Österreichs EU-Politik   

erstellt am
17. 06. 05

 Gusenbauer: "EU-Gipfel darf nicht zu Gipfel der Ratlosigkeit werden"
"Jetzt ist Schüssels Leadership gefragt"
Salzburg (sk) - "Von Vornherein zu kapitulieren und zu einem Gipfel der Ratlosigkeit zu fahren, halte ich für den völlig falschen Weg", kritisierte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Donnerstag (16. 06.) in einer Pressekonferenz die "defensive Herangehensweise" von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich des EU-Gipfels. "Ich frage mich, wo hier der Gestaltungswille bleibt", so Gusenbauer, der die hohen EU-Subventionen an den Agrarindustriellensektor kritisierte und mehr Geld für Wissenschaft, Forschung bessere Bildung und Infrastruktur forderte. "Die, die glauben, man braucht in Europa nichts ändern und kann einfach über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger drüberfahren, sind die wahren Totengräber der Europäischen Union", machte Gusenbauer klar und plädierte einmal mehr für einen Kurswechsel in der EU-Politik.

Für den völlig falschen Kurs in der EU-Politik seien die Mehrheit der Staats- und Regierungschefs verantwortlich, unterstrich Gusenbauer: "Wenn man zu Europa steht, muss man für einen Kurswechsel plädieren, die Herausforderungen annehmen und den Menschen signalisieren, dass man ihre Ängste ernst nimmt", zeigte sich Gusenbauer überzeugt. Europa könne nur dann funktionieren, wenn die Zustimmung nicht nur zum Europäischen Projekt sondern auch zur EU-Politik gegeben sei. Der Bundeskanzler müsse sich die Frage stellen: "Wieso soll Österreich mehr zahlen, wenn erstens viel Geld für das Falsche ausgegeben wird und zweitens von vielen Staaten die Bereitschaft, die Last auf mehrer Schultern zu verteilen, fehlt", so Gusenbauer. Er stellte klar, dass Österreich gerne bereit sei, die neuen Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die Zeit aber für manche Staaten gekommen sei, von Solidaritätsnehmern zu Solidaritätsgebern zu werden. In diesem Zusammenhang verwies Gusenbauer auf den Britenrabatt. Gusenbauer zeigte sich allerdings erfreut, dass nicht alle Konservativen so "vernagelt" wie Schüssel seien. So habe auch Busek heftige Kritik an der EU-Führung geübt. Wortwörtlich habe Busek angesichts der aktuellen Krise in der EU gesagt, dass er ein "so dummes Verhalten noch nie gesehen hat".

Der SPÖ-Vorsitzende kritisierte, dass die EU nach wie vor 40 Prozent ihrer Mittel zur Subvention des Agrarindustriellensektor - der auch für Tiertransporte, Massentierhaltung und den Ruin der Landwirtschaft in Teilen der Dritten Welt verantwortlich sei - ausgebe. "Diese EU-Agrarpolitik hat dazu geführt, dass es immer weniger Kleinbauern gibt", so Gusenbauer, der kritisierte, dass Schüssel jetzt nach Brüssel fahre und so tue, als ob er diese Bauern verteidigen würde. "Das ist ein verantwortungsloses Scheingefecht, es geht nicht um die kleinen Bauern, sondern um die Interessen der Industrie". Die europäische Landwirtschaft müsse in Richtung Nachhaltigkeit gehen, auch die Agrarpolitik brauche einen Kurswechsel, so Gusenbauer. "Weg von der Förderung von Großstrukturen, die in Wirklichkeit den Lebensraum zerstören und immense Überschüsse produzieren, hin zu Nachhaltigkeit und Förderung von Biobauern".

 

 Fasslabend: Gusenbauers Europa-Kurs für Genossen unverständlich
Von Androsch bis Vranitzky, von Häupl bis Swoboda hagelt es "rote Watschn" für den populistischen Anti-Europa-Kurs
Wien (övp-pk) - Für seine populistische Kehrtwende in der Europa-Politik bekomme der SPÖ-Parteichef zurecht einen "roten Watschenbaum" verabreicht, sagte ÖVP- Europa- sprecher Dr. Werner Fasslabend am Donnerstag (16. 06.) angesichts der nicht mehr zu überhörenden Kritik an Gusenbauer aus den eigenen Reihen. Zuletzt hatte Androsch im "news"-Interview offen sein 'Entsetzen' über den unverständlichen Kurs geäußert und sogar von einer 'populistisch-opportunistischen Übung' gesprochen. "Gusenbauer wird immer mehr zur Marionette seiner medienpolitischen Berater, sein Europa-Kurs wird für seine Genossen immer unverständlicher", so Fasslabend.

