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Österreichische Europapolitik |
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erstellt am
13. 06. 05
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Schüssel:
Sollten auf eingeschlagenem Weg bleiben
Bundeskanzler im Hauptausschuss: Ratifikation fortführen
Wien (övp-pk) - "Was wäre mit einem Ratifizierungsstopp gewonnen? Ein Stopp muss irgendwann
aufgehoben werden, oder die ganze Angelegenheit bleibt endgültig in der Schublade. Das kann aus meiner Sicht
kein vernünftiger Weg sein. Wenn man etwas tun sollte, dann die Ratifikation fortführen." Das sagte
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Freitag (10. 06.) im Hauptausschuss des Nationalrats. Der Hauptausschuss
befasst sich unter anderem mit dem EU-Rat am 16./17. Juni 2005. Jedes Land sollte sich äußern. Halb
Europa habe bereits zu dieser Verfassung Ja gesagt. Auch die anderen 13 Länder sollen sich deklarieren, dann
wisse man auch, wie groß die Zustimmung sei. Dann könne man in seriöser Weise einen gemeinsamen
Ausweg suchen, sagte Schüssel in Richtung SPÖ.
Österreichs Vorschlag sei immer gewesen, einen knappen Ratifizierungszeitplan zu wählen, und nicht über
zwei Jahre. Er, Schüssel, glaube nach wie vor, dass die Idee eines europaweiten Referendums an einem Tag,
wo die Mehrheit der EU-Bevölkerung über den Verfassungsvertrag abstimmt, richtig sei. "Dieses Instrument
brauchen wir für die Zukunft dringend, um zu vermeiden, dass man ständig die Ebenen vermischt."
Es sei ein Bündel an Ursachen gewesen, die bei den Referenden eine Rolle gespielt hätten. Der Kanzler
nannte hier unter anderem die Furcht vor einer zu starken Vertiefung oder Zentralisierung beziehungsweise vor dem
Verlust der Identität oder auch die umgekehrte Befürchtung über ein "zu wenig Europa".
Es sei allerdings primär Sache des betreffenden Landes, einen Weg vorzuschlagen und Ursachen zu nennen, da
es schwer sei, von außen die Gründe zu interpretieren.
Auch hinsichtlich der Erweiterungsfrage könne er SPÖ-Klubobmann Cap nicht folgen, erinnerte Schüssel
an die mit breiter Mehrheit beschlossene Erweiterung um zehn EU-Länder und den einstimmen Beschluss über
den Beitritt von Rumänien und Bulgarien per 1. Jänner 2007, ausgenommen die EU-Kommission stelle fest,
dass die Kriterien noch nicht erfüllt seien. Jeder einzelne Vorgang werde Schritt für Schritt beraten
und konsequent und sachlich diskutiert. "Wir sollen hier aus prinzipiellen Gründen auf dem Weg bleiben,
den wir uns vorgenommen haben", so der Bundeskanzler.
Von einer "Sündenbocksuche" hält Schüssel nichts. "Wir sollten uns alle beim EU-Rat
zusammensetzen und beraten, was jede einzelne Institution zur Kräftigung und Stärkung des europäischen
Gedankens einbringen kann." Natürlich gebe es Wachstumsschwächen. Daher wäre es empfehlenswert,
wenn sich die Kommission überlege, welche Regelungen befristet außer Kraft gesetzt werden können,
um Investitionen zu begünstigen oder welche Kontrollen abgeschafft werden können, um das Jobwachstum
nach vorne zu bringen. Jeder habe dabei seine Verantwortung wahrzunehmen.
