Broukal:
Die Breitbandkatastrophe - und was die österreichische Regierung jetzt tun müsste
SPÖ fordert IKT-Cluster Österreich und einen IKT-Koordinator
Wien (sk) - Schwere Versäumnisse in Sachen Breitbandförderung wirft SPÖ-Wissenschafts- und Technologiesprecher
Josef Broukal der Regierung vor. Vier Jahre lang sei so gut wie nichts getan worden, auf Bundesebene herrsche Chaos
pur. Im internationalen Vergleich liege Österreich im Breitbandausbau nur noch auf Platz 20 und damit zwei
Plätze hinter Estland, so Broukal am Mittwoch (06. 01.) in einer Pressekonferenz. Die SPÖ fordert nun:
Einen für ganz Österreich Verantwortlichen für den Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien
(IKT), breite Diskussion des Masterplans des BMVIT in Parlament und Öffentlichkeit und die Schaffung eines
IKT-Clusters in Österreich. Außerdem soll es für jene zwei Millionen ÖsterreicherInnen, die
von einem Steuerabsetzbetrag nichts haben, und für SchülerInnen und StudentInnen eine steuerliche Förderung
geben. In den Bereichen Bildung und Gesundheit habe der Bund die Aufgabe der Breitbandförderung zu übernehmen.
Der SPÖ-Wissenschaftssprecher betonte, dass Österreich noch im Jahr 2001 laut OECD beim Breitbandausbau
bestes Land in Europa und weltweit Nummer vier war. Im Dezember 2004 fiel Österreich dramatisch zurück
- nur noch Platz 12 in Europa und Platz 20 weltweit. Besonders peinlich sei dabei, dass Österreich nun zwei
Plätze hinter Estland liegt, "einem Entwicklungsland in Sachen Breitband", das aber seine Entwicklungschancen
sehr viel besser wahrnimmt als Österreich unter Schwarz-Blau-Orange. "Im weltweit erhobenen 'Network
Readiness Index 2004' erhält Österreichs Regierung für ihre Blindheit bei IKT den wenig schmeichelhaften
Platz 35", so Broukal.
Viele Köche - wenig Brei
Die Regierung habe vier Jahre so gut wie nichts in Sachen Breitbandförderung getan. Einzige Ausnahme
sei die Steuerabschreibaktion von Finanzminister Grasser für Internetanschlüsse gewesen. "Dabei
bekamen jene, die gut verdienen, Geld für den privaten Internetanschluss; Menschen mit geringen oder keinem
Anschluss wie Schüler und Studenten bekamen keine Förderung", so Broukal. Die Bundesländer
selbst seien dann in die Bresche gesprungen und schufen jeder für sich Breitbandförderungen, ohne sich
jedoch abzusprechen. Dies führe dazu, dass z.B. ein Arzt in Niederösterreich einen geförderten Wireless-LAN-Anschluss
hat, dessen Sicherheitsfeatures nicht die Anforderungen für die neue E-Card erfüllt.
Auch auf Bundesebene herrsche Chaos pur. Während sich das zuständige Ministerium (BMVIT) spät, aber
doch an einem IKT-Masterplan versuche, gründe nun ÖVP-Abgeordnete Hakl einen Privatarbeitskreis, der
offenbar der Initiative von Vizekanzler Gorbach Konkurrenz machen soll. Dabei sollte man gerade im Bereich Breitband
an einem Strang ziehen.
Österreichs IKT-Schwäche
Sehr deutlich würden die Schwächen des IKT-Standorts Österreich in der "Arthur D. Little"-Untersuchung
herauskommen. Gerade bei den Zukunftsparametern gebe es ein großes Minus. Konkret werden kritisiert: Zu wenig
IKT-Investitionen, zu wenig E-Services (eHealth, eLearning), zu wenig Breitbandzugänge, zu wenig digitale
Medien, zu wenig IKT-Software-Firmen und so gut wie keine IKT-Hardware-Produktion.
