Eberle als Patin bei Bartgeierfreilassung an der Glocknerstraße
Salzburg (lk) - Im Alpenraum wurde der Bartgeier während des 19. Jahrhunderts intensiv verfolgt
und schließlich ausgerottet. Die Hohen Tauern und die Westalpen waren schon damals sein hartnäckiges
Rückzugsgebiet, doch auch hier wurde der 1935 im Felbertal der letzte Bartgeier erlegt. In Europa überlebten
Bartgeier nur in den Pyrenäen, auf Korsika und Kreta, sowie in sehr geringer Zahl auf dem griechischen Festland.
Die Bestände sind aber auch dort heute als sehr gefährdet einzustufen.
Mit der Freilassung von zwei Bartgeiern am Donnerstag (02. 06.) nahe der Fuscherlacke an der Großglockner
Hochalpenstraße ist freilich nur ein weiterer kleiner Schritt in Richtung der nachhaltigen Wiederansiedlung
der Bartgeier im Alpenraum getan, ist sich Nationalpark Landesrätin Doraja Eberle bewusst. Landesrätin
Eberle ist Patin eines der heute freigelassenen zwei Tiere, die Patenschaft über den zweiten Bartgeier haben
die Österreichischen Lotterien übernommen.
Die heutige Freilassung der beiden Bartgeier ist Teil eines Gemeinschaftsprojektes des Nationalparks Hohe Tauern
mit dem WWF Österreich, der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der Zoologischen Gesellschaft
Frankfurt und des Vereins Eulen- und Greifvögelschutz Österreich. Neben dem Land Salzburg unterstützen
dieses Projekt: die Salzburger Jägerschaft, die Foundation for Conservation of the Bearded Vulture, die Freunde
des Nationalparks Hohe Tauern, die Österreichischen Lotterien, das Lebensministerium und die Europäische
Union. Landesrätin Eberle dankt allen Projektträgern und Förderern. Bartgeier kennen weder Landes-
noch Staatsgrenzen, diesem Umstand wird die breite Zusammenarbeit im Sinne eines internationalen Natur- und Artenschutzes
bestens gerecht.
Wiederansiedlung seit 1978
Die Geschichte des Wiederansiedlungsprojektes, eines der bedeutendsten Artenschutzprojekte Österreichs,
reicht bis ins Jahr 1978 zurück. Eine internationale Kooperation von Naturschutzorganisationen, Behörden,
Universitäten, Zoos und Nationalparks war der Grundstein. Schließlich ist es im Alpenzoo Innsbruck gelungen,
die ersten Bartgeier aufzuziehen.
Im Jahr 1986 wurden nach Aufbau eines Zuchtnetzes unter Beteiligung von 30 Tiergärten, sowie nach umfangreichen
Studien im Rauriser Krumltal, im Salzburger Anteil des Nationalparks Hohe Tauern, die ersten jungen Bartgeier freigelassen.
Weitere Freilassungen folgten in Frankreich (Hochsavoyen, Mercantour), in der Schweiz (Graubünden) und in
Italien (Stilfserjoch, Alpi Marittime). Insgesamt wurden im Alpenraum 129 Tiere ausgewildert, 39 davon im Nationalpark
Hohe Tauern, ist Landesrätin Eberle stolz auf den österreichischen Beitrag.
Mit der Aufzucht und der Freilassung junger Bartgeier beginnt aber erst eine weitere aufwendige Arbeit, ohne die
an eine erfolgreiche Wiederansiedlung nicht zu denken wäre, berichtet Landesrätin Eberle. Um den weiteren
Weg und das Verhalten der Bartgeier verfolgen zu können, wurde ein wissenschaftliches Monitoring eingerichtet.
Über den ganzen Alpenraum besteht ein Netzwerk freiwilliger Beobachter: Menschen aus der Region, Jäger,
Ornithologen, Bauern, Nationalpark Mitarbeiter, etc. Das Monitoring wird in Österreich seitens des Nationalparks
Hohe Tauern betreut, auch die Federführung der internationalen Koordination liegt beim Nationalpark Hohe Tauern.
Gelder aus dem LIFE-Programm der Europäischen Union ergänzen deren nationale Finanzierung.
Größter Greifvogel der Alpen
Mit Flügelspannweiten bis zu 3 Metern ist der Bartgeier der größte Greifvogel in den Alpen.
Als hervorragender Segler bewohnen Bartgeier die Gebirgsregion oberhalb der Waldgrenze, ihre Reviere sind 100 bis
400 Quadratkilometer groß. In Horsten, in Felsnischen angelegt, werden während des Winters zumeist zwei
Eier ausgebrütet. Nach rund 54 Tagen schlüpfen die Jungtiere, wobei nur eines aufgezogen wird. Die ungewöhnliche
Brutzeit hängt mit dem Nahrungsangebot zusammen. Bartgeier sind Aasfresser und am Ende des Winters ist im
Gebirge dieses Nahrungsangebot eben sehr groß.
Bis zu 80 Prozent der Nahrung der Bartgeier besteht aus Knochen, Sehnen und Bändern, also bereits aus dem,
was andere Aasfresser über lassen. Nur ein leistungsstarker Verdauungsapparat und entsprechende Magensäfte
sind in der Lage die darin enthaltenen Nährstoffe nutzbar zu machen. Typisch für die Bartgeier ist, dass
zu große Knochen auf schräge Felsplatten fallen gelassen werden, wo sie zersplittern.
Als sich der Bartgeier im 19. Jahrhundert noch einer gesunden Population erfreuen konnte wurde er vom Menschen
zu einer gefährlichen Bestie hochstilisiert, wie zahlreiche Fabeln und Legenden nachvollziehbar machen. Nicht
nur Lämmer-, sondern auch Kinderraub wurde dem Bartgeier nach dem Volksmund angedichtet („Lämmergeier“).
Die Verfolgung des Bartgeiers wurde mancherorts sogar mit der Bezahlung von Prämien forciert und ging bis
zum Einsatz von Giftködern. |