Moser:
"Geiz macht arm" - Mehr Investitionen für mehr Wachstum
SPÖ-Wirtschaftssprecher kritisiert Rekorde bei Managergehältern und Gewinnen
bei gleichzeitiger Rekordarbeitslosigkeit
Wien (sk) - SPÖ-Wirtschaftssprecher Johann Moser hat am Freitag (27. 05.) in einer Pressekonferenz
auf gravierende Fehlentwicklungen im Wirtschaftsgeschehen aufmerksam gemacht, die zu einer immer ungleicheren Verteilung
von Einkommen zwischen Reich und Arm führen. Moser hält es für ethisch nicht mehr vertretbar, wenn
durchschnittliche Arbeitnehmer 100 bis 150 Jahre lang arbeiten müssten, um ein Jahresgehalt des Vorstandsvorsitzenden
ihres Unternehmens zu verdienen. Die ungleiche Verteilung der Einkommen - Löhne stagnieren, Gewinne steigen
- hätten auch negative Auswirkungen auf Nachfrage und Wachstum, erklärte Moser. Er spricht sich einerseits
für eine stärkere Verpflichtung von Managern auf das Gemeinwohl aus, andererseits soll die Wirtschaftspolitik
Sachinvestitionen besser fördern.
Moser machte die von ihm kritisierte Fehlentwicklung an einer Reihe von Merkmalen fest: Auf der einen Seite stehen
Rekordgewinne bei Unternehmen, Rekordgagen von Managern, Rekorddividenden, Finanzinvestitionen nehmen zu - auf
der anderen Seite stehen steigende Arbeitslosigkeit, stagnierenden Realeinkommen, sinkende Lohnquoten, Ausverkauf
von Volksvermögen und: "Die Wirtschafts stottert." Immer mehr Menschen würden ärmer, während
sich ein paar Leute bereichern, so Moser.
Er belegte seine Thesen mit einer Reihe von Zitaten "unverdächtiger" Zeugen. So hat der ehemalige
CDU-Generalsekretär Heiner Geissler gesagt: "Die Gier zerfrisst den Herrschern ihre Gehirne", Porsche-Chef
Wendelin Wedekind hat gemeint: "Geiz ist eine Todsünde"; und der Schriftsteller Günther Grass
beklagte: "Fragen nach den Gründen für die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich werden als Neiddebatte
abgetan."
Anhand einiger österreichischer Unternehmen machte der SPÖ-Wirtschaftssprecher die enorme Diskrepanz
zwischen den Gagen der Topmanager und den Arbeitnehmern deutlich. Ein Facharbeiter bei Magna müsste 155 Jahre
lang arbeiten, um soviel zu verdienen wie der Europavorstand in einem Jahr; oder eine Kassierin der Erste Bank
müsste 120 Jahre lang tätig sein, um so viel zu verdienen wie ihr Chef. Dabei betonten Moser, dass er
die Manager der genannten Unternehmen sämtlich für erfolgreiche und international anerkannte Persönlichkeiten
hält.
Die "Kernfrage" ist nach Ansicht des SPÖ-Wirtschaftssprechers freilich, wie werden die Gewinne verteilt,
was machen die Unternehmen mit den Gewinnen. Denn jedes Unternehmen müsse Gewinne machen, um seinen Fortbestand
zu sichern. Die aktuelle Entwicklung, dass die Gagen der Manager ungebremst steigen und die Ausschüttungen
ebenfalls, gehe letztlich auf Kosten des Unternehmens. Notwendig wären Sachinvestitionen.
Unter der geschilderten Entwicklung - die immer ungleichere Verteilung von Einkommen und der immer geringer Neigung
der Unternehmen zu Sachinvestitionen - leidet die Nachfrage; dabei sei die herrschende Wachstumsschwäche überwiegend
auf die zu geringe Inlandsnachfrage zurückzuführen, erläuterte Moser.
Für eine Besserung sieht Moser derzeit keine Anzeichen; denn die Unternehmen investieren, wenn überhaupt,
immer stärker in Finanzwerte, die Sachinvestitionen gehen gleichzeitig zurück. Damit wird auch kein Wachstum
geschaffen. Moser veranschaulichte das am Beispiel der Übernahme der VA-Tech durch Siemens. "Damit entsteht
kein einziger zusätzlicher Arbeitsplatz", so Moser, "im Gegenteil: In Summe ist volkswirtschaftlich
für die Österreicher weniger da als vorher."
Unter den gegebenen Bedingungen sei keine Besserung am Arbeitsmarkt zu erwarten. Für heuer erwartet Moser
300.000 Arbeitslose im Jahresdurchschnitt (inklusive Schulungen); für bedenklich hält es der SPÖ-Wirtschaftssprecher,
dass die Reallöhne seit dem Jahr 2000 nur um 0,2 Prozent, also praktisch gar nicht, gestiegen sind. Das zeigt
sich auch an der Lohnquote am BIP, die von 54,2 Prozent 1993 auf 51,6 Prozent im Jahr 2003 gesunken ist. Neben
den Arbeitnehmern seien auch zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe Leidtragende stagnierender Löhne. Denn den
Rekordergebnissen mancher Großbetriebe steht mit 30 Konkursen pro Tag auch ein Rekordwert gegenüber.
