Café Sperl: 125 Jahre Wiener Kaffeehauskultur  

erstellt am
02. 05. 05

Wien (rk) - Das Wiener Traditionskaffeehaus "Café Sperl" feiert heuer sein 125-jähriges Bestehen. Das von Gross und Jelinek erbaute Kaffeehaus trug ursprünglich den Namen "Ronacher" - benannt nach Jakob Ronacher, der das Lokal im Jänner 1880 eröffnet und bereits im Dezember des selben Jahres an die Familie Sperl weiterverkauft hatte. Auch einer der berühmtesten Stammgäste des "Sperl", der österreichische Komponist Franz Lehár, feiert ein Jubiläum - er wäre heuer, am 30. April 2005, 135 Jahre alt geworden.

Doch nicht nur Besucher des Cafés, sondern auch das "Sperl" selbst hat Geschichte geschrieben. So sollen die Räumlichkeiten des Lokals geistiger Geburtsort der "Vereinigung bildender Künstler Secession" sein.

Manfred Staub, Jahrgang 1931, der seit 1968 die Geschicke des "Sperl" lenkt, hat die Vergangenheit seines Betriebs genauestens recherchiert. So ist etwa eine amüsante Anekdote aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs erhalten geblieben: Die vormalige Chefin, Hilde Kratochwila, deren Mann Adolf das Kaffeehaus 1884 von der Familie Sperl übernommen hatte, konnte nur durch eine einmalige Täuschung ihr Café vor der deutschen Wehrmacht - und später vor den Sowjets - retten.

1944 hätten die Frauen ihr Hab und Gut am Lande versteckt, erzählt Staub: "Doch ein ganzes Kaffeehaus kann man nur schwer verstecken." Demnach hätte Frau Kratochwila, gewieft wie sie war, das gesamte Interieur des Lokals demontiert und im Eiskeller versteckt. Kein Deutscher, kein Russe fand jemals die abgebaute Einrichtung. Zwei Jahre später, 1946, öffnete das Café Sperl wieder seine Pforten.

Mit seinen Thonetsesseln, Marmortischen und imposanten Gasleuchtern - alle im Originalzustand - zählt das Café Sperl zu den originärsten in der ganzen Bundeshauptstadt. Kein Wunder, denn das Kaffeehaus stehe seit 1980 unter Denkmalschutz, weiß Staub.

Auch vom oft herbeigeredeten "Kaffeehaussterben" ist in der Gumpendorfer Straße Nummer 11 nichts zu merken. Das Erfolgsrezept sei "Altwiener Kaffeehausflair von der reinsten Art und höchste Kaffeequalität", sagt "der Herr Sperl", wie ihn mancher Stammgast liebevoll nennt.

Was wünscht sich ein erfolgreiches Wiener Kaffeehaus zum Geburtstag? "Dass meine Stammgäste auch 125 werden", verrät Manfred Staub und setzt charmant lächelnd nach: "Denn ich leide nicht nur finanziell, wenn einer wegstirbt."

Informationen: http://www.cafesperl.at
     
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