Stand an Eigenkapital erstmals höher als inländische Bankkredite
Wien (oenb) - Der Unternehmenssektor ist jener Sektor der österreichischen Volkswirtschaft,
der den höchsten Finanzierungsbedarf aufweist. Im Jahr 2004 betrug dieser rund 13,1 Mrd Euro, nach 16,3 Mrd
Euro 2003. Rund 5 Mrd Euro wurden über Kredite aufgebracht, 4½ Mrd Euro über Eigenkapital und
knapp 3 Mrd Euro über Unternehmensanleihen. Bei der Finanzierung über Anleihe- und Aktienmarkt spielte
das Ausland eine dominierende Rolle.
Per Ende 2004 bestanden 48% der Gesamtverpflichtungen der österreichischen Firmen in Höhe von 315 Mrd
Euro (134% des BIP) aus Anleihen und Eigenkapital. Im Euroopäischen Vergleich fällt der hohe Anteil der
Kreditfinanzierung auf, obwohl er während der letzten zehn Jahre von 61% auf unter 50% reduziert wurde. Die
Eigenkapitalquote liegt mit knapp 40% nach wie vor unter dem Euroopäischen Durchschnitt. Gleichzeitig gehört
Österreich aber zu jenen Ländern, in denen die Bedeutung der Kapitalmarktfinanzierung in den letzten
Jahren beträchtlich gestiegen ist. Rund 30% der Finanzverpflichtungen der österreichischen Unternehmen
bestehen bereits gegenüber Ausländern.
Die Oesterreichische Nationalbank präsentierte heute im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse der Gesamtwirtschaftlichen
Finanzierungsrechung 2004. Am Vorabend der Umsetzung von Basel II konzentrierten sich Mag. Dr. Peter Zöllner,
Mitglied des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank und Mag. Dr. Aurel Schubert, Direktor der Hauptabteilung
Statistik, insbesondere auf die Finanzierung der österreichischen Unternehmen.
Der Unternehmenssektor ist üblicherweise jener Sektor der österreichischen Volkswirtschaft, der den höchsten
Finanzierungsbedarf aufweist. Im Jahr 2004 betrug dieser rund 13,1 Mrd Euro. Das anhaltende Wachstum der Bruttoanlageinvestitionen
(+5,9%) wurde auch 2004 in hohem Ausmaß zu rund drei Viertel durch eigene Mittel finanziert, was auf
die verbesserte Gewinnsituation der österreichischen Unternehmen zurückzuführen sein dürfte.
Darüber hinaus finanzierten die Unternehmen ihre Investitionen in Form von Krediten, Anleihen und Eigenkapital.
Vor allem hinsichtlich der beiden letztgenannten Finanzierungsformen spielte das Ausland als Kapitalgeber von 8,4
Mrd Euro eine dominante Rolle.
Insgesamt gesehen nahmen im Jahr 2004 die österreichischen Firmen einerseits Kredite in Höhe von 4,9
Mrd Euro auf, wovon 3,6 Mrd Euro von inländischen Banken gewährt wurden, andererseits wurden auch Finanzierungen
über den Kapitalmarkt stark in Anspruch genommen. Rund ein Viertel (2,9 Mrd Euro) des externen Finanzierungsbedarfs
wurde über Anleiheemissionen abgedeckt, wobei dieser Markt insbesondere von staatsnahen Unternehmen genutzt
wurde. Eigenkapitalemissionen (4,7 Mrd Euro) deckten 2004 rund ein Drittel des Finanzierungsbedarfs ab.
