäß meist sehr kurz gefasst ist.
Der Text wird so fast zu einem Manifest, der - manchmal nur in Schlagworten oder Textfragmenten - die Essenz des
Projektes bei der Ideenfindung nachvollziehbar festhält. In diesem Zusammenhang seien auch die berühmten
"Skizzen" von Sigmund Freund als Referenz erwähnt, in denen er in einem Brief versucht, dem Adressaten
sein Arbeitszimmer verbal zu beschreiben und zusätzlich eine Skizze anfertigt. Durch die Verbalisierung gestatten
"Skizzen" auch Laien einen unmittelbaren - wenn auch fallweise klausulierten - Einblick in die Gedankenwelt
des Verfassers.
Die Ausstellung: "Ideen in Umrissen" zeigt rund 300 Zeichnungen, ausschließlich in Originalen.
Präsentiert werden auch mehrere Modelle. Die Ausstellung entstand ursprünglich aus Anlass des sechsten
Jahrestages der Gründung der Zeitschrift für Architektur und Kultur "Oris" (= Skizze). Die
kroatische Zeitschrift trug interessante Skizzen, die sie in den vergangenen Jahren veröffentlicht hatte,
zusammen. Ein wesentlicher Teil der Skizzen stammt deshalb von kroatischen Architekten, die zusammen mit einer
Vielzahl von Skizzen aus der Hand international bekannter Namen einen guten Einblick in das aktuelle Architekturgeschehen
geben. Unter den Zeichnern befinden sich beispielsweise Alfredo Arribas, Shigeru Ban, Nikola Bašic, Ivan Crnkovic,
Nenad Fabijanic, Carlos Ferrater, Zaha Hadid, Dieter Henke, Hans Hollein, Kengo Kuma, Jose Antonio Martinez Lapena,
Manuel Rocha de Aires Mateus, Hrvoje Njiric, Penezic & Rogina, Dominique Perrault, Renzo Piano, Boris Podrecca,
Wolf D. Prix, RCR, Heinz Tesar, Andreas Treusch, Renata Waldgoni und Lebbeus Woods, um die wichtigsten zu nennen.
Katalog (deutsch/englisch): Ideen in Umrissen/Outline of Ideas. Andrija Rusan und Ante Nikša Bilic; Vorwort
von Boris Podrecca; zahlreiche Skizzen und Lebensläufe der Architekten. Hrsg. Arhitekst d.o.o., Zagreb, 2005.
Preis: 20 Euro.
Ideen in Umrissen
Eine Ausstellung architektonischer Skizzen im Ringturm
21. April bis 3. Juni 2005
Kurator: Andrija Rusan
Eröffnung: Mittwoch, 20. April 2005, 19.00 Uhr
Ausstellungsort:
Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG
Ausstellungszentrum im Ringturm
A-1010 Wien, Schottenring 30
T: [43-1] 531 39-1115 (Brigitta Fischer)
F: [43-1] 531 39-3178
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 9.00 bis 18.00 Uhr,
Donnerstag bis 19.30 Uhr
freier Eintritt |