Konjunkturerholung verlangsamt  

erstellt am
12. 05. 05

Wien (wifo) - Seit einigen Monaten deuten die Unternehmensumfragen im Euro-Raum und in Österreich auf eine Verlangsamung der Konjunkturerholung in der Sachgüterproduktion hin. Die Belebung der Exporte übertrug sich nicht oder nur sehr zögernd auf die Inlandsnachfrage. In Österreich entwickelten sich Exporte und Sachgütererzeugung zu Jahresbeginn noch recht günstig, die Einzelhandelsumsätze waren jedoch in den ersten zwei Monaten 2005 angesichts der positiven Einkommenseffekte der Steuerreform enttäuschend. Der starke Preisauftrieb drückte die Kaufkraft.

Die Konjunkturverflachung, die sich bereits im IV. Quartal abgezeichnet hatte, setzte sich zu Jahresbeginn fort. Seit einigen Monaten schätzen die Sachgütererzeuger Auslandsaufträge und Geschäftserwartungen tendenziell etwas weniger günstig ein als im jeweiligen Vormonat. Trotz steigender Gewinne – die sich in hohen Körperschaftsteuereinnahmen niederschlagen – investieren die Unternehmen relativ wenig. Die privaten Haushalte bleiben trotz der Steuerreform in ihren Kaufentscheidungen vorsichtig. Die starke Energieverteuerung, der hohe Euro-Kurs und in den letzten Wochen auch der Rückgang der Aktienkurse tragen zur Verunsicherung der Unternehmen und Konsumenten bei.

Der Wirtschaftspolitik gelingt es im Euro-Raum und in Japan – im Gegensatz zu den USA, Großbritannien und vielen asiatischen Ländern – nicht, einen Konjunkturaufschwung herbeizuführen. Im Jahr 2005 befindet sich die Wirtschaft des Euro-Raums bereits das fünfte Jahr in einer ausgeprägten Schwächephase. Nichts deutet derzeit darauf hin, dass diese heuer überwunden werden könnte. Das Aufflackern der Konjunktur im Euro-Raum (und in Japan) im Jahr 2004 war ausschließlich exportgetragen, die Belebung der Ausfuhr übertrug sich nicht auf die Inlandsnachfrage.

In Österreich entwickelt sich die Wirtschaft etwa im Einklang mit jener des Euro-Raums und damit günstiger als bei den wichtigsten Handelspartnern Deutschland und Italien. Die heimischen Exporte lagen in den ersten zwei Monaten des Jahres 2005 nominell zwar noch um 11½% über dem Vorjahresniveau (Februar +8%), die Zuwachsraten wurden jedoch tendenziell geringer. Hier schlagen sich die Abschwächung des Welthandelswachstums und die Auswirkungen des hohen Euro-Kurses nieder.

Die Industrieentwicklung spiegelt die Schwankungen der Exportdynamik wider: Der reale Produktionsindex der Sachgütererzeugung lag im Februar um rund 4% über dem Vorjahresniveau; auch hier ließ die Dynamik nach. Für die kommenden Monate ist mit einer Verringerung der Vorjahresabstände zu rechnen. Im WIFO-Konjunkturtest vom März und April beurteilten die Sachgüterproduzenten ihre Auftrags- und Geschäftslage wieder etwas ungünstiger als in den Vormonaten.

In der Bauwirtschaft besserte sich die Auftragslage weiter, hier ist mit Produktionszuwächsen zu rechnen. Im Handel verlief die Umsatzentwicklung in den ersten zwei Monaten des Jahres 2005 dagegen enttäuschend. Trotz der Nettoeinkommenszuwächse durch die Steuerreform stagnierten die realen Einzelhandelsumsätze auf dem Vorjahresniveau. Der starke Preisauftrieb schmälerte die Kaufkraft, und die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt drückte die Kauflust. Das kräftige Umsatzplus im März ist wegen der Osterfeiertage im März wenig aussagekräftig, es dürfte eine schwache Entwicklung im April nach sich gezogen haben. Im 2. Halbjahr sind deutlichere Handelszuwächse zu erwarten, da Steuerreformen gewöhnlich erst mit einer Verzögerung ihre volle Wirkung auf die Konsumausgaben entfalten.

Die Investitionstätigkeit blieb nach dem Auslaufen der Investitionszuwachsprämie erwartungsgemäß schwach. Sie kann derzeit nur anhand der Importe von Maschinen und Fahrzeugen beurteilt werden. Diese stagnierten in den ersten zwei Monaten annähernd auf dem Vorjahresniveau.

Die Zunahme der Energie- und Wohnungskosten beschleunigt den Preisauftrieb, im März lag die Inflationsrate bei 2,9%. Die Energiepreise stiegen um 9%, sie trugen ½ Prozentpunkt zur Teuerung bei. Die Steigerung des Wohnungsaufwands (+7%) drückte die Inflationsrate um 1 Prozentpunkt nach oben. Kräftig angehoben wurden auch die Preise von Tabakwaren (Anhebung der Tabaksteuer), Gesundheitsleistungen und Versicherungen. Die Teuerung fiel dadurch höher aus als im Durchschnitt des Euro-Raums. Der deutliche Preisauftrieb schlug sich in einem Rückgang der Bruttorealeinkommen je Arbeitnehmer nieder, die Nettorealeinkommen stiegen jedoch infolge der Steuerreform.

Die Arbeitslosigkeit liegt wegen der mäßigen Konjunktur und des Anstiegs des Arbeitskräfteangebotes weiterhin etwas über dem Vorjahresniveau. Weil die Zahl der Schulungsteilnehmer, Pensionsbewerber und Übergangsgeldbezieher gestiegen ist, erhöht sich die erfasste Arbeitslosigkeit nur mäßig. Die Zahl der Arbeitsplätze nahm im April mit +30.000 gegenüber dem Vorjahr deutlich zu; überwiegend waren dies Stellen für Frauen im Dienstleistungssektor. In der Sachgüterproduktion hat sich die Beschäftigungssituation in den letzten Monaten verschlechtert. Dies bestätigt – neben den Umfrageergebnissen für den Euro-Raum und Österreich – die Verlangsamung der Konjunkturerholung.

Quelle: WIFO, Autor: Ewald Walterskirchen
     
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