Geschäftsordnungsausschuss billigt Vier-Parteien-Antrag
Wien (pk) - Im Nationalrat wird es schon bald eigene Plenarsitzungen zu EU-Themen geben. Der Geschäftsordnungsausschuss
des Nationalrats billigte am Donnerstag (21. 04.) einhellig einen entsprechenden gemeinsamen Antrag aller
vier Parlamentsfraktionen. Bei diesen Sitzungen sollen das Arbeitsprogramm der jeweiligen EU-Präsidentschaft
besprochen und andere aktuelle EU-Vorhaben diskutiert werden. Damit will der Nationalrat nicht nur seine Mitwirkung
in EU-Angelegenheiten verstärken, sondern auch die Öffentlichkeit besser über EU-Projekte informieren
und Europapolitik für die Bevölkerung greifbar machen.
Gemäß dem Vier-Parteien-Antrag wird es jedem Klub möglich sein, für jene Plenarsitzungen,
die aktuellen EU-Vorhaben gewidmet sind, einen Themenbereich auszuwählen. Auf die Tagesordnung gestellt werden
können beispielsweise konkrete Vorhaben des Rates und der Europäischen Kommission oder Materien, mit
denen sich das Europäische Parlament gerade befasst. Für jeden Themenblock ist eine Beratungszeit von
rund zwei Stunden vorgesehen, zur Unterstreichung ihrer Forderungen können die Abgeordneten Entschließungsanträge
einbringen.
In Sitzungen, die ausschließlich der Erörterung von EU-Themen dienen, findet weder eine Aktuelle Stunde
noch eine Fragestunde statt. Auch Dringliche Anfragen, Dringliche Anträge und so genannte Kurze Debatten sind
nicht zulässig.
Wie Nationalratspräsident Andreas Khol bei der Sitzung berichtete, sind dem Vier-Parteien-Antrag fast einjährige
Beratungen in der Präsidialkonferenz vorangegangen. Nach der alarmierend geringen Wahlbeteiligung bei den
letzten EU-Wahlen habe man sich überlegt, wie man das Interesse der Bevölkerung an der europäischen
Gesetzgebung erhöhen könne. Khol zufolge sind die so genannten "Europatage" des Nationalrats
nur ein Ergebnis, auch die parlamentarischen Fachausschüsse werden sich auf Basis von Berichten der Regierung
verstärkt mit EU-Themen befassen.
Die Intention, die Bevölkerung durch eigene Plenarsitzungen verstärkt über EU-Projekte zu informieren,
wurde in der Debatte von Vertretern aller vier Fraktionen begrüßt. So betonte Abgeordneter Otto Pendl
(S), es müsse das gemeinsame Anliegen aller Abgeordneten sein, die Menschen für europäische Themen
zu interessieren. FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner sprach von einem "interessanten und notwendigen Projekt",
mit dem die Diskussionsmöglichkeiten über EU-Angelegenheiten im Nationalrat entscheidend verbessert würden.
SPÖ und Grüne bedauerten allerdings, dass nicht weiter reichende Geschäftsordnungsänderungen
vorgenommen werden. So hätten sich die Grünen, wie Abgeordneter Dieter Brosz festhielt, ein Rederecht
der österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament bei den der EU gewidmeten Plenarsitzungen
des Nationalrats gewünscht. Abgeordneter Peter Schieder (S) sprach sich u.a. dafür aus, bei den EU-Sitzungen
auch parlamentarische Instrumente wie Dringliche Anfragen zu aktuellen EU-Themen zuzulassen, um den "Parlamentarismuscharakter"
solcher Sitzungen zu erhöhen. Die beiden Oppositionsparteien verwiesen darüber hinaus auf weitere offene
Fragen wie die Verankerung der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht.
Am Beginn der Sitzung war ÖVP-Abgeordneter Michael Spindelegger zum Obmann des Geschäftsordnungsausschusses
gewählt worden. Er folgt in dieser Funktion seinem mittlerweile als Verkehrsstaatssekretär in die Regierung
gewechselten Fraktionskollegen Helmut Kukacka. |