Prognose der österreichischen Wirtschaft bis 2009
Wien (wifo) - Ein reges Wachstum des Welthandels, die hohe preisliche Wettbewerbsfähigkeit und die
Verbesserung der Standortbedingungen werden in den kommenden Jahren den heimischen Export begünstigen. Dies
wird eine Verstärkung der Investitionstätigkeit nach sich ziehen. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
und die Belebung des Wohnbaus schlagen sich in einer Zunahme der Bauproduktion nieder. Die Prognose unterstellt,
dass der Konsum der privaten Haushalte seine lange Schwächephase allmählich überwindet. Die Wirtschaft
könnte unter diesen Rahmenbedingungen bis 2009 um durchschnittlich 2¼% pro Jahr wachsen. Dies ermöglicht
eine Verringerung des Budgetdefizits, reicht aber aufgrund des hohen Zustroms an Arbeitskräften nicht aus,
um eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen.
Österreichs Wirtschaft wuchs in den letzten fünf Jahren real um nur 1,6% pro Jahr. Für die kommenden
fünf Jahre erwartet die mittelfristige Prognose des WIFO eine leichte Erholung der Konjunktur, das Wachstum
könnte sich auf 2,3% pro Jahr beschleunigen. Damit könnte die Rate etwas höher sein als im Euro-Raum
(+2,1%, EU 25 +2,3%). Österreich profitiert vom Aufholprozess der ostmitteleuropäischen Länder überproportional.
Positive Wachstumseffekte könnte auch eine Verlagerung öffentlicher und privater Aufwendungen zugunsten
von Zukunftsausgaben auslösen, etwa in den Bereichen Bildung, Innovation und Informationstechnologien, wie
sie auch der Lissabon-Prozess der EU vorsieht.
Wichtige Impulse erhält die heimische Wirtschaft vom Export. Der Welthandel bleibt, getragen von der günstigen
Entwicklung in Asien (vor allem in China) und in Nordamerika, rege. Davon könnte allmählich auch die
Wirtschaft des Euro-Raumes profitieren, deren Hauptprobleme aber die Schwäche der Binnennachfrage und die
geringe Zuversicht der Konsumenten bleiben. Die Prognose basiert auf der Annahme, dass sich die Überbewertung
des Euro gegenüber dem Dollar mittelfristig verringert und die Erdölpreise auf dem Weltmarkt sinken.
Von der Ausweitung des Welthandels profitiert die heimische Wirtschaft besonders stark, weil ihre Wettbewerbsfähigkeit
günstig ist und die Standortbedingungen laufend verbessert werden. Aufgrund des kräftigen Produktivitätswachstums
und der mäßigen Lohnsteigerungen gingen die Arbeitskosten je erzeugte Einheit seit 1980 absolut und
auch in Relation zu den Handelspartnern stark zurück. Während die preisliche Wettbewerbsfähigkeit
hoch ist, haben die heimischen Unternehmen in ihrer Innovationskraft noch nicht die einem Hocheinkommensland angemessene
Position erreicht. Die Exporte werden bis zum Jahr 2009 real um 6½% pro Jahr zunehmen. Die Ausweitung der
Ausfuhr zieht mit gewisser Verzögerung eine Erholung der Ausrüstungsinvestitionen nach sich. Deren Wachstum
sollte sich im Jahr 2007 auf 5% beschleunigen, im Durchschnitt der Jahre 2004/2009 wird ein Anstieg um 3½%
erwartet.
Während Export und Ausrüstungsinvestitionen von 2004 bis 2009 etwa gleich rasch wachsen wie in den letzten
fünf Jahren, wird für die Binnennachfrage eine merkliche Erholung angenommen. Die Schwäche der Konsumnachfrage
und der Bauinvestitionen prägte die ungünstige Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre. Das Wachstum
der Konsumausgaben der privaten Haushalte sollte sich von 1,4% auf 2,1% pro Jahr beschleunigen. Dazu tragen der
Anstieg der Beschäftigung, etwas höhere Lohnabschlüsse und kurzfristig auch die Effekte der Steuerreform
2005 bei. Die Prognose unterstellt, dass die Zunahme der Sparneigung, die zusammen mit der geringen Ausweitung
der verfügbaren Einkommen seit dem Jahr 2001 den Konsum bremst, ab 2007 einer leichten Erhöhung der Konsumneigung
weicht. Die Investitionen in die Infrastruktur, etwa in Zusammenhang mit dem Ausbau der Transeuropäischen
Netze, und eine Steigerung der Nachfrage nach Wohnungen aufgrund der regen Zuwanderung sollten die Bauinvestitionen
beleben. Ihr Wachstum wird von durchschnittlich 1% in den letzten fünf Jahren auf 2% pro Jahr steigen.
