Startschuss für ersten österreichischen Bildungsplan im Kindergarten - Experten tagen
am 21. Juni in Wien
Wien (rk) - Mit der Enquete "Bildung im Kindergarten" am 21. Juni fällt in der Bundeshauptstadt
der offizielle Startschuss für die Erstellung eines Bildungsplanes im Kindergarten. "Die Nahtstelle zwischen
Kindergarten und Schule muss viel enger werden - wie in anderen europäischen Ländern auch", formulierte
Vizebürgermeisterin Grete Laska die Ziele beim Mediengespräch. Deshalb ist es wichtig, verbindliche Bildungspläne
für die Zeit vor der Schule zu definieren. "Nachdem trotz der schlechten PISA- Ergebnisse keine Konsequenzen
im frühkindlichen Bildungsbereich gezogen wurden, sehe ich die Wiener Initiative als Pionierarbeit für
ganz Österreich", so Grete Laska. "Das Motto unserer Bildungspolitik muss Förderung und nicht
Selektion heißen - und zwar von Anfang an".
Höhere Professionalität und Transparenz durch Bildungspläne
Je älter ein Kind wird, desto detaillierter werden Bildungsinhalte. Deshalb ist auch der Bildungsplan
für den Kindergarten nicht mit jenem in der Schule vergleichbar. Es gibt keinen Zeit- oder Notendruck. Jedes
Kind wird dort abgeholt, wo es in seiner persönlichen Entwicklung steht. Es geht um das Erlernen von Basiskompetenzen,
wie etwa soziale Fähigkeiten, das Einordnen von Sinneseindrücken, kommunikative und sprachliche Fertigkeiten,
das Wahrnehmen des eigenen Körpers und vieles mehr. Kreativität, Entdecken, Experimentieren und individuelle
Förderung stehen dabei im Vordergrund. Nicht das Gesagte erreicht das Kind, sondern das, was es selbst in
Erfahrung bringt. Viele dieser Bildungs- Anforderungen finden sich bereits im Wiener Kindertagesheimgesetz. Mit
der Erstellung eines Bildungsplanes geht Wien aber noch eine Stufe weiter in Richtung Professionalisierung. Ein
verbindlicher Bildungsplan sorgt für mehr Transparenz, ermöglicht Qualitätssicherung und bessere
Kontrolle und soll auch für andere Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen Gültigkeit haben können.
Ein weiteres Ziel ist eine Angleichung an europäische und internationale Standards. "Die Grenzziehung
zwischen Kindergarten und Schule ist eine willkürliche. Deshalb sollte man als nächsten Schritt auch
über kombinierte Schuleingangsphasen zwischen dem 5. und 7.Lebensjahr nachdenken", regt Bildungsstadträtin
Grete Laska an.
Individuelle Förderung als wesentlicher Grundsatz
Nicht erst seit PISA gewinnt die Bildung in früher Kindheit an bildungspolitischer Bedeutung und wird
zunehmend als wichtige Phase für Wissensvermittlung erkannt. Schweden, Norwegen, Chile oder Neuseeland haben
sich schon seit einigen Jahren für die Einführung von Rahmenbildungsplänen für die Altersgruppe
der unter Ein- bis Fünf-/Sechsjährigen entschieden. Norwegen setzt beispielsweise seit 1996 auf ein integriertes
System der Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder im Alter von Null bis Sechs. Alle Tageseinrichtungen
- auch die privaten Einrichtungen - müssen ihre Jahrespläne nach dem nationalen Bildungsplan ausrichten.
Andere Länder, wie etwa Großbritannien, Schottland oder Finnland haben sich hingegen für Bildungspläne
ein oder zwei Jahre direkt vor der Einschulung entschieden. Die Ziele dieser Bildungspläne sind von Land zu
Land unterschiedlich. "Individuelle Förderung und Differenzierung ist ein wesentlicher Grundsatz des
Bildungsplanes. In Wien stellt sicher die Integration ebenfalls eine Herausforderung dar", skizziert Grete
Laska ihre Vorstellung. Ein Jahr lang werden Experten - PsychologInnen, IntegrationsexpertInnen, Schul- und KindergartenpädagogInnen
und geschlechtersensible ExpertInnen - an Österreichs erstem verbindlichen Bildungsplan für Kindergärten
tüfteln.
Bildungsexperten diskutieren über frühkindliche Bildung
Auftaktveranstaltung für dieses Vorhaben ist die Enquete "Bildung im Kindergarten - darüber
spricht Wien" am 21. Juni, zu der die Magistratsabteilung 11A (Tagesbetreuung von Kindern, Kindertagesheime
der Stadt Wien) einlädt. WissenschafterInnen, ExpertInnen und PädagogInnen zeigen unterschiedliche Perspektiven
rund um den Themenkreis frühkindliche Bildung auf. Darunter auch Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilios Fthenakis, Erziehungswissenschafter
und Bildungsplanexperte, Drin. Edit Schlaffer vom Fachinstitut Research for Progress, Prof. Dr. Annemarie Peltzer-Karpf
von der Universität Graz und Claudia Bardachzi von der Universität Oldenburg. Das Themenspektrum spannt
sich dabei von europäischen und internationalen Perspektiven rund um das Thema Bildungspläne und den
Konsequenzen für Österreich über geschlechtersensible Konzepte, neurobiologische Grundlagen der
frühen kognitiven und sprachlichen Entwicklung bis zur Bildungsplanung in der Praxis. |