Innenpolitik / Asylgesetz  

erstellt am
25. 04. 05

Parnigoni: Neues Asylgesetz vom Bundeskanzleramt massiv kritisiert
Schlampige Arbeit des Innenministeriums macht Unterausschuss notwendig
Wien (sk) - Nachdem der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes das neue Asyl- und Fremdenpolizeigesetz in einer noch nie da gewesenen Heftigkeit kritisiert, teilweise als klar verfassungswidrig und teilweise als bedenklich bezeichnet hat, geht der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses SPÖ-Nationalrat Rudolf Parnigoni davon aus, dass die parlamentarischen Beratungen dieser Materie intensiver als geplant ausfallen werden und dass es zur Einsetzung eines parlamentarischen Unterausschusses kommen muss.

Gleichzeitig forderte Parnigoni Innenministerin Prokop auf, in ihrem Ressort durchzugreifen, um jedenfalls in Zukunft für einen ordentlichen und legistisch fundierten Gesetzwerdungsprozess zu sorgen. Es könne nicht sein, so Parnigoni, dass das Innenministerium einen Gesetzestext in parlamentarische Begutachtung schicke, der allein vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes in 16 Punkten des Asylgesetzes und in 34 Punkten des Fremdenpolizeigesetzes als klar verfassungswidrig oder als bedenklich qualifiziert wird. Dabei hält das BKA auch noch fest, dass aufgrund des Umfanges und der zu kurzen Frist der Begutachtung "eine umfassend tiefer gehende verfassungsrechtliche Beurteilung nicht vorgenommen werden" konnte. "Bleibt die Frage offen", so Parnigoni, "welche nicht erkannten Verfassungswidrigkeiten noch in diesem Gesetz stecken und zu welchen fürchterlichen und katastrophalen Konsequenzen dies führen kann".

Erschreckend sei dabei auch, so der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses weiter, dass sich die Legisten des Innenministeriums auch nicht an die Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) halten, wie der Verfassungsdienst ebenfalls kritisierte: "Weder mit Artikel 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) noch mit Artikel 2 EMRK (Recht auf Leben) vereinbar" sei eine vorgesehene Bestimmung, wonach "die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt" erst dann zu beenden ist, wenn mit ihr "eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit einhergeht". Dies in so sensiblen Bereichen wie der Zwangsernährung und der Dauer der Schubhaft.

All diese Umstände und die schlampige Arbeit des Innenministeriums machen es notwendig, das neue Asyl- und Fremdenpolizeigesetz in einem eigenen Unterausschuss unter Beiziehung von ExpertInnen des Verfassungsrechts und der Menschenrechte zu behandeln.

 

 Ellmauer: Sind auf dem richtigen Weg
Optimierung steht nun im Vordergrund
Wien (övp-pd) - "Die Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts zu den Entwürfen des Asyl- und Fremdenpolizeigesetzes sind ein ganz normaler Vorgang im laufenden Begutachtungsverfahren", so ÖVP-Menschenrechtssprecher Matthias Ellmauer am Freitag (22. 04.). Der Umfang der Stellungnahme zeige deutlich, dass es der Bundesregierung besonders wichtig sei, dass Verfassungskonformität gegeben ist. Es sei verwerflich, wenn die Opposition nun versuche, daraus politisches Kleingeld zu wechseln, betonte Ellmauer.

Innenministerin Liese Prokop habe mehrmals ausdrücklich betont, dass die Verfassungskonformität des Asyl- und Fremdenpolizeigesetzes ihr oberstes Ziel sei. "Wir verfolgen ganz klar die Prinzipien: Hilfe, wo Hilfe nötig ist; Stopp, wo Missbrauch droht; Strafe, wo Kriminalität vorhanden ist. Unser Anliegen ist es nun, einen konstruktiven Weg zu gehen und die Optimierung der Entwürfe in den Vordergrund zu stellen", so Ellmauer abschließend.

 

 Stoisits: BKA-Stellungnahme bringt klare Abfuhr für Prokop-Entwürfe
Entwürfe für Asyl- u. Fremdenpolizei-Gesetze sind inakzeptabel
Wien (grüne) - "Der Kritik des Verfassungsdienstes des BKA bezüglich Verfassungswidrig- keiten und menschenrechtlicher Bedenken schließe ich mich an. Auch das von uns organisierte ExpertInnen-Hearing zu den Asylgesetz- und Fremdenpolizeigesetz-Entwürfen haben massive Verfassungs- und Menschenrechtskonventions-Bedenken ergeben", kommentiert die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits, die offizielle Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts.

Wenn Ministerin Prokop ihre Ankündigung, ein verfassungsmäßiges und die Europäische Menschenrechtskonvention respektierendes Asylgesetz vorlegen zu wollen, ernst nimmt, dann müsse diese Stellungnahme des Verfassungsdienstes für sie alle Alarmglocken läuten lassen, so Stoisits, und weiter: "Nach der gestrigen Kritik des Menschenrechtsberichts an den teilweise menschenunwürdigen Bedingungen in der Schubhaft kommen nun massive Bedenken gegen die Vorhaben der Ministerin, beispielsweise die Schubhaft unbefristet zu ermöglichen. Immer mehr Stellungnahmen zeigen auf, dass die vorliegenden Entwürfe inakzeptabel sind."

Prokop ist aufgefordert, ihre Entwürfe großteils und in den wesentlichen Punkten überarbeiten zu lassen, denn sonst würde sie bewusst und willentlich die Verfassungswidrigkeit und eine nochmalige Aufhebung des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof in Kauf nehmen. "Die eindeutige Abfuhr durch den Verfassungsdienst des BKA sollte sogar Frau Prokop überzeugen", schließt Stoisits.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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