Brüssel (eu-int) - Nach der Konjunkturabschwächung in der zweiten Jahreshälfte 2004 dürfte
das Wachstum im Eurogebiet und in der EU im Laufe von 2005 wieder auf Potenzialniveau steigen, da die Inlandsnachfrage
an Fahrt gewinnt. Insgesamt wird mit einem BIP-Wachstum von 1,6 % im Eurogebiet und 2,0 % in der EU (2,1 % bzw.
2,3 % im Jahr 2006) gerechnet. Das Beschäftigungswachstum dürfte sich sowohl im Eurogebiet als auch in
der EU beschleunigen und 2006 einen bescheidenen Rückgang der Arbeitslosigkeit ermöglichen. Die Lage
der öffentlichen Finanzen dürfte in diesem Jahr mit einem Defizit von 2,6 % des BIP sowohl im Eurogebiet
als auch in der EU auch weitgehend unverändert bleiben.
Die Wirtschaft des Eurogebiets und der EU wuchs 2004 mit robusten 2 % bzw. 2,4 %, womit sich der Mitte 2003 beginnende,
weitgehend von der lebhaften Entwicklung der Weltwirtschaft und des Welthandels angetriebene Aufschwung fortsetzte.
Doch obgleich das Welthandelswachstum Schätzungen zufolge 2004 seinen Höhepunkt erreichte, wurde die
Konjunktur im Eurogebiet in der zweiten Jahreshälfte 2004 durch den steilen Ölpreisanstieg und den starken
Euro gedämpft; dies wirkt auch Anfang 2005 nach.
Die Kommission rechnet 2005 mit einem jährlichen BIP-Wachstum von durchschnittlich 1,6 % im Eurogebiet und
2,0 % in der EU. 2006 dürfte sich die Konjunktur mit einem durchschnittlichen Wachstum von 2,1 % im Eurogebiet
und 2,3 % in der EU abflachen.
Die Prognosen für dieses und für nächstes Jahr setzen auf eine kräftigere Inlandsnachfrage
und vor allem eine nachhaltige Beschleunigung der Investitionen. Auch der private Konsum soll sich im Vorausschätzungszeitraum
allmählich erholen. Hintergrund dieser Einschätzung sind vor allem eine akkommodierende makroökonomische
Politik, anhaltende Lohnmäßigung und niedrige Inflation, günstige Finanzierungsbedingungen, wachsende
Gewinnmargen und Fortschritte bei den Strukturreformen, die allesamt dazu führen, dass das Vertrauen der Verbraucher
und Unternehmer wieder zunimmt.
3 Millionen neue Arbeitsplätze
Die verfügbaren Daten zeigen, dass sich der Wirtschaftsaufschwung bislang nur begrenzt auf den Arbeitsmarkt
ausgewirkt hat. Bis zu einem gewissen Grade ist dies auf seine größere Widerstandskraft während
des letzten Abschwungs zurückzuführen, bei dem netto keine Arbeitsplätze verloren gingen und sich
der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zu früheren Konjunkturzyklen in Grenzen hielt. Immerhin dürfte
sich das Beschäftigungswachstum insgesamt von schätzungsweise 0,5 % im Jahr 2004 auf 0,7 % 2005 und 0,8
% 2006 beschleunigen.
Dadurch dürften 2005-2006 EU-weit drei Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, wobei die Arbeitslosigkeit
jedoch nur in bescheidenem Maße auf 8,7 % im Jahr 2006 zurückgeht. Grund ist unter anderem die übliche
Zunahme der Erwerbsbevölkerung, die dadurch bedingt ist, dass die verbesserte Wirtschaftslage mehr Menschen
auf den Arbeitsmarkt bringt.
Die Kommission rechnet außerdem mit einer weiteren Verbesserung der öffentlichen Finanzen des Eurogebiets,
dessen durchschnittliches Defizit von 2,7 % des BIP im Jahr 2004 auf 2,6 % des BIP sinken soll, nachdem es sich
bereits 2004 gegenüber dem Vorjahr (2,8 %) verbessert hatte. In der EU insgesamt wird 2005 mit einem durchschnittlichen
Defizit von 2,6 % gerechnet, das damit gegenüber 2004 unverändert bleibt. Hinter beiden Durchschnittswerten
verbergen sich erhebliche Unterschiede zwischen den EU-Ländern, von denen neun den Referenzwert von 3 % im
Jahr 2004 überschritten haben. Fünf dieser neun Länder dürften ihr Defizit in diesem Jahr deutlich
(d.h. um über einen halben Prozentpunkt des BIP) verringern. Die Defizitprognosen der Kommission für
2006 beruhen auf der Annahme einer unveränderten Haushaltspolitik.
Aus Sicht der Kommission ist die Frühjahrsprognose mit mehreren Abwärtsrisiken behaftet, darunter weitere
Ölpreiserhöhungen, ungeordnete Wechselkursanpassungen und ein gedämpfteres Konsumentenvertrauen,
die allesamt das Wachstum des privaten Verbrauchs bremsen und Investitionsvorhaben zurückhalten könnten.
Auf der anderen Seite könnte der private Konsum sich unter anderem unter dem günstigen Einfluss von Strukturreformen
rascher beleben. |