Generell hielt Direktor Zöllner fest, dass die österreichische Unternehmensstruktur nach wie vor von
Klein- und Mittelbetrieben (KMUs) dominiert wird: Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten stellen 99,6%
der über 250.000 Unternehmen in Österreich dar, beschäftigen 66% aller Mitarbeiter und erwirtschaften
laut Zöllner rund 60% der gesamten Umsätze. Bei ihnen ist der Bankkredit weiterhin das dominierende
Finanzierungsinstrument. Dennoch gewinnen Finanzierungen über den Kapitalmarkt auch für österreichische
Unternehmen an Bedeutung. So hatten 170 Unternehmen zum Jahresultimo 2004 Anleiheemissionen in der Gesamthöhe
von 24 Mrd Euro ausstehen. 55% davon entfielen auf Emissionen von jeweils mehr als 200 Mio Euro. Die fünf
größten Anleiheemittenten zeichneten für rund 44% des gesamten Emissionsvolumens verantwortlich,
die 20 größten für über drei Viertel. Die Entwicklung in diesem Segment der Unternehmensfinanzierung
ist daher, so Direktor Zöllner, stark von einigen großen Unternehmen, insbesondere aus dem Industrie-
und Infrastrukturbereich, bestimmt.
84 österreichische Firmen sind mit ihren Aktien an der Wiener Börse notiert. Die Börsenkapitalisierung
dieser Unternehmen betrug zum Jahresende 2004 39 Mrd Euro (17% des BIP). Die Performance der Aktienkurse dieser
Unternehmen fiel 2004 besonders positiv aus, der Marktwert konnte um 43% gesteigert werden. Die gesamte Eigenkapitalfinanzierung
überstieg mit 125 Mrd Euro zum Jahresultimo 2004 erstmals den Wert der ausstehenden inländischen Bankkredite
(121,5 Mrd Euro).
Von den ausstehenden Gesamtverpflichtungen der österreichischen Firmen zum Jahresultimo 2004 in Höhe
von 315 Mrd Euro (134% des BIP) waren rund 48% in Form von Anleihen und Eigenkapital finanziert. Seit Beitritt
zur EU bzw. insbesondere seit Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion stieg sowohl die Bedeutung der Finanzierung
direkt über den Kapitalmarkt als auch - daraus folgend - die Bedeutung des Auslandes als Gläubiger der
österreichischen Unternehmen. Zum Jahresultimo 2004 waren rund 30% (93 Mrd Euro) der Unternehmensverpflichtungen
in Hand ausländischer Gläubiger, während dieser Anteil im Jahr 1995 nur 17% betragen hatte.
Im Euroopäischen Vergleich fällt der nach wie vor sehr hohe Anteil der Kreditfinanzierung der österreichischen
Unternehmen auf, obwohl er während der letzten zehn Jahre von 61% (1995) auf unter 50% reduziert wurde. Gleichzeitig
gehört Österreich zu jenen Euroopäischen Ländern, die den Anteil der Kapitalmarktfinanzierung
beträchtlich erhöhten. Der Anteil der Anleihe- und Aktienfinanzierung stieg in den vergangenen zehn Jahren
von 35% auf 48%. Damit näherte sich die Finanzierungsstruktur von Österreichs Firmen so Dr. Schubert
dem Euroopäischen Durchschnitt. Das Potenzial für eine Fortsetzung dieser Entwicklungen sei gegeben,
da die Eigenkapitalquote mit knapp 40% bei Österreichs Betrieben nach wie vor unter dem Euroopäischen
Durchschnitt liegt.
Was die Geldvermögensbildung und Finanzierung der anderen Sektoren der österreichischen Volkswirtschaft
betrifft, so haben laut Direktor Zöllner die privaten Haushalte 2004 ihr Geldvermögen um 17,2 Mrd
Euro und ihre Schulden um 7,7 Mrd Euro ausgeweitet, während der Staat seine Verbindlichkeiten um 4 Mrd Euro
und seine Forderungen um 1,4 Mrd Euro ausbaute. Der Finanzierungssaldo des finanziellen Sektors ist wieder nahe
bei Null.
In der heute von der Oesterreichischen Nationalbank veröffentlichten Publikation Sonderheft Statistiken
Finanzvermögen 2004 werden detaillierte Daten und Beschreibungen der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung
für 2004 zur Verfügung gestellt. |