Sozialpolitik / "Familienallianz"  

erstellt am
23. 06. 05

 Schüssel: soll Sicherheit geben und wertorientiert für Familien eintreten
Bundeskanzler bei der festlichen Konstituierung der Familienallianz im Parlament
Wien (övp-pk) - Diese Familienallianz soll materielle Sicherheit geben, werteorientiert für Familien eintreten und die Wirtschaft ermutigen, auf dem Weg zu einer kinderfreundlichen Gesellschaft einen Beitrag zu leisten. Das sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Mittwoch (22. 06.) bei der Festveranstaltung "50 Jahre FLAG - der österreichische Weg der Familienförderung" anlässlich der festlichen Konstituierung der "Familienallianz" im Parlament. Diese Regierung habe durch das Kindergeld und die verschiedenen Formen der Pensionsreform etwas in Bewegung gesetzt, was nicht selbstverständlich sei, erinnerte Schüssel daran, dass Österreich zum familienfreundlichsten Land in Europa gekürt wurde.

Der Familienfonds sei etwas absolut Einmaliges. 4,5 Prozent der Lohnsumme werden jährlich von Betrieben eingezahlt, um damit die Familien dauerhaft abzusichern. "Wir haben damit einen selbständigen autonomen Familienfonds, der ausschließlich den Familien gehört." Familienlobbies in anderen Ländern würden neidvoll auf diesen Fonds blicken, der dem politischen Zugriff und Konjunkturschwankungen entzogen sei.

"Mit diesem Familienfonds werden nicht nur die klassische Familienbeihilfe, das Kindergeld oder Mutterschaftsleistungen finanziert, sondern auch Leistungen, die für Österreich sehr viel Positives und Segensreiches bewirkt haben", verwies der Kanzler darauf, dass in Österreich vier Versuche der In-vitro-Fertilisation finanziert werden. "Durch diese einmalige Leistung erblicken jedes Jahr etwa 1000 Kinder zusätzlich das Licht der Welt", freut sich der Kanzler.

Diese Familienallianz sei wichtig, weil Familienpolitik niemals nur Geldpolitik sein könne. "Wir können noch so gute materielle Bedingungen anbieten, wir können uns keine Kinder kaufen. Eine kinderfreundliche Gesellschaft kann nicht nur durch materielle Anreize geschaffen werden." Diese würden zwar eine wichtige und notwendige Basis darstellen, um vor allem Mehrkindfamilien aus der Armutsfalle zu bringen, aber entscheidend sei auch ein Bekenntnis zu Ehe und Familie. Dort könne die meiste Sicherheit für Beziehungen und Kinder geboten werden. Es sei vielleicht "nicht modern, aber wichtig", darauf hinzuweisen und einen Anreiz für Ehe und Familien auszusprechen, - nicht vergessend, dass es auch andere Partnerschaften des Zusammenlebens gibt.

Es gehe bei der Familienallianz aber nicht nur um die Politik, sondern auch um die Wirtschaft. In Österreich werde es in zehn bis 15 Jahren eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt geben, qualifizierte Männer und Frauen würden gesucht werden. Es sei schon jetzt die Aufgabe von vorausschauenden Personalmanagern, die Betriebe so zu gestalten, dass sie familienfreundlich sind und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bieten.

Wichtig sei zudem, dass die Partnerschaft im Zentrum dieser Allianz stehe. Noch immer werde die Erziehung zu einem Großteil den Frauen übertragen. Auch eine Solidarität der Gesellschaft, der Politik, und der Institutionen, die eine echte Wahlfreiheit ermögliche, gehöre dazu. Zudem sei die Öffentlichkeit ein wichtiger Partner. Notwendig sei die Ermutigung in den Medien und in der Öffentlichkeit durch positive Beispiele und best practice-Modelle.

Die demografische Entwicklung und die Rücksicht auf die junge Generation könnte auch während der österreichischen EU-Präsidentschaft ein interessantes Thema sein, so der Kanzler abschließend.

 

Kuntzl: Selbstinszenierung statt Reformen
Feier zu 50 Jahre FLAG sinnvoll nutzen
Wien (sk) - "Die heutige Konstituierung der so genannten 'Familienallianz' hinterlässt viele Fragezeichen. Hier wird entweder versucht, Familienpolitik an private Institutionen zu delegieren, oder es handelt sich wieder um Selbstinszenierung und Dampfplauderei ohne tatsächliche Verbesserungen für Familien." SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl zeigte sich am Mittwoch (22. 06.) verwundert über die von Bundesministerin Ursula Haubner und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel initiierte "Allianz der Fragezeichen". Diese Allianz solle die "Umsetzung wirksamer Lösungen zur Vereinbarkeit" vertreten und "alle Maßnahmen koordinieren", wie es in einer Aussendung des Sozialministeriums heißt. Weiters zeugten Schüssels nebulose Aussagen betreffend Wertorientierung und dem "Bekenntnis zu Ehe und Familie" von einem "sehr weltfremden Familienbild des Bundeskanzlers".