Der Kanzler ging auch auf die Arbeitszeitrichtlinie ein, die wichtige weiterführende Verbesserungen im Sozial-
und Gesundheitsbereich bringe. Sie beinhalte darüber hinaus die Möglichkeit eines "opting out"
für jene Länder, die eine Spezialnorm zur Haltung der Qualität des Gesundheitssystems wollen. Schüssel
ist dafür, dieses "opting out" zumindest für eine Übergangszeit zu belassen. Damit ergebe
sich die Möglichkeit, mit einer langsamen freiwilligen Harmonisierung und bestimmten Bremsmöglichkeiten
sowie nationalen Schutzklauseln voranzukommen. Hier müsse man die prinzipielle Frage aufwerfen: "Ist
es in einem subsidiären Europa sinnvoll, alles über einen Kamm zu scheren oder wollen wir eine zentrale
Regelung, die für alle gleich sein muss, aber die dann nie zustande kommen wird?"
Ebenfalls Thema im Hauptausschuss war der Luxemburger Finanzvorschlag. Dieser habe, so Schüssel, "einiges
für sich" und sei ein Vorschlag, den man nicht vorschnell verwerfen sollte. Auch Österreich habe
einige Themen, für die mehr Geld benötigt werde, verwies der Kanzler auf die transeuropäischen Netze
und die Forschung und Entwicklung. Der Luxemburger Kompromissvorschlag bedeute beispielsweise im Bereich der Forschung
um elf Milliarden Euro mehr Geld für Österreich. "Das ist um 30 Prozent mehr als in der jetzigen
Finanzperiode." Bei den transeuropäischen Netzen ergebe sich fast eine Verdreifachung.
Die alten EU-15 könnten bei einer erweiterten Union nicht darauf bestehen, dass alles unverändert bleibe.
"Auch wir werden für die Erweiterung moderat etwas mehr zahlen müssen. Wir bekommen dafür mehr
Sicherheit, Stabilität und Wachstumsmöglichkeiten", so Schüssel. "Ich glaube, dass man
von diesem Vorschlag ausgehend weiter arbeiten sollte." |
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EU: Einem will "ein Signal an die Menschen in Europa"
Union braucht wirtschaftspolitischen Kurswechsel
Wien (SK) Wer sich wie er für ein zukunftsfähiges Projekt Europa mit Zukunft stark mache, "muss
die Gunst der Stunde nutzen und für einen Kurswechsel der Europäischen Union, vor allem ihrer Wirtschaftspolitik,
eintreten", erklärte SPÖ-Europasprecher Caspar Einem am Freitag (10. 06.) nachmittag am Rande
des EU-Hauptausschusses im Parlament. Das sei die zentrale Botschaft, die der Bundesregierung von der SPÖ
in der heutigen Ausschusssitzung auf den Weg zum Europäischen Rat nach Brüssel mitgegeben werden soll.
"Die negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden waren ein ernstes Warnsignal. Wer wie die Bundesregierung
unter Bundeskanzler Schüssel so tut, als ob nichts gewesen wäre, ignoriert die Unzufriedenheit der Bevölkerung.
Ein gefährliches Spiel, das wir ganz sicher nicht unterstützen", unterstrich Einem.
In Richtung ÖVP sagte Einem: "Wer Europa wieder näher zu den Menschen bringen möchte, sollte
nicht länger darauf vertrauen, dass sie sich mit leeren Sonntagsreden abspeisen lassen." Es sei die seit
Jahren fehlgeleitete Wirtschafts- und Sozialpolitik auf nationaler und europäischer Ebene, die sich negativ
auf die Einwohner der EU-Länder auswirke. "Oberste Priorität müssen die Förderung des
Wirtschaftswachstums und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben", so der SPÖ-Abgeordnete. Die
im Verfassungsvertrag genannten Ziele Vollbeschäftigung und soziale Gerechtigkeit "müssen in der
Politik der Union realisiert werden, damit sie die Menschen auch spüren können".
