Weitere Schritte in Richtung Europäische Raumfahrtpolitik  

erstellt am
08. 06. 05

Paris/Kiem (esa) - Am Dienstag (07. 06.) fand im Konferenzzentrum Kiem in Luxemburg die zweite gemeinsame und begleitende Tagung des ESA-Rates auf Ministerebene und des EU-Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ (Binnenmarkt/Industrie/Forschung), des sogenannten Weltraumrates, statt.

In Absprache mit öffentlichen und privaten Beteiligten arbeitet der Weltraumrat an der Festlegung einer kohärenten Raumfahrtpolitik und der zugehörigen Programme, die die Tätigkeiten der EU, der ESA und ihrer Mitgliedstaaten bündeln sollen. Ziel ist die Billigung einer Europäischen Raumfahrtpolitik und eines Europäischen Weltraumprogramms für die Zeit bis 2013 auf der für November dieses Jahres geplanten dritten Tagung des Weltraumrates.

Die Leitlinien für das Europäische Weltraumprogramm beruhen auf dem Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ESA und auf dem Übereinkommen der ESA. Auf dieser zweiten Tagung bestätigte der Weltraumrat, daß die Europäische Raumfahrtpolitik folgende Hauptbestandteile umfassen sollte:

  • eine Europäische Raumfahrtstrategie;
  • ein Europäisches Weltraumprogramm, das dieser Strategie Rechnung trägt und die entsprechenden Kosten und Finanzierungsquellen widerspiegelt;
  • eine Verpflichtung der Hauptakteure auf ihre Rollen und Verantwortlichkeiten;
  • die wichtigsten Durchführungsgrundsätze.


Ziel der Strategie ist die Entwicklung immer fortschrittlicherer, am Bedarf der Nutzer ausgerichteter Weltraumsysteme. Die aus den entsprechenden Diensten erwachsenden Vorteile müssen allen zugute kommen. Aufgabe der EU wird es sein, den Nutzerbedarf zu ermitteln und den politischen Willen hierfür aufzubauen, während die ESA und ihre Mitglied- und Kooperierenden Staaten für die Zukunft wegbereitende Weltraumtechnologien und -systeme entwickeln und Spitzenleistungen in der weltraumgestützten wissenschaftlichen Forschung anstreben sollen.

Die Prioritäten des Europäischen Weltraumprogramms verteilen sich wie folgt: Die EU wird sich im Hinblick auf die Verwirklichung ihrer Politik auf weltraumgestützte Anwendungen konzentrieren, insbesondere Galileo und die Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES). Schwerpunkte der ESA werden die Erforschung des Weltraums und die grundlegenden Mittel, von denen die Nutzung und Erforschung des Weltraums abhängen, sowie die Sicherstellung eines garantierten Zugangs zum Weltraum durch eine vollständige und wettbewerbsfähige Trägerfamilie, Spitzenleistungen in der Weltraumwissenschaft und die Nutzung ihrer Fachkenntnisse bei der Exploration des Planetensystems und der Entwicklung von Technologien zur Erhaltung einer wettbewerbsfähigen europäischen Raumfahrtindustrie sein.

Die hierfür seitens der EU, der ESA und der Mitgliedstaaten benötigten Investitionen sollen in den kommenden Monaten bestimmt werden und dann die üblichen Haushalts- und Programmgenehmigungsverfahren beider Organisationen durchlaufen. Durch die Koordinierung ihrer Anstrengungen werden die Akteure sicherstellen, daß neue Investitionen zu weiteren Ergebnissen führen. Die Finanzierungsquellen für Weltraumtätigkeiten werden für die EU das 7. Rahmenprogramm für Forschung, Technologie und Entwicklung, das Programm für die Transeuropäischen Netze und das Programm für Wettbewerb und Innovation und für die ESA die Beiträge ihrer Mitgliedstaaten zu ihren obligatorischen und fakultativen Programmen sein.

Im Einklang mit dem EG/ESA-Rahmenabkommen und gestützt auf die Management- und technische Erfahrung der ESA sowie in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Agenturen und Stellen in Europa wird die Leitung der EU-Weltraumprogramme auf Effizienz ausgerichtet sein. Der Leitung der Programme der ESA werden die Vorschriften des ESA-Übereinkommens zugrunde liegen. Die Beschlüsse über künftige Programme, die auf der nächsten Tagung des ESA-Rates auf Ministerebene im Dezember dieses Jahres zu treffen sind, sowie der Beschluß über die Finanzielle Vorausschau der EU werden ausschlaggebend dafür sein, inwieweit das Programm den ehrgeizigen Zielen der Europäischen Raumfahrtpolitik gerecht werden kann.

Die zweite Tagung des Weltraumrates wurde gemeinsam von Edelgard Bulmahn, der deutschen Ministerin für Bildung und Forschung und gegenwärtigen Vorsitzenden des ESA-Rates auf Ministerebene, und François Biltgen, dem luxemburgischen Minister für Arbeit, Kultur, Hochschulwesen und Forschung und amtierenden Vorsitzenden des EU-Rates „Wettbewerbsfähigkeit“, geleitet. Zu den Teilnehmern gehörten der für Unternehmen, Industrie, Wettbewerbsfähigkeit und Raumfahrt zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Günter Verheugen, und der Generaldirektor der ESA, Jean-Jacques Dordain.