Immer mehr zeige sich, dass der "neue Anti-EU-Kurs nur vom selbstverliebten SPÖ-Parteichef und seinem von reinem Opportunismus getriebenen Klubobmann getragen wird. Denn während Gusenbauer und Cap ihr leicht durchschaubares Spiel des polemischen Anti-EU- Populismus munter weiter treiben, sprechen sich anerkannte Größen innerhalb der SPÖ - namentlich Vranitzky, Swoboda, Häupl und Androsch - klar gegen eine Verlangsamung des europäischen Integrationsprozesses aus", betonte der ÖVP-Europasprecher.

Gusenbauer, vergrabe sich in seinem egozentrischen Gedanken- schloss und behauptet, 'er hat noch niemanden getroffen, der seine Kritik auf Basis der Vernunft widerlegen konnte', zitiert Fasslabend aus dessen NEWS-Interview. "Statt Räson walten zu lassen und den Österreicherinnen und Österreichern zu erklären, dass die europäische Integration ein wichtiger Teil der Antwort auf die drängenden Fragen der Beschäftigung, sozialen Sicherheit, Forschung und Bildung ist, hat sich Gusenbauer von Leadership und Regierungsverantwortung weit entfernt", so Fasslabend abschließend.

 

 Scheuch: Grundsätzlicher Neustart der EU notwendig
Chance auf Erneuerung nutzen
Wien (bpb) - "Die EU sollte nie ein Bundesstaat werden, sondern ein Bündnis europäischer Staaten! Eigenverantwortung und eine Renationalisierung in gewissen Bereichen wird notwendig sein, um die gemeinsame Idee eines geeinten Europas auf eine funktionierende Basis zu stellen! Diese EU-Verfassung ist jedenfalls gescheitert und bedarf eines grundsätzlichen Neustarts", stellten die BZÖ-Spitzen Vizekanzler Hubert Gorbach, Justizministerin Karin Miklautsch und Bündnissprecher Uwe Scheuch am Donnerstag (16. 06.) im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz fest.

"Eine Erhöhung österreichischer Beiträge an die EU bei Beibehaltung eines völlig überzogenen Britenrabatts darf es nicht geben! An diesem koalitionären Übereinkommen halten wir fest, bis gewährleistet ist, dass eine stärkere finanzielle Unterstützung durch Förderungen wieder an Österreich zurückfließt!", erklärte der geschäftsführende BZÖ-Obmann Vizekanzler Hubert Gorbach. Es könne nicht sein, dass Österreich zum Handkuss komme und mehr einzahlen müsse, nur weil die Briten nicht kompromissbereit wären, meinte Gorbach weiter.

Statt in der derzeitigen Situation die Ratifizierung der EU-Verfassung durchzudrücken, sollte man den potentiellen Beitrittsländern gegenüber fair sein und zuerst die bestehenden Strukturen auf eine funktionierende Basis stellen, stellte Karin Miklautsch fest. Dazu werde es notwendig sein, dass man die Bevölkerung mehr in diesen Prozess einbinde und informiere, um wieder zurück zu einem bürgernahen und transparenten Europa komme, so die Justizministerin weiter. "Dazu werden wir Zeit brauchen, die wir uns unbedingt auch nehmen sollten - auch wenn aus diesem Grund die Beitritte von zB Rumänien und Bulgarien aufgeschoben werden. Wir alle sind die EU und wir alle sollten die Chance nutzen, jetzt Verbesserungen durchzuführen", sagte Miklautsch.

Bündnissprecher Scheuch erklärte, dass man BZÖ-intern im Rahmen einer Klausur Schwerpunkte zum Thema "Zukunft Europa" ausarbeiten und dann in der Folge mit dem Koalitionspartner die weitere Vorgehensweise besprechen werde. "Momentan muss aber jede Erweiterung auf Eis gelegt werden. Und bevor die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger nicht vollständig aufgearbeitet sind, sollte sich an dieser Situation nichts ändern. Ein gesundes Wachstum bedarf einer gesunden Basis - und um die muss sich die EU jetzt vorrangig kümmern", stellte der BZÖ-Bündnissprecher abschließend fest.

