Opposition fordert Neuwahlen  

erstellt am
13. 04. 05

 Gusenbauer: Österreich braucht klare Verhältnisse und keine "Zitterpartie über Monate"
"Den Ruf der Bevölkerung nach klaren Verhältnissen nicht überhören" - 57 Prozent für Neuwahlen
Wien (sk) - "Machen Sie den Weg frei für klare Verhältnisse in Österreich, für Neuwahlen, für Stabilität und eine Beendigung des Chaos!", appellierte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Dienstag (12. 04.) bei der Sondersitzung im Parlament an Bundeskanzler Schüssel. Gusenbauer betonte, dass aus der Krise der FPÖ eine Krise der Regierung geworden sei. Nun müsse verhindert werden, dass aus der Regierungskrise auch eine Krise Österreichs und der EU wird, so der SPÖ-Vorsitzende, der auf die Gefahr hinwies, dass die Regierung knapp vor oder während der EU-Präsidentschaft Österreichs platzen könnte. "Überhören Sie nicht den Ruf der Bevölkerung nach klaren Verhältnissen", so Gusenbauer mit Verweis auf die aktuelle OGM-Umfrage, wonach sich 57 Prozent Neuwahlen wünschen.

Die Alternative zum Weiterwursteln der Regierung sei, dass durch rasche Neuwahlen klare Verhältnisse geschaffen werden, dass dann eine stabile Regierung gebildet wird, die drängenden Probleme des Landes angegangen werden können und die EU-Präsidentschaft ordentlich durchgeführt werden kann. Andernfalls gebe es "eine Zitterpartie über Monate". "Und der Weg dieser Zitterpartie schafft in Österreich keine Stabilität", so Gusenbauer, der auf einen weiteren Vorteil von Neuwahlen hinwies: Damit wären die drohenden Klagen FPÖ vs. BZÖ die Privatangelegenheit der handelnden Personen, und Österreich wäre davon nicht betroffen. Insgesamt sei nicht einzusehen, dass eine Familie nach einer Scheidung erklären muss, wer den Kredit für das gemeinsam angeschaffte Haus zahlen muss, für eine Regierungspartei dies aber nicht gilt. "Was für jeden anständigen Österreicher gilt, muss auch für eine Regierungspartei gelten", fordert der SPÖ-Vorsitzende.

Kanzler Schüssel sei dies jedoch alles egal, so Gusenbauer, der Schüssel "umfassende Realitätsverweigerung" attestiert. So habe der Kanzler in der heutigen Beantwortung der Dringlichen Anfrage weder mitgeteilt, wer nun FPÖ und BZÖ eigentlich sind und was die Spaltung bedeutet. Der Auflösungsprozess der FPÖ sei Schüssel offensichtlich entgangen, denn obwohl es täglich neue Klagsdrohungen und Unklarheiten gibt, sehe Schüssel keine Probleme. Auch von der vorige Woche noch angekündigten Garantieerklärung sei heute keine Rede mehr. FPÖ-Klubobmann Scheibner wolle kein "Unterschriftensammler" sein - "nicht einmal mindeste Sicherungen werden erfüllt", so Gusenbauer, der von einer "Phantomkoalition" spricht, "die keine Probleme lösen kann".

Besondere Beachtung müsse auch die "Flexibilität von ÖVP-Klubobmann Molterer" finden, der vor kurzem noch gegen H.C. Strache als FPÖ-Obmann war, sich nun, nach der Spaltung, aber durchaus eine ÖVP-FPÖ-BZÖ-Regierung vorstellen kann. "Jeder soll es wissen: Die ÖVP plant auch nach der Wahl eine derartige Zusammenarbeit, die auf Sand gebaut ist", sagte Gusenbauer.

Der SPÖ-Vorsitzende betonte, dass die Probleme in Österreich keinen Aufschub dulden würden. Der Reformgipfel zum Thema Beschäftigung dürfe nicht Referate ohne Diskussionen bringen, sondern müsse zu einem echten Ergebnis führen, wobei bemerkt werden müsse, dass die ÖVP über Monate hinweg überhaupt Reformen verweigert habe. Auch jetzt beschäftige sich Schüssel mehr mit dem Auflösungsprozess der FPÖ als mit den Problemen des Landes. "Ihre Amtsprivilegien sollten Ihnen nicht über die Interessen des Landes gehen", so Gusenbauer abschließend in Richtung Schüssel.

