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Bauern dürfen nicht Opfer der EU-Krise werden |
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Budgetkürzungen und WTO-Liberalisierung gefährden Agrarstandort
Europa Wien (aiz.info) - Heftige Kritik an der aktuellen Diskussion über die EU-Finanzvorschau und die insbesondere von Großbritannien, aber auch von der SPÖ geforderten Kürzungen im Agrarbereich übten Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch und der Vorsitzende der Landwirtschaftskammer Österreich, Rudolf Schwarzböck am Donnerstag (16. 06.). Allein die im Luxemburger Kompromissvorschlag genannte EU-Ausgabenobergrenze von 1,06% des BNE würde bereits dramatische Einschnitte für die österreichischen Bauern bedeuten. Mit zusätzlichen EU-Mitteln für die Beitritte von Rumänien und Bulgarien und Umschichtungen von der Strukturförderung in die ländliche Entwicklung sowie mit nationalen Ausgleichsmaßnahmen könnten diese Einbußen aber noch irgendwie erträglich abgefedert werden. Wenn nunmehr aber, von Tony Blair in England und Alfred Gusenbauer in Österreich, noch weitere Einschnitte und eine generelle Kürzung des Agrarbudgets verlangt werden, dann sei der Gipfel der Unerträglichkeit und Unsachlichkeit erreicht, betonte Schwarzböck. "Unsere Bauern sind keine Reformverweigerer. Sie haben verantwortungsbewusst den EU-Beitritt mitgetragen, sie haben mehrere Agrarreformen mitgemacht, Preissenkungen in mehreren Bereichen verkraftet und sie rechnen unter anderem auf Grund der anstehenden Reform der Zuckermarktordnung und der WTO-Verhandlungen mit weiteren Kürzungen. Die Landwirtschaft hat also genug Vorleistungen erbracht", stellte Grillitsch fest. Nach der jüngsten Totalreform der Gemeinsamen Agrarpolitik jetzt wieder alles in Frage zu stellen und den hohen Anteil der Landwirtschaft am EU-Budget zu kritisieren sei unseriös, sagte der Bauernbundpräsident an die Adresse von Gusenbauer, der sich offenbar mit seiner Kehrtwendung in der Frage der EU-Verfasssung und seiner Haltung zur Agrarpolitik von jeder sachlichen Diskussion verabschiedet habe. Schwarzböck: Agrarstandort Europa gefährdet "Die österreichische Bauernvertretung wehrt sich aus gutem Grund gegen die Pläne, Einsparungen im EU-Budget vor allem über Kürzungen im Agrarsektor zu erreichen. Mit dieser Politik gefährden wir nicht nur den Agrarstandort Europa, wir trocknen die Regionen finanziell aus und riskieren so unabsehbare negative Folgen im ökologischen und sozialen Gefüge des gesamten ländlichen Raumes", warnte Scharzböck. Außerdem würde dem landwirtschaftlichen Bereich jede Chance genommen, Arbeitsplätze in den strukturschwachen Regionen zu schaffen und zu sichern. "Wir appellieren daher anlässlich des heute beginnenden EU-Gipfels in Brüssel an die Staats- und Regierungschefs, im EU-Budget für eine nachhaltige Entwicklung des Agrarsektors und der Ländlichen Entwicklung entsprechende Vorsorge zu treffen", unterstrich Schwarzböck. Auch Kompromissvorschlag bedeutet bereits massive Kürzungen Die Europäische Kommission hat bekanntlich in der finanziellen Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 die Ausgabenobergrenze in der Höhe von 1,14% des EU-Bruttonationaleinkom-mens (BNE) vorgeschlagen. Die Nettozahler-Staaten wie etwa Deutschland (aber auch Österreich) verlangten eine Reduktion der Beiträge auf 1% des BNE. Der Budgetvorschlag der EU-Ratspräsidentschaft sieht als Kompromiss 1,06% vor, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat signalisiert, diesen Vorschlag unter bestimmten Umständen unterstützen zu können. "Wird der Vorschlag der Luxemburger Präsidentschaft angenommen und linear gekürzt, sind enorme Einschnitte die Folge. Das hieße für die