"Welche Maßnahmen sollen von welchen Institutionen koordiniert werden? Die Umsetzung von familienpolitischen Maßnahmen kann nicht an private Unternehmen delegiert werden. Anstatt sich selbst mit der Unfehlbarkeit der derzeitigen Familienpolitik ruhig zu stellen, sollte die Regierung dringend notwendige Reformen in Angriff nehmen." Kuntzl nannte gegenüber dem Pressedienst der SPÖ konkrete Problemfelder: "Der Familienlastenausgleichsfond (FLAF) steht finanziell auf tönernen Beinen. Schließlich werden alle wichtigen familienpolitischen Maßnahmen aus diesem Topf bezahlt, der seit Jahren stark defizitär ist. 2006 übersteigt das Minus des Reservefonds die 1 Milliarde Euro Grenze! Es ist absurd, dass sich angesichts dieser Entwicklung die Regierung wieder mal selbst feiert und ein konservatives familienpolitisches Kaffeekränzchen gründet."

"Der eklatante Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen wird weiterhin bloß ignoriert und weggerechnet. Nach dem Absturz Österreichs bei PISA sind wir uns zwar über die positiven Effekte der Frühförderung einig, Kindergartengartenplätze sind außerhalb Wiens trotzdem nach wie vor Mangelware. Wenn die Politik keine Rahmenbedingungen bereit stellt, bleibt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiterhin eine Privatangelegenheit mit der Familien allein zurande kommen müssen." Welche Art Verbesserung von der "Familienallianz" zu erwarten sind bleibt fraglich, so Kuntzl. "Die Familienallianz erweckt eher den Anschein einer konservativen Lobby, die das traditionelle Familienbild der Regierung propagieren soll. Leider wird hier wieder an den Lebenssituationen der Menschen vorbei geredet", schloss Kuntzl

 

Haubner: Starke Partner für die Zukunft der Familie
Wien (nst) - Die Familie ist die zentrale, tragende Säule unserer Gesellschaft. Die Familie schafft die Voraussetzungen für die Zukunftssicherung, das wirtschaftliche Wachstum und den sozialen Zusammenhalt unseres Landes. Neben der neuen finanziellen und sozialrechtlichen Anerkennung der Familienarbeit ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein zentrales Handlungsfeld der österreichischen Familienpolitik. Kinderwunsch und Erwerbstätigkeit müssen sich ergänzen können, das gilt gleichermaßen für Frauen und Männer und alle profitieren davon: die Kinder, die Eltern, die Unternehmen.

In diesem Sinne ist der Zusammenschluss aus Politik, Wirtschaft, Arbeitswelt, Medien und Wissenschaft in der Familienallianz eine erfolgversprechende Partnerschaft für Österreichs Familien, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in allen relevanten Bereichen zu vertreten und zu fördern. Im Rahmen eines feierlichen Festaktes in der Säulenhalle des Parlaments konstituiert sich am 22. Juni 2005 "Die Familienallianz". Mehr als 50 österreichische Unternehmen und Organisationen haben ihre Partnerschaft in der Familienallianz bereits angemeldet, viele weitere Unternehmen haben ihr konkretes Interesse am Beitritt bekundet.

Sozial- und Familienministerin Ursula Haubner ist überzeugt, dass es zur Stärkung der Familien einen breit getragenen Schulterschluss geben muss, denn "Familie geht uns alle an! Die Familienallianz vertritt als übergreifende Plattform die Umsetzung wirksamer Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und koordiniert alle Maßnahmen", so Haubner am Mittwoch (22. 06.).

 

Mandak: Höhepunkt an Selbstbeweihräucherungen
Wien (grüne) - "Die Konstituierung einer 'Familienallianz' durch die Regierung stellt einen weitern Höhepunkt von Selbstbeweihräucherung und hohlen Phrasen dar", kritisiert die Familiensprecherin der Grünen, Sabine Mandak am Mittwoch (22. 06.). Grundsätzlich sei die Idee, eine Familienallianz zu bilden, in der Politik, Interessensvertretungen, Wirtschaft und Medien zusammenarbeiten, ein positiver Ansatz. "Dazu müsste aber die Regierung ihre grundlegenden Aufgaben erfüllen und das tut sie derzeit nicht", so Mandak weiter.

Die Regierung stelle immer die Wahlfreiheit in den Mittelpunkt. Diese sei de facto in Österreich nicht möglich. "Hinten und vorne fehlen geeignete Kinderbetreuungsplätze und Tausende Eltern 'hängen in der Luft'. Dass trotz aller Förderungen die Armutsgefährdung der Familien drastisch gestiegen ist, wird von BK Schüssel und BM Haubner ignoriert", so Mandak.

Bei der "Familienallianz" handle es sich um eine männerdominierte Angelegenheit. So seien bei zwei Diskussionsrunden der heutigen Veranstaltung von zehn DiskutantInnen eine Frau dabei. "Wenn die Allianz so aussieht, dass wieder von oben her und von Seiten der Wirtschaft und der Männer erklärt wird, was Frauen brauchen, kann man getrost darauf verzichten", schließt Mandak.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

zurück