EU ist derzeit nur in ihrer Unberechenbarkeit berechenbar
Strassburg (övp-pd) - "Europa und auch das Europäische Parlament sind bei der
Bewertung der Ergebnisse der EU-Gipfel schon sehr bescheiden geworden. Die Europäische Union würde viel
größeres Vertrauen und mehr Glaubwürdigkeit bei den Bürgern genießen, wenn unsere Handlungen
den Beschlüssen konsequenter entsprechen würden", sagte der Vizepräsident der EVP-ED-Fraktion
im Europäischen Parlament, Mag. Othmar Karas, am Donnerstag (14. 04.) in Strassburg. "Momentan gilt
auf den EU-Gipfeln die Aufmerksamkeit mehrheitlich den Korrekturen bereits gefasster Beschlüsse. Deren Einhaltung
oder gar Weiterentwicklung wird immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Wir freuen uns schon über jede
Art von Einigung, weil sonst das Scheitern die einzige Alternative wäre", so Karas weiter.
Anlässlich der Bewertung des letzten EU-Gipfels, die in dieser Woche vom Europäischen Parlament in Strassburg
vorgenommen wurde, fasste Karas die letzten Ereignisse zusammen: "Beim Stabilitäts- und Wachstumspakt
beschwören wir dessen Einhaltung, verneinen seine Schwächung und dehnen gleichzeitig die Verletzungs-
und Interpretationsspielräume aus. Blockaden werden zu Erfolgen und die Kommission wird in ihren Sanktions-
und Eingriffsmöglichkeiten behindert", sagte Karas. Ähnliches gelte auch für den Fortgang des
Erweiterungsprozesses: "Bei Kroatien wurde beschlossen, dass am 17. März 2005 die Verhandlungen beginnen
sollen. Dennoch wird der Verhandlungsbeginn einseitig verschoben, obwohl Kroatien die Bedingungen eingehalten hat.
Und bei Bulgarien und Rumänien liegen Fortschrittsberichte der Kommission vor, die die bestehenden Mängel
mehr als deutlich machen, dennoch setzt der Rat ein mehr als frühes Datum für die Unterzeichnung der
Beitrittsverträge", so der EVP-ED-Vizepräsident in seiner Plenarrede in Strassburg.
Bei der Planung der Finanziellen Vorausschau wolle das Parlament mit der Luxemburger Ratspräsidentschaft eine
Einigung erzielen, bekäme aber keine klaren Signale. "Dass ohne das Europäische Parlament in dieser
Frage gar nichts geht, wird vom Rat noch beharrlich ignoriert. Und in der Frage des Lissabon-Prozesses bekennen
wir uns alle zum Binnenmarkt und damit auch zu einem Binnenmarkt für Dienstleistungen. Einige führen
die Bürger aber bewusst in die Irre, indem wir die Dienstleistungsrichtlinie auf das Herkunftslandprinzip
reduzieren", kritisierte Karas. "Europa ist derzeit nur in seiner Unberechenbarkeit berechenbar. Man
kann sich nur darauf verlassen, dass man sich auf Beschlüsse der Union eben nicht verlassen kann. Ein Wiedergewinn
von Bürgervertrauen in unsere Entscheidungen ist aber nur zu gewinnen, wenn wir die Regeln einhalten, die
wir uns selbst geben", so Karas abschließend. |