Wie sich Österreicher im Tunnel fühlen
Wien (kfv) - Wer in Österreich weiter kommen will, muss einfach durch: Durch einen oder mehrere
der 20 einröhrigen und 55 zweiröhrigen Tunnels auf Autobahnen und Schnellstraßen. Nur die Schweizer
müssen öfter in die Röhre blicken.
Im Rahmen des europäischen Projekts SARTRE (Social Attitudes to Road Traffic Risk in Europe) wurden in 23
europäischen Ländern jeweils 1.000 Autofahrer zu den unterschiedlichsten Themen des Straßenverkehrs
und so auch zum Fahren im Tunnel befragt. Spitzenreiter sind die Schweizer: 30 Prozent der Eidgenossen müssen
oft bis sehr oft durch einen langen Tunnel fahren, mit 19 Prozent liegen Österreichs Autofahrer gleich an
zweiter Stelle. Am seltensten bewegen sich die Esten unter Tag – gerade mal ein Prozent muss öfters unten
durch.
An der Häufigkeit der Tunneldurchquerungen scheint es auch zu liegen, dass die Schweizer am wenigsten Furcht
vor dem großen schwarzen Loch haben. Auf die Frage, wie ängstlich sie beim Durchfahren langer Tunnels
sind, antworteten nur 19 Prozent mit “sehr oder ziemlich ängstlich”. Ein Grund dafür könnte aber
auch sein, dass sie sich über die im Falle eines Unfalles zu ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen gut informiert
fühlen (57 %). Hingegen gefriert 25 Prozent der österreichischen Autofahrer das Blut in den Adern, wenn
sie durch den Berg statt oben drüber müssen. Rund 42 Prozent wissen nach eigenen Angaben, was im Ernstfall
zu tun ist. Vor der Fahrt durch den Tunnel fürchten sich am stärksten die Franzosen mit 38 Prozent, mit
24 Prozent sind sie aber auch im Feld der weniger informierten Europäer in puncto Sicherheitsmaßnahmen
zu finden.
Nicht jeder Tunnel ist unangenehm
Die beengte Raumsituation und die Massen von Gestein überm Kopf können natürlich Angst machen.
Eine Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) hat ergeben, dass das mulmige Gefühl wesentlich
von der Länge und Helligkeit des Tunnels beeinflusst wird. Das Einfahren in neuere, gut ausgeleuchtete und
mit augenscheinlichen Sicherheitsvorrichtungen ausgestattete Tunnel wird durchaus auch als angenehm empfunden.
Es treten nicht nur weniger Fahrfehler auf, auch die Geschwindigkeit wird trotz besserer Bedingungen als in so
mancher finsteren, alten Röhre nicht erhöht. Belastend werden aber lange einröhrige Tunnels empfunden,
was vor allem mit dem Gegenverkehr und Verkehrsteilnehmern zusammen hängt, die sich nicht an Tempolimits halten.
Bei manchen Tunnels macht sich deshalb zum Ende hin eine Fluchttendenz in Form von Geschwindigkeitserhöhungen
beim Tunnelausgang bemerkbar.
Spannend ist der Vergleich zum Fahren in “Freiheit”: Mit Hilfe von EKG-Messungen, Fragebögen, Interviews und
durch Beobachtung des Fahrverhaltens wurde nämlich fest gestellt, dass Testpersonen im Freiland eine unentspanntere
Fahrweise an den Tag legten als im Tunnel. “Wenn wir speziell Tunnels im Verlauf von Autobahnen und Schnellstraßen
betrachten, passiert dort nur ein Bruchteil der Unfälle”, weiß Dr. Othmar Thann, Direktor des KfV. “Im
Durchschnitt sterben 13 Menschen pro Jahr bei etwa 88 Tunnelunfällen auf Autobahnen und Schnellstraßen.”
Im Vergleich zu den gesamten Unfällen auf diesen Straßenarten ist das ein Anteil von 3,3 Prozent. Wenn
es aber zu einem Unfall im Tunnel kommt, ist die Verletzungsschwere deutlich höher.
Sicher auf die andere Seite
Der richtige Sicherheitsabstand ist auch im Tunnel das Maß aller Dinge. “Überholverbote und
Geschwindigkeitsbegrenzungen sind in Tunnels bedingungslos einzuhalten, damit sich alle sicher fühlen können”,
mahnt Thann. Wer bewusst durch den Tunnel fährt, beobachtet die Noteinrichtungen, Pannennischen und wechselt
auf keinen Fall in Gegenverkehrstunneln den Fahrstreifen. Wer nicht ohnehin mit Licht am Tag fährt, darf beim
Einfahren nicht auf das Einschalten des Abblendlichts vergessen, außerdem sieht man ohne Sonnenbrille gleich
viel besser. Absolutes Tabu ist das Wenden oder Zurückschieben des Fahrzeuges, auch wenn man das bei einem
Stau manchmal möchte. Da ist am besten: Warnblinkanlage einschalten, Fahrzeug nicht verlassen, Motor abstellen,
auf Umluft stellen, Fenster schließen und nicht rauchen. Und dann am besten entspannen und auf die weiteren
Hinweise übers Radio oder den Tunnellautsprecher hören! |