Auch der Finanzetat wurde angenommen
Wien (pk) - Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) übte im Zusammenhang mit dem Budgetkapitel
Finanzen Kritik an der Regierungspolitik und legte Datenmaterial der EU-Kommission vor, um diese zu untermauern.
So lag Matznetter zufolge die Arbeitslosigkeit in Österreich bis zum Jahr 2000 immer weit unter der Hälfte
der Arbeitslosigkeit in der EU, nunmehr stehe eine Arbeitslosenrate in Österreich von 4,5 % einer EU-Arbeitslosenrate
von 8,8 % gegenüber. Viele Länder hätten die Arbeitslosigkeit zuletzt reduzieren können, erklärte
Matznetter, in Österreich gebe es hingegen einen drastischen Anstieg.
Negative Entwicklungen gibt es nach Darstellung Matznetters auch beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, bei der Inflation
und bei den Bruttoinvestitionen. So sei der Referenzwert für das BIP pro Kopf bis zum Jahr 2000 stetig gestiegen,
skizzierte der Abgeordnete, von 1990 bis 2000 etwa von 111,8 auf 116,1, seit dem Amtsantritt von Finanzminister
Grasser jedoch wieder um 5 Punkte zurückgegangen. Die Inflationsrate lag ihm zufolge im Jahr 2004 erstmals
über dem Durchschnittswert der EU. Massiv zurückgegangen seien hingegen die Bruttoinvestitionen.
Matznetter stellte namens der Grünen und der SPÖ den Antrag, das "Leerformelbudget" an den
Budgetausschuss rückzuverweisen und die nächsten Monate dafür zu nutzen, ein Budget vorzulegen,
mit dem Arbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft werden könne und das in die Zukunft investiere.
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) zog Bilanz über die Budgetdebatte und erklärte, habe man sowohl den Koalitions-
als auch den Oppositionsvertretern zugehört, müsse man zum Schluss kommen, die Rede sei von zwei verschiedenen
Ländern. "Wir reden von unserem Land", sagte Stummvoll, von welchem Land die Opposition rede, wisse
er nicht.
Stummvoll betonte, die Regierung sei reformfähig und reformwillig. Das Fehlen von Abänderungsanträgen
der Opposition interpretierte er dahin gehend, dass es offenbar keine Alternative zum vorliegenden Budget gebe.
Darüber hinaus gab Stummvoll zu bedenken, dass zwischen 1970 und 1986 ein Primärdefizit von 20 Mrd. €
erwirtschaftet worden sei, während es in der Periode 1986 bis 2006 Primärüberschüsse von 13
Mrd. € gegeben habe. Gebe es nicht die alten Schulden, hätte man beim Budget schon längst einen positiven
Saldo, bekräftigte er.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) lehnte das Budget mit der Begründung ab, der Regierung sei die politische Legitimation
abhanden gekommen, überhaupt noch ein Budget einzubringen. Auch sei dieses Budget zu einem Zeitpunkt verhandelt
worden, als die Wirtschaftsdaten noch nicht vorhersehbar waren und bringe daher ein hohes Prognoserisiko mit sich.
Den kommenden EU-Vorsitz ließ Kogler nicht als Rechtfertigung für die Eile gelten. Die Regierung wolle
sich wohl im Wissen um die Unsicherheit der Koalition mit diesem Budgetbeschluss noch über die Runden retten,
vermutete er.
Abgeordneter BUCHER (F) erwiderte, die wichtigsten Kennzahlen würden für ein gutes Budget sprechen, das
Wachstum und Beschäftigung garantiere. Schulden- und Abgabenquote nehmen ab, auch die Defizitentwicklung verlaufe
positiv und bringe Österreich Bonität auf den internationalen Finanzmärkten und direkte Investitionen,
fügte Bucher an.
Finanzminister Mag. GRASSER meinte ebenfalls, dieses Budget sei solide gemacht und setze die richtigen Schwerpunkte.
Trotz der massiven Entlastung durch die Steuerreform und dem niedrigsten Stand an Einmalerlösen gehe das Defizit
zurück. Ohne die Zinsen für die Altschulden würde sich für nächstes Jahr sogar ein Primärüberschuss
ergeben. Die Richtung für einen ausgeglichenen Haushalt bis zum Jahr 2008 stimme.
Hinsichtlich des von Kogler monierten Prognoserisikos entgegnete Grasser, für Österreich werde seitens
der EU ein Wachstum von 2,1 % vorhergesagt, sämtliche aktuelle Einschätzungen würden dem Budget
eine solide Grundlage attestieren. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für diesen Beschluss, zumal es während
der Präsidentschaft gelte, Schwerpunkte in Richtung bestmöglicher Präsentation und optimaler Vorbereitung
zu setzen, stand für Grasser fest.
Abgeordneter Mag. MOSER (S) warf Grasser vor, bei der Privatisierung der ÖIAG Volksvermögen in Höhe
von 1 Mrd. € verschleudert zu haben. Die Gewinner der Aktion seien Manager, Banken und Spekulanten, während
die Mehrheit der Österreicher auf der Strecke bleibe, kritisierte Moser.