 

 FPÖ startet Einleitungsphase für "Österreich bleib frei!"
Strache: FPÖ bleibt der Tradition der direkten Demokratie treu
Wien (fpd) - Ab Freitag (17. 06.) wird die FPÖ ihre Aktionstage in ganz Österreich für die notwendigen 8.034 Unterschriften zur Einleitung ihres Volksbegehrens „Österreich bleib frei!“ starten. „Wir, die echten Freiheitlichen, bleiben unserer Tradition der direkten Demokratie treu“, erklärte FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache am Donnerstag (16. 06.) unter Anspielung auf die „doppelbödige Haltung“ von Haiders BZÖ.

Am 15. Mai hätten die Politiker aller Parteien die Wiedererstehung der Republik und den Staatsvertrag gefeiert, den sie drei Tage zuvor mit ihrer Zustimmung zur EU-Verfassung „zu Grabe getragen“ hätten, kritisierte Strache. Er erinnerte an die FPÖ-Resolution vom Oktober 2004 zur Abhaltung einer Volksabstimmung die im zuständigen Verfassungsausschuss des Nationalrats zur Kenntnis genommen, also „ein Begräbnis 1. Klasse erhalten“ habe.

„Wir Freiheitliche spielen nicht mit bei diesem Konzert für Schüssel. Wir biedern uns im Gegensatz zu Gusenbauer, Van der Bellen und Haider nicht dem Machterhaltungsverein ÖVP an!“, sagte Strache. Ziel seien mindestens 100.000 Unterschriften. „Aber je mehr Österreicher unterschreiben, desto höher wird der Druck auf die Politiker den Forderungen des Volksbegehrens nachzukommen“, erklärte der FPÖ-Parteichef.

Denn die Österreicher wüssten, dass „die EU auf dem falschen Dampfer unterwegs“ sei. Der müsse gestoppt und in die richtige Richtung gelenkt werden. Strache kritisierte, dass die Österreicher mit falschen Versprechungen sonder Zahl – Erhalt von Schilling und Neutralität, Lösung der Transitfrage, mehr Arbeitsplätze – in die EU gelockt worden seien. „Und jetzt, wo unsere Bundesverfassung erneut gravierend geändert wird, wird den Bürgern ein Maulkorb verpasst. Aber nicht mit uns!“, kritisierte Strache.

Die FPÖ wird jetzt wieder ihre alte Rolle wieder ausfüllen, die einer starken Opposition, kündigte Strache an: „Die lästigen Blauen werden der schwarz/orange/rot/grünen Bevormundungspartie der Stachel im Fleisch sein!“ - Denn nicht die EU-Kritiker seien Schuld an der miserablen Akzeptanz der EU durch die Bürger. Sondern die Politiker, die Europa in diese Situation hineinmanövriert und ihre Lektion aus den Referenden in Frankreich und Holland nicht gelernt hätten, schloss Strache.

 

 Kurzsichtigkeit der Regierung bei EU-Beiträgen schadet Österreich
Wien (grüne) - "Die Position des Bundeskanzlers, so wenig wie möglich über der Ein-Prozent-Grenze ins EU-Budget zahlen zu wollen, ist ein Schnitt ins eigene Fleisch und schadet Österreich," erklärt Ulrike Lunacek, außenpolitische Sprecherin der Grünen, zum am Donnerstag (16. 06.) in Brüssel beginnenden EU-Ratsgipfel. Ohne entsprechende Beitragserhöhung (wie richtigerweise von der Kommission gefordert) und Abschaffung bzw. zumindest klarer Reduzierung des sogenannten 'Briten-Rabattes' werden weder die nötigen Forschungs- und Entwicklungsausgaben noch die gerade von der ÖVP gewünschten Agrarförderungen noch die Ausgaben für die Erweiterung zu bewerkstelligen sein, kritisiert Lunacek die Haltung der Bundesregierung. Höchste Zeit sei es auch, über alternative Finanzierungsquellen wie Kerosin- oder Devisentransaktionssteuer nicht nur zu reden, sondern sie umzusetzen, fordert Lunacek.

Zur EU-Verfassung schlagen die Grünen die Einrichtung eines neuen Konvents mit ParlamentarierInnen-Mehrheit sowie breiter Einbeziehung der Zivilgesellschaft vor. "Dieser Verfassungskonvent soll auch Antworten auf die brennenden sozialen Fragen, sowie zu den negativen Auswirkungen der Globalisierung erarbeiten. Das Nein in Frankreich und in den Niederlanden sei schließlich zu einem beträchtlichen Teil auf diese Themen zurückzuführen gewesen," schließt Lunacek.
     
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