Landwirtschaft dramatische Reduktionen, von denen unsere Bauern überdurchschnittlich stark betroffen wären. Allein für die Ländliche Entwicklung erhält Österreich bei 2% der EU-Agrarfläche einen Anteil von knapp 10% der dafür vorgesehenen EU-Gelder", so Schwarzböck. Dieser Bereich, der Impulse für den gesamten ländlichen Raum bringen solle, würde so ein Viertel bis ein Drittel der Förderungen verlieren, die Bergbauern könnten sogar ein Minus von bis zu 50% erleiden, gab der Vorsitzende zu bedenken. Auch der gesellschaftlich erwünschte und von den Konsumenten hoch geschätzte Biobereich, in dem Österreich die Europa-Spitze hält, würde von diesen Sparplänen schwer in Mitleidenschaft gezogen werden", erläuterte Schwarzböck. Mehr Aufgaben können nicht mit weniger Geld bewältigt werden "Die EU steht vor einer Reihe neuer Aufgaben. Allein Natura 2000 wird rund EUR 6 Mrd. kosten, für die im EU-Haushalt nicht ausreichend Vorsorge getroffen wurden. Ungeklärt ist auch, woher bei einem restriktiven Sparkurs die EUR 8 Mrd. für die neuerliche EU-Erweiterung um Rumänien und Bulgarien kommen sollen. Es ist absolut undenkbar, mit weniger Budget zusätzliche EU-Aufgaben und gleichzeitig eine um zehn Mitglieder größere EU zu finanzieren und innerhalb der Laufzeit dieses Sparbudgets die Union noch einmal erweitern zu wollen", hielt Schwarzböck fest. Unsachliche Kritik an vermeintlich "hohem" Anteil des Agrarbudgets Unverständlich ist für Schwarzböck und Grillitsch außerdem, dass in der Diskussion um notwendige Einsparungen auf EU-Ebene immer nur das Agrarbudget genannt wird. Während der Agrarbereich in den letzten Jahren mehrmals tief greifend und grundlegend reformiert worden sei, würden Gelder für die EU-Regionalpolitik seit 20 Jahren nach nahezu denselben Regeln ausgeschüttet, betonten sie. Wenn jetzt von Blair und Gusenbauer bemängelt werde, dass die Landwirtschaft mit etwa 40% einen überproportional hohen Anteil am gesamten EU-Budget habe, obwohl sie nur 5% der Bevölkerung ausmache, so müsse einmal mehr auf die tatsächlichen Fakten verwiesen werden. Erstens sei der Agraranteil am Budget ohnehin sinkend und mache nur 0,4% des Bruttonationaleinkommens aus. Und zweites müssten die genannten Herren wissen, dass die Agrarpolitik einer der ganz wenigen Politikbereiche sei, die auf EU-Ebene geregelt werden und daher logischerweise auch der Anteil am EU-Budget entsprechend hoch sei. Würde man jedoch seriöserweise alle nationalen Budgetmittel der Mitgliedstaaten und den EU-Haushalt zusammennehmen, so käme die Agrarpolitik nur auf etwa 2% der gesamten Budgetmittel. Briten-Rabatt muss diskutiert werden Auch der Beitrags-Rabatt für Großbritannien, mit einer Größenordnung von etwa EUR 5 Mrd. halb so groß wie das EU-Budget für die Ländliche Entwicklung, müsse in den kommenden Tagen zur Disposition stehen, forderte Grillitsch. Der Rabatt sei in dieser Höhe längst nicht mehr gerechtfertigt, England sei nicht mehr das Armenhaus Europas. Tony Blair müsse sich daher in dieser Frage bewegen. Die Bauern dürfen jedenfalls nicht die Opfer der EU-Krise werden. Für Schwarzböck ergibt sich angesichts der aktuellen Diskussionen ein grundsätzliches Problem: Nicht nur aus Sicht der Bauern bräuchte die Europäische Union eine Planbarkeit, Verlässlichkeit und Kontinuität in ihrer Politik. Genau diese Grundsätze würden aber jetzt von manchen Politikern in Frage gestellt. "Wir brauchen keine ständigen Nettozahler-Diskussionen, sondern wir brauchen mehr Solidarität in Europa. Die EU muss sich zu ihren eigentlichen Zielen bekennen", forderte Schwarzböck. Ansonsten steuere die Union auf die größte Krise der vergangenen Jahrzehnte zu. |
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