Auf dem Arbeitsmarkt zeichnet sich keine Trendwende ab. Der anhaltende Anstieg der Zahl der Arbeitslosen (auf fast
260.000 im Jahr 2009) bleibt das Hauptproblem der Wirtschaftsentwicklung in Österreich. Im gesamten Prognosezeitraum
wächst die Beschäftigung kräftig (+0,9% pro Jahr). Die Erholung von Exportindustrie und Bauwirtschaft
wird auch eine Ausweitung der Vollzeitarbeitsplätze zulassen, überwiegend dürfte sie aber Teilzeitstellen
betreffen. Noch rascher wächst allerdings das Angebot an Arbeitskräften. Dies geht auf hohe Einbürgerungsraten,
regen Zustrom ausländischer Arbeitskräfte und die Anhebung des Frühpensionsalters zurück. Die
durchschnittliche Arbeitslosenquote verharrt im Prognosezeitraum auf dem Niveau des Jahres 2005 (7,1% der unselbständigen
Erwerbspersonen bzw. 4,5% der Erwerbspersonen laut Eurostat); dieses liegt deutlich über jenem der Periode
1999/2004 (6,6% bzw. 4,1%).
Die Inflation bleiben schwach, sie dürfte auf Verbraucherebene bis 2009 im Durchschnitt etwa 1¾% pro
Jahr betragen. Zwar bestehen Risken in Bezug auf die Rohstoffpreise sowie auf indirekte Steuern und Gebühren.
Doch der scharfe internationale Wettbewerb wird den Preisauftrieb ebenso dämpfen wie der geringe Anstieg der
nominellen Lohnstückkosten. Die mäßigen Lohnsteigerungen tragen zu einem weiteren Rückgang
der Lohnquote bei.
Seit 2001 steigt das Defizit der öffentlichen Haushalte laufend. Die Prognose geht davon aus, dass sich dieser
Trend umkehrt, der Finanzierungssaldo des Staates wird sich kontinuierlich bis auf –½% des BIP im Jahr 2009
verbessern. Dazu trägt vor allem die Annahme eines stetigen Wirtschaftswachstums bei, das das Wachstum der
Staatseinnahmen – nach dem Ausklingen der dämpfenden Effekte der Steuerreform – auf 3½% pro Jahr beschleunigt.
Besonders kräftig wächst das Aufkommen an Lohnsteuer, auch die Sozialversicherungsbeiträge nehmen
stark zu. Die Prognose unterstellt eine restriktive Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand. Subventionen und
Personalausgaben wachsen nur schwach, auch die Sozialausgaben nehmen trotz steigender Aufwendungen für Arbeitslosengeld
und Kinderbetreuungsgeld nicht rascher zu als in den letzten fünf Jahren. Die zentralen Herausforderungen
für die Budgetpolitik bestehen in einer Reform der Struktur des Abgabensystems und der Staatsausgaben.
Die Unsicherheiten der Prognose liegen zunächst in den optimistischen Annahmen einer Korrektur der Überbewertung
des Euro gegenüber dem Dollar und eines Rückgangs der hohen Weltmarktpreise von Erdöl. Zudem ist
nicht gesichert, dass die Wirtschaftspolitik der Schwäche der Konsumnachfrage der privaten Haushalte im Euro-Raum
und in Österreich wirksam begegnen kann. Die Annahme eines leichten Rückgangs der Sparquote ab 2007 könnte
sich angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und umfangreicher Reformen im Sozialsystem als zu optimistisch erweisen.
Andererseits könnte die Weltwirtschaft angetrieben von der Expansion in China rascher wachsen als angenommen,
und in der EU könnte ein Bedeutungsgewinn der Zukunftsausgaben im Rahmen des Lissabon-Prozesses und der Transeuropäischen
Netze Wachstumsimpulse bieten. Von beiden Entwicklungen würde Österreich aufgrund der hohen preislichen
Wettbewerbsfähigkeit der Exportunternehmen besonders profitieren. Auch im Inland würde eine Beschleunigung
des Strukturwandels durch eine Verbesserung des Bildungs- und Innovationssystems neue Wachstumskräfte entfalten.
Quelle: WIFO, Autoren: Serguei Kaniovski, Markus Marterbauer, Josef Baumgartner |