Österreichs EU-Politik  

erstellt am
22. 06. 05

 Schüssel: "Österreich wird sich intensiv an der Diskussion über die Zukunft Europas beteiligen"
Wien (övp-pd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bedauerte am Dienstag (21. 06.) nach dem Ministerrat das Scheitern der EU-Budgetverhandlungen. "Positiv ist allerdings der Beschluss, eine tief greifende Diskussion über die Zukunft Europas zu starten. Österreich wird sich intensiv daran beteiligen", so Schüssel. Kommissionspräsident José Manuel Barroso werde auch Österreich besuchen, und man wolle gemeinsam mit den Sozialpartnern, Parlamentariern und der Bevölkerung einen vertiefenden Dialog führen. "Im Herbst werden wir einen konkreten Vorschlag über den Verlauf der Debatte vorlegen", sagte Schüssel.

Trotz der Krise, in der sich die Europäische Union derzeit befinde, müsse an der Finanzvorschau weitergearbeitet werden. "Europa braucht dringend ein Budget für die Jahre 2007 bis 2013. Der Luxemburger Vorschlag, für den am Ende der Verhandlungen 22 Länder waren, hätte für Österreich und Europa einige wichtige Impulse gebracht. Am meisten profitiert hätten die Bereiche Forschung und Entwicklung", meinte Schüssel. "In dieser Finanzperiode sind 35 Milliarden Euro für Forschung vorgesehen. In der kommenden Budgetvorschau hätte dieser Betrag um 60 Prozent gesteigert werden sollen. Elf Milliarden wären aus dem EU-Budget geflossen. Ich habe den Vorschlag eingebracht, diesen Betrag um zusätzliche zehn Milliarden Euro aus der Europäischen Investitionsbank zu erhöhen. Diese Idee ist vom Vorsitz und von allen Rednern akzeptiert worden. Insgesamt hätten wir damit 21 Milliarden Euro mehr für die Forschung zur Verfügung gehabt", so der Bundeskanzler.

Ein Vergleich zwischen Forschungs- und Agrarbudget der EU sei dennoch nicht legitim, da der Löwenteil für die Forschung aus den nationalen Budgets der EU-Mitgliedstaaten stamme. Im Gegensatz dazu werde die Landwirtschaft ausschließlich aus EU-Mitteln finanziert. "Diese Reduktion um elf Milliarden Euro wäre der Forschung zugute gekommen", so Schüssel.

Für die Förderung der österreichischen Grenzregionen hätte die Luxemburgische Präsidentschaft Österreich zu den vorgesehenen 210 Millionen Euro noch zusätzliche 150 Millionen Euro zugestanden. "360 Millionen Euro für sieben Jahren hätten einen interessanten Impuls für die betroffenen Bundesländer gebracht", meinte Schüssel.

Für den gesamteuropäischen ländlichen Raum waren 45 Milliarden Euro für sieben Jahre vorgesehen, sechs Prozent wären nach Österreich geflossen. "Wir wissen nicht, wie die Debatte unter dem britischen Vorsitz weitergehen wird. Ich persönlich bedauere, dass wir die Chance nicht ergreifen konnten, zu einer Einigung zu kommen. Europa hätte eine gute Antwort gebraucht auf die vielen Fragezeichen, die derzeit über unserem Kontinent schweben. Österreich wäre dazu bereit gewesen."

 

 Cap zu Schüssel: "EU braucht einen Kurswechsel"
Wien (sk) - Den von Kanzler Schüssel angekündigte "breit angelegte Dialog" über die EU-Verfassung nach dem Scheitern der Verhandlungen über die Finanzen und den Abstimmungsniederlagen in Frankreich und den Niederlanden findet der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann grundsätzlich okay, dieses Vorhaben gehe allerdings am Kern des Problems vorbei. "Denn das Problem der EU ist nicht der Verfassungsvertrag, sondern eine neoliberale Politik und ein zu rascher Erweiterungsprozess, wodurch die Arbeitnehmer, die Löhne und die Wirtschaftsstandorte immer stärker unter Druck gesetzt werden", sagte Cap am Dienstag (21. 06.) gegenüber dem Pressedienst der SPÖ, der betonte, "dass die EU einen Kurswechsel braucht für mehr Wachstum und Beschäftigung und mit der Perspektive, auch eine Sozialunion zu werden".

Die "späte Einsicht des Kanzlers", dass es auch in Österreich einen dringenden Informationsbedarf zur EU-Verfassung gibt und dass die Regierung dabei eine Bringschuld hat, sieht Cap auch als Eingeständnis bisheriger Versäumnisse auf Seiten der Regierung.
     

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