Ministerin Bulmahn zu der Tagung: „Heute setzen wir ein bedeutendes Zeichen: Die ESA und die EU gehen auf ihrem Weg, die Raumfahrt in den Dienst der europäischen Bürger und der Politik der EU zu stellen, voran. Auf der langjährigen Erfahrung der ESA aufbauend wird das Europäische Weltraumprogramm Europa in die Lage versetzen, die politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Herausforderungen von morgen zu meistern.“

Ihr luxemburgischer Kollege Biltgen fügte hinzu: „Indem wir uns auf wesentliche Teile der künftigen Europäischen Raumfahrtpolitik geeinigt haben, sind wir heute im Hinblick auf die Aufstellung eines gemeinsamen Europäischen Weltraumprogramms einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Damit sind die Voraussetzungen für die Billigung einer Europäischen Raumfahrtpolitik und eines Europäischen Weltraumprogramms auf der für Ende 2005 geplanten dritten Tagung des Weltraumrates geschaffen.“

Kommissionsvizepräsident Verheugen äußerte sich „dankbar für die uneingeschränkte Unterstützung, die der Weltraumrat der Kommission heute signalisiert hat. Wir werden nun mit voller Energie weiterarbeiten und unseren Vorschlag für eine Europäische Raumfahrtpolitik und ein Europäisches Weltraumprogramm fertigstellen. Damit werden die programmatischen Prioritäten für die künftige Entwicklung von Weltraumanwendungen in Europa festgelegt.“

Abschließend erklärte ESA-Generaldirektor Dordain: „Die ESA, die gerade ihr dreißigjähriges Bestehen gefeiert hat, konnte dank der stetigen Unterstützung ihrer Mitgliedstaaten den europäischen Raumfahrtsektor zu einem Hauptakteur auf der Weltbühne machen und ist gleichzeitig ein respektierter Partner geworden. Nun wird die Europäische Raumfahrtpolitik in die größeren Ambitionen Europas einbezogen, wodurch die Raumfahrt in der Zukunft ein weitaus größeres und stärker integriertes Vorhaben sein wird. Die ESA ist bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen und in Zukunft eine bedeutendere Rolle für Europa zu übernehmen.“

Hintergrund
Der Weltraumrat wurde gebildet, um die Gemeinschaftstätigkeiten der Europäischen Gemeinschaft und der ESA nach ihrem im Jahr 2003 geschlossenen und im Mai 2004 in Kraft getretenen Rahmenabkommen zu koordinieren und zu vereinfachen.

Die erste Tagung des Weltraumrates fand am 25. November 2004 in Brüssel statt.

Das Rahmenabkommen verfolgt zwei Hauptziele. Das erste ist die kohärente und schrittweise Entwicklung einer umfassenden Europäischen Raumfahrtpolitik, die insbesondere die Nachfrage nach Diensten und Anwendungen, die zur Unterstützung der Tätigkeit der Gemeinschaft Weltraumsysteme verwenden, und die für die Befriedigung dieser Nachfrage notwendige Bereitstellung von Weltraumsystemen und -infrastruktur aufeinander abstimmen soll. Die ESA handelt de facto als ausführende Organisation der EU.

Das zweite Ziel ist die Schaffung einer gemeinsamen Grundlage und geeigneter praktischer Regelungen für eine effiziente Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen zwischen der ESA und der Europäischen Gemeinschaft unter voller Wahrung der institutionellen Rahmenbedingungen und der operationellen Konzepte jeder Einrichtung, um die Durchführung von Gemeinschaftsvorhaben zu erleichtern und der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten zum Nutzen aller europäischen Bürger eine solide Grundlage zu geben.

In den vergangenen drei Jahren haben die EU und die ESA gemeinsam an einer europäischen Raumfahrtpolitik gearbeitet, die die Ziele für die Raumfahrt bestimmt und Prioritäten für sie setzt. Das Europäische Weltraumprogramm, das Ende 2005 auf einer Tagung des Weltraumrates gebilligt werden soll, wird einen gemeinsamen Rahmen bilden, der im Hinblick auf die Erreichung der mit der Europäischen Raumfahrtpolitik gesteckten Ziele sämtliche von der EG, der ESA und anderen Beteiligten in Angriff zu nehmende Tätigkeiten und Maßnahmen umfassen wird.

Das Europäische Weltraumprogramm wird im Licht der allgemeinen Empfehlungen aus dem Weißbuch zur Raumfahrt aufgestellt. Dieser Aktionsplan wurde im Hinblick auf die Verwirklichung einer erweiterten europäischen Raumfahrtpolitik im November 2003 von der Europäischen Kommission angenommen. Das gemeinsam mit der ESA ausgearbeitete Weißbuch enthält Vorschläge für gemeinsame Initiativen der EG und der ESA und sieht als Grundlage für deren Durchführung das Rahmenabkommen vor.

     
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