Verfassungsausschuss empfiehlt Annahme des Koalitionsvorschlags
Wien (pk) - Ob es zu Änderungen beim Bestellmodus für den Bundesratspräsidenten kommen
wird, ist weiter offen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats sprach sich am Dienstag (07. 06.) zwar mehrheitlich
dafür aus, einen Vorschlag der Koalitionsparteien zu verabschieden, aufgrund der ablehnenden Haltung der SPÖ
ist es aber fraglich, ob im Plenum des Nationalrats die für einen Beschluss erforderliche Zweidrittelmehrheit
zustande kommen wird.
Gemäß dem VP-FP-Vorschlag, der bei der Abstimmung im Verfassungsausschuss auch von den Grünen unterstützt
wurde, soll den Landtagen künftig die Möglichkeit eingeräumt werden, die von ihnen entsandten Bundesratsmitglieder
der jeweils stärksten Landtagsfraktion umzureihen. Damit will man verhindern, dass ein umstrittenes erstgereihtes
Mitglied des Bundesrats automatisch Bundesratspräsident wird, wenn sein Bundesland turnusmäßig
den Vorsitz in der Länderkammer übernimmt.
SPÖ und Grüne präsentierten im Verfassungsausschuss andere Gesetzesvarianten, eine Einigung zwischen
den Fraktionen wurde jedoch nicht erzielt. Nun soll bis zur Debatte über die Empfehlung des Verfassungsausschusses
im Plenum des Nationalrats weiterverhandelt werden. Die Grünen, von denen die Initiative für eine Verfassungsänderung
ausging, betonten, sie würden jedem Kompromiss zustimmen, der eine Übernahme des Bundesratsvorsitzes
durch Siegfried Kampl am 1. Juli verhindert.
Kampl hatte durch umstrittene Aussagen über Wehrmachtsdeserteure und die "Verfolgung" von Nationalsozialisten
in der Zweiten Republik die Debatte über eine Änderung des Bestellmodus für den Bundesratspräsidenten
ausgelöst. Er würde als erstgereihter Bundesrat des Landes Kärnten mit 1. Juli automatisch das Amt
des Bundesratspräsidenten übernehmen. Dies soll, darin waren sich alle Fraktionen im Verfassungsausschuss
einig, durch eine Gesetzesänderung verhindert werden.
Grundlage für die Diskussion im Verfassungsausschuss bildete ein Antrag der Grünen, zu dem von den Fraktionen
insgesamt drei verschiedene Abänderungsanträge eingebracht wurden. Eine Mehrheit fand dabei allerdings
nur der oben erwähnte VP-F-Abänderungsantrag.
Die Grünen hatten ursprünglich vorgeschlagen, den Vorsitzenden des Bundesrates halbjährlich vom
Bundesrat selbst aus dem Kreis jener Bundesräte wählen zu lassen, die der gleichen Partei wie der Listenerste
des jeweils zum Vorsitz berufenen Landes angehören. Sie legten jedoch im Laufe der Sitzung gemeinsam mit der
SPÖ eine Kompromissvariante vor, der zufolge der Bundesrat einen designierten Bundesratspräsidenten mit
Zweidrittelmehrheit ablehnen können soll. Daraufhin könnte der zuständige Landtag auf Vorschlag
der stärksten Landtagsfraktion eine Umreihung der von ihm entsandten Mitglieder in den Bundesrat vornehmen.
Dieser Abänderungsantrag war allerdings auch für die SPÖ nur "zweite Wahl". Sie präsentierte
zunächst einen eigenen Vorschlag, wonach es jeder Landtagsfraktion jederzeit möglich sein soll, ein auf
ihre Nominierung hin gewähltes Bundesratsmitglied abzusetzen und eine andere Person vorzuschlagen. Damit könnten,
wie Abgeordneter Josef Cap argumentierte, sowohl Siegfried Kampl als auch John Gudenus zum Rücktritt gezwungen
werden.
Dieser Vorschlag der SPÖ stieß bei den anderen Fraktionen allerdings auf breite Ablehnung. So meinte
ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka, eine Umsetzung des Vorschlags würde das freie Mandat gefährden.
Es könne nicht Wunsch und Wille einer demokratischen Partei sein, dass ein Mitglied des Bundesrates ständig
davon bedroht sei, von seiner Fraktion abgezogen zu werden. Auch seine Fraktionskollegin Ulrike Baumgartner-Gabitzer
und andere ÖVP-Abgeordnete beharrten auf der Beibehaltung des freien Mandats. Grünen-Chef Alexander Van
der Bellen hielt fest, der SPÖ-Vorschlag schieße "weit übers Ziel hinaus".
Die Ablehnung des ursprünglichen Antrags der Grünen und der gemeinsamen SP-G-Kompromissvariante begründeten
die Koalitionsparteien damit, dass ihrer Ansicht nach die Entscheidung über den Bundesratsvorsitz beim jeweiligen
Landtag bleiben soll. Es solle nicht so sein, dass andere Bundesländer darüber entscheiden, wer von einem
Bundesland für den Bundesratsvorsitz ausgewählt wird, konstatierte etwa Abgeordneter Roderich Regler
(V), der sich zudem dafür aussprach, das "gelindeste Mittel" einzusetzen. Es handle sich zwar um
eine Anlassgesetzgebung, räumte er ein, man müsse aber eine auf Dauer sinnvolle Regelung finden.