Entschieden wandte sich Einem abschließend gegen "den billigen Trick der ÖVP, die SPÖ ins
Populismus-Eck drängen zu wollen". Es sei kühn, die starre Haltung des Kanzlers als den einzig möglichen
Weg darzustellen und bessere Wege als den offensichtlich von der Bevölkerung nicht akzeptierten als "antieuropäisch"
zu geißeln. "In dieser Logik dürften wir auch die Bundesregierung nicht für ihr Tun kritisieren,
weil das anti-österreichisch wäre. Das wäre wohl mehr als absurd", erklärte Einem abschließend. |
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Forderung nach informellem Entwicklungs- ministerInnen-Rat während österr. EU-Präsidentschaft
Wien (grüne) - "Gerade nach dem UN-Gipfel zur Erreichung der Millenniumsziele im heurigen
Herbst wird die Koordination der EU-Entwicklungszusammenarbeit besonders wichtig sein. Daher ist es unverständlich,
dass die österreichische Regierung während der österreichischen Präsidentschaft keinen informellen
EntwicklungsministerInnen-Rat einberufen will", bedauert Ulrike Lunacek, entwicklungspolitische Sprecherin
der Grünen, am Freitag (10. 06.). Entwicklungskommissar Louis Michel, der heute mit den Mitgliedern des
entwicklungspolitischen Unterausschusses diskutierte, habe dazu gemeint: "Ich bin dafür", aber auf
die Zuständigkeit der österreichischen Präsidentschaft verwiesen.
Als äußerst positiv bewertet die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen den Beschluss der
EU-Kommission, künftig in allen Entscheidungen die Folgen für Entwicklungsländer mitzubedenken.
"Eine solche Kohärenz zwischen den Zielen der Entwicklungspolitik und denen anderer Politikbereiche ist
in Österreich wie in allen anderen EU-Mitgliedsländern dringend notwendig. Österreich sollte dazu
während seiner Präsidentschaft eine Initiative setzen und auch selbst in der Regeriung aktiv werden",
fordert Lunacek und kündigt eine parlamentarische Anfrage dazu an.
Michel attestierte Österreich auch einen guten Willen, den Fahrplan zur Erhöhung der Mittel für
die Entwicklungszusammenarbeit zu unterstützen. Lunacek zeigt sich jedoch weiterhin besorgt: "2005 und
2006 will Österreich die Erhöhung über Entschuldungen erreichen. "Frisches Geld" ist dabei
nicht vorgesehen. Und Fahrplan, wie die Erhöhung auf 0,51% des Bruttonationaleinkoommens BNE bis 2009 geschehen
soll, liegt trotz vielfacher Forderungen und konkreten Fahrplänen in anderen vergleichbaren EU-Staaten auch
noch immer keiner vor.
Was die künftige Finanzierung von Entwicklungsmaßnahmen betrifft, wird Michel nach eigener Aussage eine
Steuer auf Waffen vorschlagen. Nach offiziellen Angaben betrage der Jahresumsatz in diesem Bereich über tausend
Milliarden Dollar, nach Zahlen der Weltbank wahrscheinlich aber sogar das Dreifache. Ulrike Lunacek begrüßt
diese Idee, gibt sich aber auch ein wenig skeptisch: "Alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie Devisentransaktionssteuer
oder Zuschlag auf Flugtickets zu finden, ist sehr wichtig. Bei einer Waffensteuer besteht allerdings die Gefahr,
dass damit noch mehr Waffengeschäfte in der Illegalität abgewickelt werden."
Lunacek begrüßte Michels Aussage, dass die Stärkung interner und regionaler Märke in den Entwicklungsländern
sowie die Förderung regionaler Zusammenschlüsse wichtig sei, und dass die auch künftig bei den wirtschaftlichen
Partnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements) berücksichtigt werde.
Louis Michel beklagte abschließend die zu große Zersplitterung der Hilfe Europas. Mehr Zusammenarbeit
und Koordination zwischen den Mitgliedsstaaten, aber auch zwischen den Ländern und der EU-Kommission sei dringend
notwendig. Dazu Lunacek: "Eine Verbesserung der Geber-Koordination ist tatsächlich ein Gebot der Stunde,
Verbesserungen dringend angesagt." |
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