Gehirnschmalz statt Gießkanne - der IKT-Cluster Österreich
Wie Broukal erklärte, sind nach Ansicht der SPÖ folgende Punkte vordringlich: Es müsse einen
IKT-Koordinator für ganz Österreich geben, der die Bemühungen der Wirtschaft, des Bundes, der Länder
und Gemeinden bündeln soll. Der Masterplan des Ministeriums müsse schnell vorangetrieben und dann in
Parlament und Öffentlichkeit breit diskutiert werden. Für die zwei Millionen ÖsterreicherInnen,
die von einem Steuerabsetzbetrag nichts haben, und die viele SchülerInnen und StudentInnen, für die ein
Breitbandanschluss heute schon unverzichtbar geworden ist, müsse es eine steuerliche Förderung geben.
In Österreich, so Broukal, gebe es viele kleine Unternehmen, die erfolgreich Software und Anwendungen fürs
Netz entwickeln. "Wenn es gelingt, sie zusammenzuführen und zu fördern, dann kann Österreich
in ein paar Jahren Weltmacht in Sachen IKT sein", zeigt sich der SPÖ-Technologiesprecher überzeugt.
Die SPÖ schlägt vor, nach den erfolgreichen Vorbildern des steirischen Auto-Clusters und des Holz-Clusters
in Salzburg einen IKT-Cluster Österreich zu gründen. Dieser Cluster solle zunächst herausfinden
und öffentlich festhalten, wer in Österreich Software entwickelt und Anwendungen auf den Markt bringt.
Er soll Forschung anstoßen und für Österreich sicherstellen, was das siebente EU-Forschungsrahmenprogramm
vorschlägt: Ein Drittel des Forschungsgeldes gehört in die IKT-Forschung. Schließlich soll der
IKT-Cluster Österreich die IKT-Unternehmen in den Export begleiten bzw. Export überhaupt erst möglich
machen. |
Hakl: Breitbandoffensive und Infrastrukturpaket wichtige Schritte
IKT-Think-Tank wird Österreich Vorreiterrolle bringen
Wien (övp-pk) - "Herr Broukal ist beileibe nicht der erste, der die Bedeutung der Informations-
und Kommunikationstechnologie erkannt hat. Bund und Länder haben nicht zufällig eine Breitbandinitiative
initiiert und diese Anfang Mai auch verlängert", so ÖVP- Telekommunikationssprecherin Mag. Karin
Hakl am Mittwoch (01. 06.) zu Aussagen von SPÖ- Wissenschaftssprecher Josef Broukal. "Wenn Broukal
die Wichtigkeit von IKT bewusst ist, so bleibt die Frage offen, warum er dem Industrieausschuss des Parlaments
ferngeblieben ist, statt mit Experten aus der Wirtschaft Vorschläge zu diskutieren", so Hakl weiter.
Die erwähnte Initiative hätte dazu geführt, dass einige Bundesländer bereits jetzt eine fast
100-prozentige Netzabdeckung mit schnellem Breitband-Internet hätten. Bereits 90 Prozent der Österreicher
hätten heute potenziell die Möglichkeit, Breitband zu nutzen. Allerdings würden nur 25 Prozent der
Österreicher davon auch tatsächlich Gebrauch machen. Daher sei auch hier "der Hebel anzusetzen".
Faktum sei zudem, so Hakl, dass Österreich in bestimmten Bereichen, wie etwa dem 'e-government' (2. Platz
in Europa) oder dem Mobilfunk bereits sehr gut liege. In einigen Bereichen gäbe es noch Aufholbedarf. "Das
hat die Bundesregierung erkannt, daraus resultiert auch die oben genannte Breitbandinitiative. Zudem werde im BMVIT
ein Infrastrukturpaket geschnürt, was ich sehr begrüße", so Hakl weiter.
Der gesamte IKT-Bereich sei aber eine Querschnittmaterie, die sehr viel weiter reiche. Daher sei der IKT-Think-Tank
ins Leben gerufen worden, in dem sie, Hakl, den Masterplan koordiniere. In diesem größten IKT-Think-Tank
der österreichischen Wirtschaftsgeschichte, der jenseits parteipolitischen Kalküls agiere und in dem
die Vorstände der wichtigsten Elektronik- und Telekomkonzerne, kreative KMU-Vertreter, Wissenschafter, Interessensvertreter,
Kompetenzzentren und Internetprovider vertreten seien, werde bis November ein umfassender IKT-Masterplan entwickelt,
"der Österreich bei allen Strukturindikatoren in eine ähnliche Vorreiterrolle bringen wird, wie
wir sie jetzt schon im Bereich 'e-government' inne haben", so Hakl abschließend. |