Ähnlich argumentierte auch Abgeordneter Josef Bucher (F), der zudem Bedauern darüber äußerte,
dass Kampl nicht von sich aus zurücktreten wolle. Sowohl Bucher als die ÖVP zeigten sich allerdings zuversichtlich,
dass es bis zur Beschlussfassung im Plenum des Nationalrats gelingen wird, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Abgeordnete Terezija Stoisits (G) zeigte sich darüber erfreut, dass nach den ersten negativen Reaktionen aller
Parteien auf den Antrag der Grünen nunmehr doch eine Gesetzesänderung als sinnvoll erachtet würde.
Sie plädierte für eine Annahme des ursprünglichen G-Antrags, da dieser, wie sie argumentierte, dem
Bundesrat einen aktiven Part einräume. Damit würde die zweite Kammer des Parlaments gestärkt, ohne
dass es zur Einschränkung des freien Mandats komme. Stoisits betonte jedoch die Bereitschaft der Grünen,
auch anderen Lösungen zuzustimmen, die die Übernahme des Bundesratsvorsitzes durch Kampl mit 1. Juli
verhindern.
Dienstrechts-Novelle 2005 vertagt
Mit VP-FP-Mehrheit vertagt wurde die von der Regierung vorgelegte Dienstrechts-Novelle 2005, die zahlreiche Detailänderungen
für den öffentlichen Dienst bringt. Unter anderem geht es um die Anpassung diverser Dienstrechtsvorschriften
an die erfolgte Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie, die Aktualisierung des für Besoldungseinstufungen
maßgeblichen Richtverwendungskatalogs, die Anhebung der Beitragsgrundlage für Zeiten der Familienhospizkarenz
auf 1.350 €, Schutzbestimmungen für minderjährige Zeugen in Disziplinarverfahren und um eine Verwaltungsvereinfachung
bezüglich des Fahrtkostenzuschusses. Zudem wird sichergestellt, dass für Landeslehrer, die in ein anderes
Bundesland oder in den Bundesdienst wechseln, das harmonisierte Beamtenpensionsrecht weiter gilt.
Ersatzlos gestrichen werden der Todesfall-, der Bestattungskosten- und der Pflegekostenbeitrag für Beamte.
Diese finanziellen Hilfen wurden zuletzt nur noch an Angehörige von verstorbenen Beamten im Dienstand ausgezahlt,
der Verfassungsgerichtshof hat die 2001 eingeführte Differenzierung zwischen Beamten des Dienststandes und
Beamten des Ruhestandes jedoch als verfassungswidrig aufgehoben. Die nunmehrige gänzliche Streichung begründet
die Regierung damit, dass der Todesfallbeitrag als historisch überholt betrachtet werden könne und sowohl
der Bestattungskosten- als auch der Pflegkostenbeitrag praktisch keine materielle Bedeutung mehr hätten. Durch
die Streichung der finanziellen Hilfen erwartet sich die Regierung Einsparungen im Ausmaß von 26,1 Mill.
€ jährlich.
Die Vertagung wurde von Abgeordnetem Fritz Neugebauer (V) damit begründet, dass die von der Regierung zugesagte
Penisonskassenregelung für Beamte, die unter das harmonisierte Pensionsrecht fallen, eingebaut werden und
noch einmal über eine sozial verträgliche Lösung bezüglich der Abschaffung des Todesfallbeitrags
verhandelt werden solle. Ein Antrag der Koalition, mit dem dringliche Punkte aus dem Gesetzentwurf herausgenommen
und vorab gesondert beschlossen werden sollten, wurde von Ausschussvorsitzendem Peter Wittmann nicht zugelassen.
Die Opposition zeigte sich über die Vertagung der Gesetzesnovelle verärgert. Ausschussvorsitzender Peter
Wittmann erinnerte daran, dass die heutige Sitzung des Verfassungsausschusses auf dringenden Wunsch der Regierungsparteien
anberaumt wurde, um die Dienstrechtsnovelle zu beschließen. Abgeordnete Terezija Stoisits (G) verwies darauf,
dass ein Gesetzesvorhaben des Landes Oberösterreich durch die Vertagung blockiert sei.
Inhaltlich wurde die Gesetzesnovelle lediglich von der SPÖ abgelehnt. Abgeordneter Otto Pendl begründete
dies u.a. damit, dass die versprochene Pensionskassenregelung für Beamte immer noch nicht ausverhandelt und
auch bezüglich der besoldungsrechtlichen Einstufung von Fachhochschulabsolventen noch keine Lösung gefunden
worden sei. Zudem kritisierten er und seine Fraktionskollegen die Abschaffung des Todesfallbeitrags und die Strukturierung
der Personalvertretung, die nach Meinung der SPÖ politisch motiviert ist. |