Der SPÖ-Wirtschaftssprecher hat auch eine Reihe von Lösungsansätzen präsentiert, für eine
gerechtere Verteilung der Einkommen, für Vollbeschäftigung und Wachstum. Am Anfang stehe die Einsicht:
"Nur wenn es den Menschen gut geht, geht es auch der Wirtschaft gut". Vollbeschäftigung ist ein
deklariertes Ziel der SPÖ. Die SPÖ habe eine fertiges Konjunkturprogramm, mit dem das Wirtschaftswachstum
sofort um 1,5 bis 2 Prozentpunkte gesteigert würde. Damit könnte auch sehr rasch die Arbeitslosenzahl
um 30.000 bis 40.000 gesenkt werden, betonte Moser.
Außerdem schlägt Moser vor, das "Eigentümervakuum" zu füllen; es fehle in Österreich
eine funktionierende Kernaktionärsstruktur, die für eine nachhaltige Entwicklung der Unternehmer wichtig
sei. In "eigentümerlosen" Unternehmen liege der Focus zu stark auf der kurzfristigen Gewinn- und
Kursentwicklung. Moser will daher in eine zu schaffende Infrastrukturholding die noch verblieben ÖIAG-Anteile
einbringen.
Weiters will die SPÖ Investitionen fördern: Einerseits mit direkter Förderung über einen Risikokapitalfonds,
andererseits steuerlich mit der Wiedereinführung des Investitionsfreibetrags und der Ausweitung der steuerlichen
Begünstigung nicht ausgeschütteter Gewinne auf Kapitalgesellschaften (dabei soll freilich die steuerfreie
Ausschüttung nach sieben Jahre gestrichen werden).
Für Manager schlägt Moser so etwas wie einen "hippokratischen Eid" vor, um die Orientierung
am Gemeinwohl zu verstärken. Weiters fordert Moser, dass börsennotierte Unternehmen die Vorstandsgehälter
veröffentlichen. Außerdem soll der gesamte Aufsichtsrat in Gehaltverhandlungen einbezogen werden; und
die steuerliche Begünstigung von Stock Options soll gestrichen werden. So will Moser eine "Korrektur
des aus dem Ruder laufenden Austro-Kapitalismus" erreichen.
Angesprochen auf die sogenannte Kapitalismus-Debatte, die vor einigen Wochen in Deutschland ihren Anfang genommen
hat, meinte Moser: "In Österreich läuft alles immer etwas gemütlicher ab" - zumindest
die Debatte. In der Sache stellte er klar, dass es hier keineswegs um einen neuen Klassenkampf gehe, im Gegenteil:
"Wir brauchen dynamische, gewinnorientierte Unternehmen." Aber der Markt brauche in manchen Bereichen
Korrekturen und Ergänzungen. |
Kopf: Nein zum Import der populistischen Kapitalismusdebatte
Soziale Marktwirtschaft hat sich durchgesetzt, weil es die Menschen so wollen, SPÖ
einmal mehr in der Rolle des Angstmachers
Wien (övp-pk) - "Österreich ist anders. Wir lassen keine populistische und polemische
Kapitalismusdebatte aus Deutschland importieren, so wie das SPÖ-Wirtschaftssprecher Moser versucht",
sagte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf am Freitag (27. 05.). In Österreich gelte das
Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. "Und das ist gut so, denn dieses Modell hat sich als das entscheidende
europäische Wirtschaftsmodell durchgesetzt. Und zwar nicht, weil es nur die Unternehmer wollen, sondern weil
es vor allem die Menschen so wollen", betonte Kopf. Die Geschichte habe längst ein Urteil über die
Alternativen zum marktwirtschaftlichen System gefällt, nämlich jenes, dass es keine Alternative gebe.
"Die Kapitalismusdebatte, so wie sie in Deutschland geführt wird, kritisiert das Fundament unseres Wohlstands
und damit auch die Tatsache, dass es den Menschen in Österreich grundsätzlich gut geht", sagte Kopf.
Mit dieser Form der Kapitalismuskritik werde den Menschen Angst gemacht und schade dem einzelnen ebenso wie der
gesamten Wirtschaft. "Mit einer derartigen Kritik sägt man daher am eigenen Ast des österreichischen
Wohlstands", so Kopf.
Kopf betonte in seinen Ausführungen weiters, "dass die Menschen ein freies und soziales Wirtschaftssystem
wollen, in dem sie mitentscheiden und teilnehmen können. Sowohl die Jammerei als auch die damit verbundene
wenig konstruktive Kritik am Kapitalismus schaffen keinen einzigen Arbeitsplatz. Statt der alten Hüte aus
der sozialistischen Mottenkiste sind Mut und Offenheit gefragt. Anstatt Ängste zu verbreiten, sollten wir
daher gemeinsam an der Zukunft des heimischen Standortes arbeiten und unsere nationalstaatlichen Spielräume
für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik nutzen", so Kopf abschließend. |