 

 Schüssel: Keine Neuwahlen, sondern gute Arbeit für Österreich
ÖVP hat bei Wahl Auftrag erhalten, Reformprogramm für Österreich umzusetzen
Wien (övp-pk) - "Keine Neuwahlen, sondern gute Arbeit für Österreich". So umriss Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Dienstag (12. 04.) in Beantwortung der Dringlichen Anfrage im Nationalrat das Motto dieser Regierung. Es gebe eine klare Mehrheit für die inhaltliche Arbeit. Der Beschluss des Budgets 2006 habe dies eindeutig und eindrucksvoll bewiesen.

Die ÖVP habe bei der letzten Wahl mit 42 Prozent den Auftrag erhalten, ein Reformprogramm für Österreich umzusetzen. "Das haben wir in intensiven Verhandlungen mit allen parlamentarischen Parteien versucht. Wir haben mit unserem Koalitionspartner ein umfassendes Reformprogramm vereinbart und Österreich hat davon profitiert", so Schüssel.

Hinsichtlich der ständigen Forderung nach Neuwahlen von Seiten der SPÖ erinnerte der Kanzler an den Kärntner SPÖ-Landesparteiobmann Ambrozy, der sich in Koalition mit Haider und dem Bündnis befinde und überhaupt keine Notwendigkeit sehe, in Kärnten Neuwahlen abzuhalten. "Wenn es in Kärnten keine Notwendigkeit gibt, wegen des Bündnisses zu wählen, können Sie mir ein rationales stichhaltiges Argument geben, warum es dann auf Bundesebene Wahlen geben muss, obwohl es eine stabile Regierung und eine klare Mehrheit im Parlament gibt?", so Schüssel zu Gusenbauer und Cap. Für Ambrozy bestehe keinerlei Anlass für Neuwahlen, solange die Koalition funktioniere. "Nichts Anderes sage ich, und Sie können sich daran ein Beispiel nehmen."

Er, Schüssel, stimme zu, dass es zu viele Arbeitslose gebe. Deswegen rufe diese Regierung auch am 1. Mai zu einem gemeinsamen Reformdialog auf, bei dem EU-Kommissar Günter Verheugen sein Kommen bereits zugesagt habe. "Wir haben zwar die drittbeste Arbeitsmarktsituation in ganz Europa, aber wir wollen noch besser sein", lud Schüssel die Abgeordneten ein, hier konstruktiv mitzuarbeiten.

Die Opposition müsse sich bei ihrer Kritik zudem entscheiden, ob es zu viel Tempo gebe oder Stillstand. "Ich glaube, die Wahrheit liegt in der Mitte: Wir machen gute Reformarbeit für Österreich." Gerade in den letzten Wochen sei viel weitergegangen, verwies der Kanzler auf die neue EU-Verfassung und die heutige Zustimmung im Ministerrat für die EU-Beitrittsverträge für Rumänien und Bulgarien. In den nächsten Wochen und Monaten stehe zudem die Reform des Bundesheeres mit einer Verkürzung der Wehrdienstzeit und des Zivildienstes an. "Jetzt Neuwahlen zu machen wäre ein schwerer Fehler, weil diese notwendigen Reformen liegen bleiben würden." Die Eurofighter seien zudem ein gutes Beispiel, wie man durch erstklassiges Lobbying und Gegengeschäfte Arbeitsplätze sichere, verwies Schüssel auf den neu entstehenden Luftfahrtcluster in Österreich und die Investitionen in Höhe von 750 Millionen bei MAN. "Ich kämpfe um jeden Arbeitsplatz mit meinem Regierungsteam." Der Kanzler hob zudem die gute Leistungsbilanz der ÖIAG hervor, die diese Regierung mit 6,5 Milliarden Schulden übernommen habe. "Heute ist sie schuldenfrei und der österreichische Steuerzahler nicht mehr belastet."

In Beantwortung der Dringlichen Anfrage verwies der Kanzler darauf, dass es juristisch unterschiedliche Parteienbegriffe gebe, wie die politische Partei, die Wahlpartei und die Partei im Sinne des parlamentarischen Klubs. Rechtsgrundlage der politischen Partei sei das Parteiengesetz. Insgesamt seien 778 politische Parteien in Österreich im Innenministerium angemeldet. Auch das am 4. April gegründete "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ) falle unter politische Parteien. Rechtsgrundlage der Wahlpartei sei die jeweilige Wahlordnung, wie jene der Länder oder des Nationalrats Diese wahlwerbende Partei habe grundsätzlich eine eigenständige rechtliche Existenz und auch (beschränkte) Rechtsfähigkeit.

