Ökumenische Bilanz seines Pontifikats nicht eindeutig - Stimmen zum Tod Johannes Pauls II.
Wien (epd Ö) - Die evangelischen Kirchen "teilen die Trauer der römisch-katholischen
Christinnen und Christen um einen Papst, der sich mit ganzer Kraft für eine innere Stärkung der Kirche
und für ihren glaubwürdigen Dienst in der Welt eingesetzt hat". Das schreibt der lutherische Oberkirchen-
rat Hon.-Prof. Dr. Michael Bünker in einem Artikel in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche".
Bünker stellt fest, im Verhältnis der christlichen Kirchen zueinander und im Gespräch der Religionen
habe Johannes Paul II. "bahnbrechende Schritte gesetzt". So habe er sein eigenes Amt ins Zentrum der
Auseinandersetzungen gerückt.
Allerdings, so Bünker, falle die ökumenische Bilanz seines Pontifikats nicht eindeutig aus. Wenn daran
festgehalten werde, dass das Papstamt auf göttlichem Recht beruht und "so Lehrvollmacht und Jurisdiktionsprimat
über die gesamte Kirche postuliert werden, kann es keine Verständigung mit Evangelischen über einen
Petrusdienst geben". Der Oberkirchenrat erklärt in seinem Artikel: "Nach evangelischem Kirchenverständnis
ist ein zentrales Leitungsamt nicht notwendig."
Bischof Sturm: Der Papst hat vielen Menschen Hoffnung geschenkt
"Bei diesem Papst kann man sagen, dass er nun schauen darf, wonach sein Herz ein Leben lang gebrannt
hat", sagte Bischof Mag. Herwig Sturm in seiner Predigt im Gottesdienst am 3. April in der Martin-Luther-Kirche
in Wien-Währing. Der Bischof hob den großen Erfolg Johannes Pauls II. in seinen spirituellen Bemühungen
hervor und gedachte des am Vorabend verstorbenen Papstes in einem Gebet. Sturm dankte für sein mutiges Wirken
auch im Bereich der Politik, das vielen Menschen Hoffnung geschenkt habe.
Papst Johannes Paul II. habe die römisch-katholische Kirche "mit enormer Kraftanstrengung wieder zurückgerufen
zu ihren ureigensten Wurzeln, er hat die katholische Identität gestärkt und hat seine Kirche wieder zu
einer selbstbewussten, straffen Institution gemacht. Zugleich hat er die Hand weit ausgestreckt zum Dialog."
Das erklärte der steirische Superintendent Mag. Hermann Miklas zum Tod des Papstes. Der Superintendent räumte
ein: "Doch das Bemühen um Wahrung der katholischen Identität konnte für uns andere in diesem
Dialog mitunter auch belastend sein."
Dennoch sei gerade in Österreich und insbesondere in der Steiermark unter dem Pontifikat Johannes Pauls II.
"vieles an gegenseitigem Vertrauen gewachsen". Miklas erinnerte in diesem Zusammenhang an den ökumenischen
Gottesdienst in der evangelischen Christuskirche in Salzburg mit dem Papst und dem damaligen evangelischen Bischof
D. Dieter Knall sowie an die Zweite Europäisch-Ökumenische Versammlung in Graz, die unter dem Pontifikat
Johannes Pauls II. stattgefunden hat.
Metropolit Staikos: Dialog sollte fortgesetzt werden
Das große ökumenische Engagement Johannes Pauls II. würdigte auch der griechisch-orthodoxe Metropolit
Dr. Michael Staikos und verwies darauf, dass die erste ökumenische Auslandsreise den Papst nach Konstantinopel
geführt habe. Für ebenso bedeutsam halte er die Unterzeichnung der Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre
mit den lutherischen Kirchen. Für die Zukunft erhofft sich Staikos eine Fortsetzung des begonnenen Dialogs
zwischen der römisch-katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen. |