Im Süden leben Biker am gefährlichsten
Wien (kfv) - Gemütlich durch die Landschaft gleiten und den Alltag hinter sich lassen: In Österreich
sind Bikes, Motorroller und Mopeds zwar in zunehmendem Maße ein Mittel zum Zweck, aber immer noch vor allem
ein wichtiges Freizeitutensil. "Das ist auch einer der Hauptgründe, warum einspurige Kfz in Österreich
einen weit geringeren Anteil am Gesamtunfallgeschehen ausmachen als etwa in Griechenland oder Portugal", erklärt
Dr. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. "Je besser die klimatischen Bedingungen,
desto intensiver ist die Nutzung eines Motorrollers oder Motorrades als tägliches Verkehrsmittel." Zusätzlich
dürfen in vielen südeuropäischen Ländern bereits 14-Jährige mit dem Moped unterwegs sein,
ab 16 ist oft schon das Fahren mit Motorrollern (125 cm³) erlaubt.
Je wärmer das Klima, desto mehr motorisierte Zweiräder
In Griechenland stirbt rund ein Viertel (24,2%) aller bei Verkehrsunfällen Getöteten als Lenker
oder Mitfahrer eines motorisierten Zweirades, während sich dieser Anteil in kälteren Gefilden wie Finnland
und Schweden zwischen sieben und 8,8 Prozent bewegt. Österreich liegt mit rund 14 Prozent im europäischen
Mittelfeld. Zwischen 1993 und 2002 ist die Zahl der getöteten Moped- und Motorradbenutzer (Lenker und Mitfahrer)
pro Million Einwohner in 14 untersuchten EU-Mitgliedstaaten (ohne Deutschland) um 21 Prozent von rund 22 auf 17
Tote gesunken. Trotzdem hinkt man damit aber den Pkw hinterher: Im selben Zeitraum sank die Zahl der getöteten
Pkw-Insassen pro Million Einwohner um 23,4 Prozent von rund 110 auf 86. "Das liegt einfach daran, dass die
Fahrzeugsicherheit bei Pkw in den letzten Jahren enorm gestiegen ist und dadurch mehr Leben gerettet werden konnten.
Bei Mopeds und Motorrädern ist der Mensch trotz verbesserter Technik noch immer sehr exponiert", begründet
Thann. "Es hat sich aber auch bei den motorisierten Zweirädern in puncto Qualität des Fahrwerkes,
der Bremsen und Reifen einiges getan." Praktisch alle einspurigen Fahrzeuge verfügen heute über
hydraulische Bremsen. Bei teureren Modellen ist ABS teilweise schon serienmäßig zu haben. "Es wäre
ein enormer Sicherheitsgewinn, wenn sich dieser Trend noch stärker auf den günstigeren Sektor ausweiten
würde", appelliert Thann an die Hersteller. "Eine Studie hat ergeben, dass sich damit acht bis zehn
Prozent der tödlichen Motorradunfälle vermeiden ließen."
Tödliche Zweiradunfälle sind europaweit männlich
Obwohl immer mehr Frauen das Biken als Hobby für sich entdecken und für junge Frauen Moped oder
Roller ein wesentliches Mittel mobiler Unabhängigkeit sind, werden sie deutlich seltener in tödliche
Unfälle verwickelt. 2002 entfielen mehr als 91 Prozent (Österreich: 93%) der tödlichen Motorrad-
und Mopedunfälle in 13 EU-Staaten auf Männer. Jugendliches Risikoverhalten schlägt bei motorisierten
Zweirädern noch stärker durch als beim Pkw: Mehr als 32 Prozent der 2002 in 13 EU-Staaten (Luxemburg
und Deutschland lieferten keine Daten) tödlich verunglückten Lenker und Mitfahrer waren jünger als
25, bei den Pkw waren es 28 Prozent. "Wenn man in diese risikoreiche Gruppe weitere Jahrgänge einbringt,
steigt natürlich die Zahl der tödlichen Unfälle", verweist Thann auf die Rahmenbedingungen.
"In Österreich können wir das bei den Unfällen von Moped-15-Lenkern erkennen, die seit 2002
stark zugenommen haben. Die ab April 2005 vorgeschriebenen sechs Praxisstunden sollen dem entgegen steuern."
Griechen, Italiener und Portugiesen verunfallen meist in der Stadt
Metropolen wie Rom oder Mailand machen deutlich, warum in den südlicheren EU-Staaten wesentlich mehr
Moped- und Motorradlenker in der Stadt als im Freiland sterben. "Genau in den Ländern, wo motorisierte
Zweiräder hauptsächlich als Verkehrsmittel genutzt werden, finden wir auch die höchsten Getöteten-Zahlen
im innerstädtischen Bereich", blickt Thann Richtung Südeuropa. In Italien passierten 2002 rund 59
Prozent der tödlichen Motorrad- und Mopedunfälle im Stadtgebiet, in Griechenland waren es sogar 62,4
Prozent. Österreich zeigt das genau umgekehrte Verhältnis, denn hierzulande passieren rund 70 Prozent
der Unfälle mit letalem Ausgang im Freiland. "Vielen Motorradfahrern fehlt einfach die Übung, weil
sie im Jahr durchschnittlich nur 4500 Kilometer zurücklegen", gibt Thann zu bedenken. "Ein Fahrsicherheitstraining
zu Beginn der Saison ist eine gute Investition in die eigene Sicherheit." Wichtig ist, dass gerade Neu-Biker
ein Gefühl für das Verhalten ihres heißen Eisens entwickeln. Immerhin ist das Risiko, bei einem
Motorradunfall schwer verletzt oder getötet zu werden, um das 3,6-fache höher als bei einem Pkw-Unfall.
"Wir unterstützen deshalb jede Maßnahme, die mehr Fahrpraxis in den Mittelpunkt rückt."
Laut einem Vorschlag von Verkehrsminister Gorbach soll für B-Lenker, die den A-Führerschein nachmachen
wollen, der Theorieteil zugunsten praxisnaher Ausbildungselemente entfallen.
Die CARE-Datenbank
Jedes Jahr sterben auf Europas Straßen rund 39.000 Menschen, etwa 1,7 Millionen werden bei Verkehrsunfällen
verletzt. Um den Ursachen besser auf den Grund gehen und Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, werden
in der CARE-Datenbank (Community database on Accidents on the Roads in Europe) auf Unions-Ebene die Unfallstatistiken
von 14 Mitgliedsländern (Deutschland liefert keine Daten) erfasst. Derzeit sind Daten von 1991 bis 2002 vorhanden. |