Gedächtniskultur pflegen  

erstellt am
20. 05. 05

Gedenkveranstaltung: SchülerInnen „erarbeiteten“ Vergangenheit
Graz (stadt) - Der Wind lässt die Blätter in den Bäumen rauschen, wie flüsternde Stimmen - es herrscht schon eine ganz besondere Atmosphäre an jenem Ort, wo in den Jahren von 1941 bis 1945 Menschen aufgrund ihres Widerstandes gegen das NS-Regime brutal hingerichtet worden sind und vor exakt 60 Jahren ein Massengrab mit 143 Leichen, die Greuel des 2. Weltkrieges zu Tage brachte. Am Feliferhof fand am Donnerstag (19. 05.) eine Gedenkveranstaltung im Jubiläumsjahr statt, die durch Beiträge von SchülerInnen Grazer Gymnasien sowie StudentInnen der Pädagogischen Akademie gestaltet wurde und der zahlreiche hochrangige VertreterInnen aus Kirche, Politik, Militär und Exekutive beiwohnten.

"Begreifbare" Geschichte
Die Stadt Graz lud gemeinsam mit dem Militärkommando Steiermark, dem Landesschulrat für Steiermark und der Österreichischen Liga für Menschenrechte zu dieser außerordentlichen Gedenkveranstaltung beim ehemaligen Massengrab am Feliferhof. An diesem Ort besinnt man sich alljährlich am Tag der Menschenrechte (10. Dezember) der Greuel der Vergangenheit. Im Gedenkjahr 2005 wurde dieser zusätzliche Termin eingefügt. SchülerInnen des BG/BRG Canerigasse, Musikgymnasiums Dreihackengasse, BG/BRG Klusemannstraße, BRG Körösistraße und BG/BRG Oeverseegasse hatten sich in den vergangen Wochen intensiv mit den Geschehnissen am Feliferhof befasst und steuerten ihre Ergebnisse bei: „Geschichte soll angreifbar und begreifbar sein“, waren sich die Jugendlichen einig. Als Symbol wurde ein Kastanienbaum nahe dem hölzernen Gedenkkreuz gepflanzt.

Transport der Erinnerungen
Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl bedankte sich seitens der Grazer Stadtregierung für das große Engagement der SchülerInnen und meinte: „Mit Eurem Beitrag ist der Transport von Gedanken und Erinnerungen von jener Generation, die dieses Leid am eigenen Leib erfahren musste, hinüber zu uns sogenannten ‚Spätgeborenen’ gelungen.“ Dies sei eine wichtige Voraussetzung, damit der Schleier des Vergessens und Verdrängens niemals fallen könne. Der Vizepräsident des Landesschulrates, Hofrat Mag. Dr. Dietmar Dragaric nannte es eine Pflicht, diesen Menschen, die hier ihr Leben lassen mussten, auch in Zukunft zu gedenken und nahm Bezug auf die zehnjährige Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union: „Die EU ist nicht nur ein Wirtschaftsprojekt, sondern auch ein Friedensprojekt, vor allem aber ein Wahrheitsprojekt.“ Nur wenn sich jedes Land zu seiner eigenen Wahrheit bekenne, könne das Friedensprojekt auch in Zukunft bestehen. Auch DI Klaus Gartler von der Österreichischen Liga für Menschenrechte sprach den anwesenden SchülerInnen seine Anerkennung aus, für eine „derartige ernsthafte Pflege der Gedächtniskultur.“

Gegen Abkoppelung
Der Feliferhof am Steinberg ist heute einer der größten Ausbildungsplätze des Bundesheeres in der Steiermark und wird auch von Polizei- und Gendarmerie zu Ausbildungszwecken genutzt. Der Militärkommandant für Steiermark, Generalmajor Heinrich appellierte zum Abschluss der Gedenkveranstaltung an die Anwesenden: „Wir dürfen uns nicht mental von den Geschehnissen der Vergangenheit abkoppeln.“
     
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