Diversitätsmanagement ist im Wiener Magistrat Realität  

erstellt am
13. 06. 05

Münz: In den nächsten Jahren Entscheidung zwischen Zuwanderung, längeren Lebensarbeitszeiten oder Wohlstandsverlust
Wien (rk) - "Diversitätsmanagement ist im Wiener Magistrat Realität. Mit der Gründung der Magistratsabteilung 17 - Integrations- und Diversitätsangelegenheiten vor einem Jahr wurde viel ausgelöst: Wir haben in Wien in einer ganz normalen Magistratsabteilung Personal mit besonders vielen unterschiedlichen Sprachkenntnissen und MitarbeiterInnen mit unterschiedlichsten Herkunftsländern. Dieses Know-how brauchen wir, um unsere Dienstleistungen für alle WienerInnen, wo auch immer sie geboren wurden, optimal erbringen zu können", erklärte die Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely am Freitag (10. 06.) im Rahmen einer Paneldiskussion bei der Internationalen Konferenz "stadt.migration.integration - Kommunale Beiträge zum Thema Zuwanderung", die auf ihre Initiative derzeit in Wien tagt. Auf dem vom Migrationsforscher Rainer Münz moderierten Podium saßen neben Wehsely Helga Nagel, Leiterin des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt, Friedrich Graffe, Stadtrat und Leiter des Sozialreferats der Stadt München und Thomas Kessler, Delegierter für Migrations- und Integrationsfragen des Kantons Basel-Stadt und Leiter der kantonalen Integrationsstelle, der Anlaufstelle Rassistische Diskriminierung und Projektleiter Stadtentwicklung.

Die MA 17 habe sofort nach ihrer Gründung definiert, in welchen Bereichen Diversität unmittelbar zum Durchbruch verholfen werden müsse: "In Kindertagesheimen, weil Integration im Kindergarten beginnt; beim Personal in der öffentlichen Verwaltung und und bei der Statistik, weil wir in vielen Bereichen noch Datenmaterial benötigen."

Die Stadt Wien begrüße MigrantInnen mit Willkommensmappen und lade sie zu muttersprachlichen Orientierungsgesprächen ein. 2002 habe der Wiener Landtag das Wiener ZuwanderInnen-Wahlrecht beschlossen, dass 2004 durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gekippt wurde. "Das Wahlrecht für ZuwanderInnen wäre ein demokratiepolitischer, ein integrationspolitischer und in Bezug auf Chancengleichheit extrem wichtiger Meilenstein gewesen und bleibt auch weiterhin politisch auf der Tagesordnung. Ein erwünschter Nebeneffekt dabei: Aus Eigeninteresse könnte keine politische Gruppierung mehr Politik auf dem Rücken von MigrantInnen machen."

"Die Politik muss Farbe bekennen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Menschen mitgenommen werden können. Allerdings: Damit werden nicht alle Probleme automatisch gelöst. Interkulturelle Kompetenz und Diversität sind nicht synonym für Beliebigkeit. Wir müssen nicht alles akzeptieren. So lehnen wir etwa FGM und Zwangsverheiratungen ab", betonte Wehsely.

Von 460 Millionen Menschen in der EU befinden sich 220 Millionen auf dem Arbeitsmarkt oder sind selbständig tätig, stellte Rainer Münz klar. "Ohne Migration und bei gleichbleibender Erwerbsbeteiligung würde diese Zahl in den nächsten 45 Jahren auf rund 60 Millionen zurückgehen. Zugespitzt bedeutet das, dass wir uns entscheiden müssen, wie viel Zuwanderung wir wollen oder wie viel zusätzliche Lebensarbeitszeit oder wie viel Wohlstandsverlust wir haben wollen", konstatierte Münz.

"Es gibt 185 Millionen MigrantInnen weltweit, 40 Millionen MigrantInnen in West- und Mitteleuropa und in Österreich ungefähr eine Million.", erklärte Rainer Münz. "Das ist nicht der Endpunkt der Geschichte. Die Bevölkerungsentwicklung der kommenden Jahrzehnte ist gut absehbar. In 12 von 25 EU-Staaten gibt es heute schon mehr Sterbefälle als Geburten. Wir müssen uns daher fragen, wie wir in Zukunft leben und wie wir Migration gestalten wollen?", so Münz abschließend.
     
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