Abgeordneter AUER (V) verbuchte auf der Habenseite der Finanzpolitik der Bundesregierung die Steuerreform, die
Investitionen in Forschung und Entwicklung und die Ausgaben für die Familien. Bezüglich des Finanzausgleiches
zeigte er sich grundsätzlich zufrieden, trat aber dafür ein, den Gemeinden in Hinkunft gemeinschaftliche,
überörtliche Lasten abzugelten.
Abgeordnete SBURNY (G) warnte vor Finanzierungsproblemen bei der Nationalstiftung für Forschung und meinte,
die Annahmen der Regierung seien zu optimistisch gewesen, die geplanten 75 Mill. € werde es nicht geben. Die Dotierung
der Stiftung sei für die nächsten Jahre nicht gesichert, fürchtete Sburny.
Abgeordneter DI HOFMANN (F) begrüßte die in Österreich durch die Steuerreform nun mögliche
Gruppenbesteuerung als weitblickende Maßnahme, die dem Land Nachzahlungen, wie sie Deutschland nun ins Hause
stehen, ersparen wird.
Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) beklagte, durch dieses Budget werde die Schieflage bei den Einkommen weiter vergrößert,
und warf der Regierung negative Verteilungspolitik vor.
Abgeordneter Mag. IKRATH (V) appellierte hingegen an die SPÖ, nicht alles schwarz zu malen. Durch die Einführung
der Gruppenbesteuerung und die Senkung der Körperschaftssteuer habe diese Regierung aktive Politik für
den Wirtschaftsstandort und für hoch qualifizierte Arbeitsplätze gemacht, betonte er.
Abgeordneter EDER (S) gab zu bedenken, die Regierung habe wesentliche Punkte, wie etwa die Schulden von ÖBB
und ASFINAG ausgegliedert und nur dadurch ein niedrigeres Defizit als Deutschland erreicht.
Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) erklärte, man könne über das Budget unterschiedlicher Meinung sein.
Wie man es aber drehe und wende, Österreich stehe international gut da. Er verwies u.a. auf die im EU-Vergleich
niedrige Arbeitslosenrate.
Abgeordneter GRADWOHL (S) meinte, würde es ÖVP und FPÖ um ein seriöses Budget gehen, würden
diese dem Rückverweisungsantrag der Opposition zustimmen. Kritik übte er darüber hinaus an der neuen
"Schließungswelle" bei der Post.
Abgeordnete TAMANDL (V) fragte sich, warum die Opposition das Budget zurück an den Budgetausschuss verweisen
wolle, wenn sie gleichzeitig keine Alternativen aufzeige. Zum Thema Arbeitsmarkt merkte sie an, Politiker könnten
niemandem einen Arbeitsplatz verschaffen, neue Arbeitsplätze würden nur durch Anreize für Unternehmer
entstehen. Die Regierung habe mit der Senkung der Körperschaftssteuer und anderen Maßnahmen entsprechende
Schritte gesetzt.
Abgeordneter Mag. GASSNER (S) nahm zur Aussage von Abgeordnetem Auer Stellung, wonach die Gemeinden durch den Finanzausgleich
ein bisschen Luft bekommen hätten. "Mit ein bisschen Luft werden wir nicht lange überleben",
konstatierte er. Der Koalition warf Gaßner vor, die Menschen zu "verhöhnen".
Finanzstaatssekretär Dr. FINZ machte geltend, dass es im Jahr 1995 eine Abgabenquote von 55,9 % gegeben habe,
im kommenden Jahr werden es ihm zufolge 48,3 % sein. Dass die jüngste Steuerreform die größte Steuerreform
aller Zeiten war, ist nach Auffassung von Finz leicht zu belegen. Von der Steuerreform profitieren ihm zufolge
2,5 Mill. Einkommensbezieher.
Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) hielt fest, ein ausgeglichener Haushalt und ein konsolidiertes Budget seien
das Fundament für zukünftiges Wachstum. Darüber hinaus brachte er einen Abänderungsantrag zum
Bundesfinanzgesetz 2006 ein, der - analog zur Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2005 - die Einrichtung jeweils
eines Aspirantenpools im Innenministerium und im Justizministerium zum Inhalt hat. Damit solle, so Liechtenstein,
die Flexibilität bei der Personalbewirtschaftung erhöht werden.
Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) warf der Koalition vor, die Steuerquote zunächst "in exorbitante Höhen"
getrieben zu haben und sich dann einer Steuersenkung rühmen zu wollen. Er bezeichnete diese Vorgangsweise
als "unmoralisch und unanständig".
Abgeordneter Dr. MAIER (V) verteidigte die Abhaltung eines Arbeitsmarkt-Reformdialoges am 1. Mai und betonte, die
Mai-Aufmärsche der SPÖ schafften keine Arbeitsplätze. Er forderte die Opposition auf, bei diesem
Reformdialog konstruktive Vorschläge zu machen.