Bei den Parlamentsparteien handelt es sich um Vereinigungen der Abgeordneten einer oder mehrerer wahlwerbenden Parteien, die sich aufgrund der Geschäftsordnungen des betreffenden parlamentarischen Körpers konstituieren. "Für uns ist dabei der Paragraph 7 des Geschäftsordnungsgesetzes maßgebend", so der Kanzler. Diese parlamentarischen Klubs seien juristische Personen des Privatrechts, die eine von den "dahinter stehenden" politischen Parteien oder wahlwerbenden Parteien unabhängige Rechtspersönlichkeit aufweisen.

Die wahlwerbenden Parteien, die den Einzug in den Nationalrat geschafft haben, haben sich zu Klubs zusammengeschlossen, "und daran hat sich seit dem Wahltag nichts geändert", nannte Schüssel den ÖVP-Parlamentsklub, die sozialdemokratische Parlamentsfraktion, den freiheitlichen Parlamentsklub und den Grünen Klub. "Ich bin ein glühender Anhänger des freien Mandats, wie es in der Bundesverfassung garantiert ist." Es sei zwar üblich, dass es zwischen der politischen, wahlwerbenden und Parlamentspartei eine Rechtsidentität gibt, aber dies sei nicht notwendigerweise der Fall, denn "sonst kämen wir schnell zu einem gebundenen Mandat. Das ist nicht der Weg, den wir in Österreich gehen sollten. Daher werde ich die Freiheit der Abgeordneten immer verteidigen."

Der Hauptausschuss setze sich derzeit aus vierzehn Mitgliedern des Parlamentsklubs der ÖVP, zwölf Mitgliedern der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion, sowie je drei Parlamentariern des Freiheitlichen Parlamentsklubs und des Grünen Klubs zusammen. Legt man die parlamentarische Praxis bei der Bestellung der Volksanwälte zu Grunde, dass die drei mandatsstärksten parlamentarischen Klubs als Parteien im Sinne des Art. 148g B-VG aufzufassen sind, dann sind der Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei, der Klub der Sozialdemokratischen Abgeordneten sowie der Freiheitliche Parlamentsklub die drei Klubs, die gemäß Art. 148g Abs. 2 B-VG das Recht auf Namhaftmachung eines Vorschlages haben.

Hinsichtlich der Entsendung von Vertretern in Beiräten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen verwies der Kanzler darauf, dass entsendungsberechtigt nur Parteien seien, die aufgrund einer Nationalratswahl im Nationalrat beziehungsweise im Hauptausschuss vertreten sind, sofern den politischen Parteien solche Entsendungsrechte in den unterschiedlichen Rechtsvorschriften zukommen. Bei der Bildung des LIF im Jahr 1993 sei aber eine völlig andere Situation gewesen. Das Liberale Forum habe sich nicht nur als neue politische Partei konstituiert, sondern auch einen neuen Parlamentsklub gegründet. Dies sei heute und im gegenwärtigen Nationalrat nicht der Fall.

Hinsichtlich einer Finanzierung für das BZÖ nach dem Parteiengesetz oder dem Publizistikförderungsgesetz verwies Schüssel auf die schon 1993 vertretene Rechtsansicht, wonach ein Anspruch nur für politische Parteien, die bei der letzten Nationalratswahl erfolgreich kandidiert haben, gegeben sei. Dem BZÖ stehe weder eine Parteien-, noch eine Akademieförderung zu.

 

Scheibner: Auch in Zukunft positive Arbeit für Österreich
Dringliche Anfrage der SPÖ ist Rohrkrepierer
Wien (fpd) - "So lau wie heute" sei eine Dringliche Anfrage der SPÖ noch selten gewesen, meinte der Obmann des Freiheitlichen Parlamentsklubs Herbert Scheibner in seinem Debattenbeitrag.

