Mittwoch ist Portisch-Tag: Start mit den letzten Kriegstagen  

erstellt am
19. 04. 05

Vierteilige Dokureihe "Die Zweite Republik - Eine unglaubliche Geschichte" ab 20. April
Wien (orf) - Er selbst spricht von einem "Monsterprojekt", zu dem er sich "von der Frau Generaldirektor hat überreden lassen." Heute ist er jedoch "sehr froh darüber", und so ist Dr. Hugo Portisch, Österreichs legendärer Fernsehchronist, nach fünf Jahren Absenz zurück auf den ORF-Bildschirmen - und das gleich in vier Folgen zu je 100 Minuten. "Die Zweite Republik - Eine unglaubliche Geschichte" ist ab Mittwoch, dem 20. April 2005, wöchentlich um 20.15 Uhr in ORF 2 der Hauptbeitrag des ORF zum Gedankenjahr 2005. Die beiden Ereignisse - Gründung der Zweiten Republik und Beendigung der Besatzung - sind zwar Anlass für diese Dokumentation und werden entsprechend dargestellt, aber die Dokumentation nimmt auch die Lebensbedingungen, die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Österreichs und seiner Menschen in diesen Jahren wahr. Den Anfang macht am 20. April Österreichs rasanter Weg "Vom Krieg zum Staat in 14 Tagen". Hugo Portisch zur Seite standen dabei Meister ihres Faches: Regisseur Paul Sedlacek, Komponist Christian Kolonovits und Burgschauspieler Cornelius Obonya als Sprecher, um nur einige zu nennen. Vom Tatendrang des mittlerweile 78-jährigen Portisch konnten sich die Zuschauer am vergangenen Samstag in der großen Show "50 Jahre Fernsehen" im Zwiegespräch mit Gastgeber Rainhard Fendrich überzeugen, der mit Portisch "über eine Zeit sprach, in der noch alle ORF-Auslandskorrespondenten Hugo Portisch hießen". Bis zu 1,233 Millionen Zuseherinnen und Zuseher waren dabei.

In den achtziger Jahren hatte Hugo Portisch mit zunächst 24 (und später sieben weiteren) Folgen von "Österreich II" und danach mit zwölf Folgen "Österreich I" Fernsehgeschichte geschrieben. Ab ca. 20. Mai werden die Folgen eins und zwei bzw. drei und vier von "Die Zweite Republik - Eine unglaubliche Geschichte" auf je einer DVD im Fach- und Buchhandel erhältlich sein.

Das virtuelle Archiv
"Eines unserer größten Probleme war die Tatsache, dass heute nur noch wenige Menschen leben, die in der Zeit der Staatsgründung an entscheidenden Stellen saßen", erinnert sich Hugo Portisch an die vergangenen Monate zurück. "Auf authentische Augenzeugenberichte wollten wir aber nicht verzichten. Die Frage war, wie neues Material mit Interviews aus den Archiven elegant verbunden werden kann. Paul Sedlacek erfand dann das virtuelle Archiv als perfekten Link." Aus diesem können sich auf dem Bildschirm Filmberichte ebenso wie Dokumente und Aussagen der Zeitzeugen - für den Zuschauer deutlich erkennbar - auf Zeit und Raum bezogen abrufen lassen.

Vom Krieg zum Staat in 14 Tagen
Diese Folge ist zunächst den Ereignissen in den Apriltagen des Jahres 1945 gewidmet. Österreich liegt noch im Bombenhagel der alliierten Luftwaffen und ist noch Teil des Dritten Reichs. Aber nun nähern sich die alliierten Heere den österreichischen Grenzen. Die Rote Armee tritt zum Sturm auf Wien an. 13 Tage lang dauern die Kämpfe: vom 1. bis zum 13. April. Noch während der Kämpfe nimmt Karl Renner Verbindung mit dem sowjetischen Armeestab auf und bietet sich an, Österreich wieder zu gründen, wie er es schon 1918 einmal tat. Er schreibt an Stalin und dieser beauftragt prompt den sowjetischen Marshall Tolbuchin, Renner mit der Errichtung einer österreichischen Regierung zu betrauen. Was damals in wenigen Tagen geschah, ist fürwahr eine unglaubliche Geschichte. Am 13. April fällt der letzte Schuss im Kampf um Wien. Zur gleichen Zeit finden sich schon beherzte Männer und Frauen zusammen und gründen die politischen Parteien, ebenso wie den Gewerkschaftsbund. Und Renner gelingt es, innerhalb von nur fünf Tagen bereits eine Regierung zusammenzustellen. Am 27. April nimmt diese Regierung die Gründung der Zweiten Republik vor. Noch im Krieg also ist Österreich wiedererstanden und besitzt bereits eine Regierung - im Vergleich dazu: Die erste Nachkriegsregierung in Deutschland gab es erst vier Jahre später, 1949. In dieser ersten Folge aber stellt Hugo Portisch auch die Frage danach, wieso dies alles so schnell geschehen konnte, erklärt die Hintergründe der Entstehung der so genannten Moskauer Deklaration und auch die Auswirkungen dieser Deklaration für die Weiterentwicklung Österreichs. Selbstverständlich schildert die erste Folge auch die Befreiung der einzelnen Bundesländer. Jedes Bundesland erlebte diese Befreiung auf andere Art. Innsbruck wurde von einer eigenen Tiroler Widerstandsbewegung befreit, ehe noch die Amerikaner eintreffen. Bregenz wird im letzten Moment noch bombardiert und in Brand geschossen. In Salzburg widersetzt sich der deutsche Kommandant dem Verteidigungsbefehl und übergibt die Stadt den Amerikanern. In Linz marschieren amerikanische Truppen ein und glauben in Deutschland zu sein. In Kärnten kommt es zum Wettlauf der Briten mit den Truppen der Tito-Armee, fast gleichzeitig treffen sie in Klagenfurt ein. In Graz gelingt es, den Gauleiter abzusetzen, knapp bevor die Rotarmisten die Stadt erreichen und besetzen. Was sich bei all diesen militärischen Konfrontationen ereignet hat, vor allem auch was die Zivilbevölkerung dabei zu ertragen hatte, ist Inhalt der ersten Folge dieser Dokumentation.
     
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