Umweltverbund als Modell der Zukunft - Individualisiertes Marketing für persönliche
Präferenz von Nutzern des ÖPNV
Wien (rk) - Weltweit leben derzeit rund 50 Prozent der Bevölkerung in städtischen Ballungsräumen
- Tendenz steigend, im EU-Bereich sind es an die 80 Prozent. Das bedeutet laufende Anforderungen an die Steigerung
der Lebensqualität auch in Umweltbelangen: Im Verkehrsbereich vor allem durch eine noch intensivere Förderung
des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), dazu durch einen konsequenten Ausbau von Radwegenetzen und
schließlich auch eine verstärkte Bewusstseinsbildung, kürzere (innerstädtische) Wege zu Fuß
zurückzulegen statt immer gleich mit dem Auto. Der Hauptsitz der Wiener Linien in Wien-Erdberg bot den Rahmen
für die Vortragsveranstaltung mit Diskussion zum Thema "Anforderungen und Grundlagen für die Kundenorientierung
im Verkehrsverbund Ost-Region", gemeinsam von VOR und Wiener Linien veranstaltet, und fußend auf den
umfangreichen Markt- und Verkehrsanalysen der "Socialdata" aus dem Jahr 2004. Im Vordergrund dabei das
Mobilitätsverhalten der einzelnen Gruppen von Verkehrsteilnehmern und sich vor allem für den ÖPNV
daraus ergebenden Folgerungen.
Einleitend dazu formuliert VOR-Geschäftsführer Direktor Manfred Novy: "Alle, die verantwortungsbewusst
und verantwortungsvoll im Bereich des öffentlichen Verkehrs tätig sind, müssen sich noch intensiver
mit den Kundenanforderungen befassen. Wir denken an einen neuen Umweltverbund, der den öffentlichen Personenverkehr,
Radfahrer und Fußgänger einschließt. - damit gehen wir in eine besonders sinnvolle, weil umweltschonende
und energiebewusste Richtung". Die gemeinsam von VOR und Wiener Linien initiierten Analysen basieren (Zahlen
gerundet) im Bereich der Stadt Wien auf 15.000 Personen mit 40.000 zurückgelegten Wegen. Im VOR-Bereich auf
18.000 Personen mit 48.000 Wegen. Es kristallisiert sich heraus, dass 48 Prozent über das ÖPNV-Angebot
weitgehend Bescheid wissen, aber bei Kenntnis dieser Alternative die Reisezeit von "Tür zu Tür"
durchschnittlich um 52 (!) Prozent überschätzen; die Reisezeit mit dem Auto wird dagegen um 25 Prozent
unterschätzt. Keine oder ganz unzureichende Kenntnisse über die Alternative einer ÖPNV-Benützung
haben 52 Prozent.
Daraus lässt sich ein eklatanter Informationsmangel ableiten, der aber kein heimisches Phänomen ist -
internationale Erfahrungen zeigen, so Socialdata-Experte W. Brög, dass das Auto weltweit immer besser eingeschätzt
wird. Was den VOR-Bereich betrifft, will man die Wahrnehmung des Systems verbessern, also Informationsmängel
beseitigen und auf das "Individualisierte Marketing" setzen. Dabei geht es einerseits darum, der Neigung
des Menschen für eine persönliche Präferenz bei der Verkehrsmittelwahl entgegen zu kommen und andererseits
darum, den zukünftigen Nutzer überhaupt dazu zu bringen, einen Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln
zurückzulegen. Wien nimmt dabei einmal mehr eine Vorreiterrolle ein: "In Wien ist es gar nicht möglich
nicht zu wissen, dass es das breite Angebot Wiener Linien gibt" (Zitat aus der Diskussion), nicht so günstig
lägen die Dinge im Umland, in Niederösterreich bestehe sehr wohl Nachholbedarf.
Das Mobilitätsverhalten an konkreten Zahlen gemessen, weist im Umland bei PKW einen Anteil von 50 Prozent
aus, der ÖPNV-Anteil in Prozenten gerade einmal zweistellig. In Wien sind nur 26 Prozent als PKW-Lenker unterwegs,
im Zielbereich "Umweltverbund" 64 Prozent, davon 34 Prozent mit den öffentlichen Linien. Hier nach
dem Fahrtzweck gerundet in Prozenten: zu/von der Arbeit 30, dienstlich/geschäftlich 3, zu/von der Ausbildung
21, Einkaufen 14, Fahrten zu öffentlichen Dienststellen, Post etc. 5, Freizeit 2. Nicht unterschätzt
werden darf das Hoffnungspotential; die Experten sehen eine Nutzungsmöglichkeit mittels ÖPNV für
32 Prozent aller Wege, das wären für den VOR-Bereich (ohne Wien) bis zu 23 Prozent mehr.
Um nicht bloß die bestehenden Anteile zu halten, sondern eine effektive Nachfragsteigerung (vor allem im
Gebiet um Wien) zu erreichen, "muss verstärkt Werbung betrieben werden, nicht nur über das System,
sondern über seine Wahrnehmung", unterstreicht Novy. Im Rahmen des erwähnten Individualisierten
Marketings (IM) wurden rund 50.000 Personen persönlich kontaktiert, und zwar (Zahlen gerundet) in Gemeinen
südlich on Wien 12.000, Schwechat 14.000, Klosterneuburg 12.000, Tulln 12.0000. Neben den Informationen über
die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten sind Punkte wie Einstellung und Meinung zum öffentlichen
Verkehr und Bewusstsein ("Awareness") im Sinne der von der VOR- Geschäftsführung eingangs postulierten
Kundenorientierung angesprochen. Als wichtige Folge wäre eine merkliche Reduktion der Autoeinpendler zu erwarten.
Themen und Probleme, die auch in der Diskussion ihren Niederschlag fanden, sind die oftmals viel zu niedrige Dotierung
der Öffentlichkeitsarbeit "Die öffentliche Hand hat viel Geld ausgegeben, aber die Information blieb
auf der Strecke" (Zitat). Nach wie vor herrscht vielfach Unzufriedenheit über Schwierigkeiten beim Zugang
zu den Anlagen, auch bezüglich de Anschlusssicherung für die Fahrgäste. Bei den Parkmöglichkeiten
(Stellflächen) bei den Anschlussbahnhöfen zeichnen sich befriedigende Lösungen ab, so die VOR-Geschäftsführung
(Mag. Schroll). Bei den Evaluierungen aus den Analysen ist auch an das Einfließen in den Wiener Masterplan
Verkehr und in Infrastruktuprojekte gedacht. so der Socialdata-Projektleiter, vor allem über die Wiener Linien. |