Als die Gründung des BZÖ vor einer Woche bekannt gegeben worden sei, habe Gusenbauer wahrscheinlich eine ordentliche Schrecksekunde gehabt, weil er sich vor Neuwahlen gefürchtet habe, vermutete Scheibner, der betonte, daß sich die Regierung und die Mehrheit im Parlament der Verantwortung stelle, auch in Zukunft positive Arbeit für Österreich zu leisten. "Dazu steht der Freiheitliche Parlamentsklub." Das Ziel der SPÖ sei eine rotgrüne Regierung, um all die positiven Reformen wieder nach Links umzukehren. "Was tut man? Man geht in die sozialistische Bibliothek und schaut dort in das Handbuch ‚Der reale Sozialismus in der Praxis', Kapitel ‚Wie bekämpfe ich politische Gegner'." Diese Methoden kenne man aus den Neunziger Jahren: Diskriminieren, kriminalisieren, ausgrenzen. Die Opposition könne eine Regierungspartei aber nicht ausgrenzen. Daher komme man zum Unterkapitel "Finanzen". Vielleicht könne man ja den Geldhahn ein wenig zudrehen für diesen unliebsamen politischen Gegner.

Dies sehe man jetzt. Im Fernsehen sei Cap mit einer Phantasiezahl gekommen, warf Scheibner dem geschäftsführenden SPÖ-Klubobmann vor, nämlich angeblichen sieben Millionen Euro Schuldenstand der FPÖ. Diese sei aber auf einem guten Weg, den Schuldenstand zu sanieren, und selbstverständlich werde es eine geordnete Übergabe geben. Auf diese Zahl sei Cap deshalb gekommen, weil es sich in Wahrheit um den Schuldenstand der SPÖ handle. Beim letzten Parteitag habe diese erklärt, daß der Schuldenstand von 25 Millionen Euro auf sieben Millionen reduziert werden konnte. Die SPÖ nehme auch allein aufgrund ihrer schwindenden Mitgliederzahl 400.000 Euro weniger ein. Hier sei auch die Frage zu stellen, wie es gelungen sei, diesen Schuldenstand abzubauen.

Die SPÖ wolle auch die Parteienförderung einstellen. Dies sei die Intention der Dringlichen Anfrage, erklärte Scheibner, der darauf hinwies, daß, wenn einer Partei die Grundförderung gestrichen werde, dieser Betrag unter den anderen Parteien aufgeteilt werde. "Das ist des Rätsels Lösung des Kampfes des Kollegen Cap gegen die Parteienförderung für die FPÖ, weil er seinen Schuldenabbau mit diesen Geldmitteln weiterführen möchte." Dies sei der wahre Hintergrund der Dringlichen Anfrage. "Die Freiheitliche Partei hat den Anspruch auf die Förderung, sie hat den Anspruch auf die Bildungsgelder", stellte Scheibner klar, "das BZÖ hat keinen Anspruch darauf." Hier müsse auf andere Weise Politik in der Öffentlichkeit präsentiert werden.

"Diese Dringliche Anfrage ist genauso ein Rohrkrepierer wie Ihre Politik insgesamt", warf Scheibner der SPÖ vor, die einen "Zick-Cap-Kurs" fahre. Die Österreicher würden genau wissen, daß dieses Land in einer guten Hand sei. "Dieser Verantwortung werden wir freigewählte Abgeordnete uns stellen. Für uns ist wichtig, Ideen zu haben und sie umzusetzen, unser erstes Ziel ist es, für Österreich zu arbeiten und nicht für irgendeine Partei." Der Schiedsrichter werde der Wähler im Herbst 2006 sein.

 

 Schüssel-Haider-Bündnis reif für die Biotonne
Van der Bellen sieht Schüssel-Stabilitätsgarantie geplatzt. Von der Orangenregierung des Kanzlers nur mehr die Schalen über
Wien (grüne) - "Die von Bundeskanzler Schüssel verlangte Stabilitätsgarantie für sein Regierungsbündnis mit Jörg Haider ist geplatzt. Die FPÖ-Abgeordneten verweigern die Unterschrift unter die geforderte Garantiererklärung. Damit ist das Schüssel-Haider-Bündnis reif für die Biotonne. Von der Orangenregierung des Kanzlers sind nur mehr die Schalen über", bilanziert der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen. "Schüssel hat behauptet, er habe Sicherheitsgarantien bekommen, der gesamte FPÖ-Klub werde sie unterzeichnen. Diese Zusage kann er nun weder ÖVP intern, noch gegenüber der Öffentlichkeit einhalten. Die Regierung bleibt instabil und gleicht zunehmend einem Obst-Steigerl ohne Früchte. Schüssel und sein Klubobmann Molterer werden sich weiterhin damit lächerlich machen, Jörg Haider als konstruktiven und verlässlichen Partner zu bezeichnen", so Van der Bellen.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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