Abgeordnete Mag. TRUNK (S) führte aus, die heutige Budgetdebatte habe sehr klar gezeigt, was die fundamentalen
Unterschiede zwischen der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Koalition und jener der SPÖ seien. Die Regierung
stehe für Konzern- und Kapitalinteressen, sagte sie, die Sozialdemokratie stehe für die Menschen.
Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) verteidigte die Privatisierungspolitik der Regierung und wies Darstellungen zurück,
wonach der Finanzminister die Steuerzahler um 1 Mrd. € "geprellt" habe. Auch bei der Steuer- und Abgabenquote
gebe es eine gute Entwicklung, skizzierte er und bekräftigte, für die international hohen Ölpreise
könne die Regierung nichts.
Abgeordneter WIMMER (S) führte aus, das Thema Arbeitsmarkt sei der SPÖ zu wichtig, um bis ersten Mai
auf einen Reformgipfel warten zu wollen. In Bezug auf das Budget 2006 bezweifelte er, dass das Zahlenwerk halten
wird, und erinnerte daran, dass die Treffergenauigkeit auch bei früheren Budgets von Finanzminister Grasser
nicht gerade hoch gewesen sei.
Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) sprach von einem "wunderbaren Budget", das Spielräume schaffe und
so rechtzeitig komme, dass sich alle darauf einstellen könnten. Die Regierung habe einfach das richtige Timing,
zeigte er sich überzeugt.
Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) erklärte, die Budgetkritik der Sozialdemokraten bleibe aufrecht. Das Budget
ist für ihn weder wachstumsorientiert noch am Arbeitsmarkt orientiert, auch zur Bewältigung der Bildungskrise
sei nicht ausreichend vorgesorgt. Weiters fehlen Gartlehner Mittel für eine umfassende Forschungsoffensive.
Abgeordnete MAREK (V) unterstrich, die Koalition habe mit dem Budget 2006 die Quadratur des Kreises geschafft.
Nicht nur, dass es keine Kürzungen gegenüber 2005 gebe, in einigen Bereichen, wie dem Umweltbereich,
gebe es sogar mehr Mittel. Und dies, so Marek, trotz der Tatsache, dass das Budget 2006 im Zeichen der Steuerreform
stehe.
Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) machte geltend, die Regierung sichere durch zukunftsorientiertes Investieren nachhaltiges
Wachstum. Überdies führe ein ausgeglichener Haushalt über den Konjunkturzyklus zu Schuldenabbau,
umriss er. Erfreut zeigte sich Sonnberger u.a. über die Senkung der Steuer- und Abgabenquote.
Abgeordneter Dr. PILZ (G) prophezeite, das Budget 2006 werde das letzte von Finanzminister Grasser sein. Das sei
das einzig Positive an diesem Budget, meinte er. Kritisch setzte sich Pilz darüber hinaus mit den Problemen
rund um den Bau des Klagenfurter EM-Stadions auseinander und ließ die Ereignisse aus seiner Sicht Revue passieren.
Er ist überzeugt, dass der Kärntner Landeshauptmann Haider den Auftrag dem Bauunternehmer Haselsteiner
"zuschanzen" wollte. Schüssel sei über Unregelmäßigkeiten informiert gewesen und
trage daher auch die Verantwortung, unterstrich Pilz. Der Abgeordnete schließt von den Ereignissen rund um
die Auftragsvergabe auf den Zustand der Regierung und forderte Neuwahlen.
Die vorsitzführende Zweite Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER erteilte Abgeordnetem Pilz für den
Ausdruck "Korruption" einen Ordnungsruf.
Abgeordneter NEUDECK (F) sprach in Richtung seines Vorredners von unbewiesenen Vorwürfen und äußerte
die Vermutung, Abgeordneter Pilz erhebe diese Vorwürfe absichtlich im Plenum des Nationalrats, weil er hier
der Immunität unterliege. An die Opposition richtete er den Appell: "Kehren Sie um, vertrauen Sie der
Kompetenz dieser Regierung und stimmen Sie dem Budget zu".
Die vorsitzführende Zweite Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER erteilte Abgeordnetem Neudeck für
den Ausdruck "Wahnvorstellungen" einen Ordnungsruf.
Finanzminister Mag. GRASSER stellte Aussagen von Abgeordnetem Matznetter richtig und erklärte, die Tabelle
der Europäischen Kommission sei falsch. Österreich werde der EU die richtigen Zahlen übermitteln.
Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) bekräftigte, die SPÖ werde dem Budget nicht zustimmen.
Bei der Abstimmung wurden die Beratungsgruppe XI, der Text des Bundesfinanzgesetzes und der Stellenplan von den
Abgeordneten unter Berücksichtigung des von den beiden Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrages
mehrheitlich genehmigt.
Auch in der abschließenden Dritten Lesung wurde das Budget mit Stimmenmehrheit gebilligt. |