Wehrmachtsdeserteure: Warten auf Vier-Parteien-Konsens  

erstellt am
20. 04. 05

Justizausschuss vertagt abermals Antrag der Opposition
Wien (pk) - Einen neuerlichen Anlauf zur Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure unternahmen Grüne und Sozialdemokraten in der Sitzung des Justizausschusses am Dienstag (19. 04.), wobei der ursprüngliche bereits mehrmals vertagte Antrag der Abgeordneten Terezija Stoisits (G) nun auf die Forderung nach pauschaler Aufhebung der Urteile der NS-Strafjustiz ausgeweitet wurde. Auch diesmal konnte der Ausschuss keine Entscheidung in der Sache herbeiführen. Seitens der ÖVP wurde die abermalige Vertagung mit der Zusage verknüpft, eine Vier-Parteien-Lösung in dieser Frage anzupeilen.

Die Abgeordnete Terezija Stoisits (G) und Johannes Jarolim (S) argumentierten, anlässlich des bevorstehenden Republiksjubiläums sei der Zeitpunkt gekommen, eine Geste für die Opfer und damit auch einen Akt der politischen Hygiene zu setzen. Bestätigt fühlten sich die Abgeordneten der Opposition dabei auch durch entsprechende Aussagen von Bundespräsident Fischer und Bundeskanzler Schüssel.

Stoisits betonte überdies, die derzeitige Rechtslage, vor allem die Befreiungsamnestie aus dem Jahr 1946, reiche nicht aus, sie stelle bloß einen Gnadenakt dar, wo es aber doch darum zu gehen habe, das Unrecht durch eine gesetzgeberische Maßnahme ungeschehen zu machen. Weder die Grün-Sprecherin noch Jarolim zeigten Verständnis für die abermalige Vertagung. Die Angelegenheit werde seit 1999 behandelt und sei heute längst ausdiskutiert.

Abgeordnete Gertrude Brinek (V) unterstützte grundsätzlich das Anliegen der Opposition, plädierte aber für die Einbringung eines diesbezüglichen Vier-Parteien-Antrages und erinnerte an einen entsprechenden Konsens über dieses Vorgehen. Brinek zeigte sich überzeugt, dass es noch in diesem Jahr auf Basis der vorliegenden Initiative zu einer einvernehmlichen Lösung kommen werde. Sie appellierte weiters an die Kollegen, bei diesem Thema von persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen zu abstrahieren.

Irritiert zeigte sich der Abgeordnete Peter Wittmann (S), der die heutige Vertagung, wie er sagte, auf eine politische Meinung einer der Regierungsparteien zurückführte. Er meinte, möglicherweise sei jenes Gedankengut, das durch die Worte von Bundesrat Kampl zum Ausdruck kommt, dafür verantwortlich, dass diese Frage nach sechsjähriger Diskussion in einem Gedenkjahr noch immer nicht abschlossen werden könne.

In diesem Sinn äußerte sich auch Abgeordnete Gabriela Moser (G). Sie warf der ÖVP vor, in unverantwortlicher Weise auf den Koalitionspartner Rücksicht zu nehmen.

Justizministerin Karin Miklautsch (F) erklärte, juristisch sei die Sache klar, sämtliche Unrechtsurteile der NS-Zeit gelten bereits als aufgehoben. Auch aus den Erläuterungen zur Befreiungsamnestie gehe eindeutig hervor, dass es sich hier nicht um einen bloßen Gnadenakt, sondern um eine Rehabilitierung in juristischer Hinsicht handle. Die Ministerin plädierte für einen sensiblen Umgang mit diesem Thema und meinte, Verallgemeinerungen seien nicht angebracht. Klar war sich Miklautsch darüber, dass noch viele Menschen in ihrem persönlichen Schicksal betroffen sind.

Zu den Äußerungen des Bundesrates Kampl bemerkte sie, dieser habe über sein persönliches Schicksal gesprochen und dabei geschildert, wie sein Cousin an der Front in einem Bunker von zwei Überläufern erschossen wurde. Kampl habe dies als Mord bezeichnet.

Ausschussobfrau Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V) trat ebenfalls für eine Vertagung ein und wies einen Vorschlag der Opposition, die Gespräche heute bloß zu unterbrechen, zurück. Es sei nicht sinnvoll, "aus der Hüfte zu schießen", ein Termin für eine neuerliche Ausschusssitzung könne aber jederzeit eingeschoben werden, argumentierte sie.
     
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