Wien setzt neue Bildungsstandards im Vorschulalter  

erstellt am
21. 06. 05

Startschuss für ersten österreichischen Bildungsplan im Kindergarten - Experten tagen am 21. Juni in Wien
Wien (rk) - Mit der Enquete "Bildung im Kindergarten" am 21. Juni fällt in der Bundeshauptstadt der offizielle Startschuss für die Erstellung eines Bildungsplanes im Kindergarten. "Die Nahtstelle zwischen Kindergarten und Schule muss viel enger werden - wie in anderen europäischen Ländern auch", formulierte Vizebürgermeisterin Grete Laska die Ziele beim Mediengespräch. Deshalb ist es wichtig, verbindliche Bildungspläne für die Zeit vor der Schule zu definieren. "Nachdem trotz der schlechten PISA- Ergebnisse keine Konsequenzen im frühkindlichen Bildungsbereich gezogen wurden, sehe ich die Wiener Initiative als Pionierarbeit für ganz Österreich", so Grete Laska. "Das Motto unserer Bildungspolitik muss Förderung und nicht Selektion heißen - und zwar von Anfang an".

Höhere Professionalität und Transparenz durch Bildungspläne
Je älter ein Kind wird, desto detaillierter werden Bildungsinhalte. Deshalb ist auch der Bildungsplan für den Kindergarten nicht mit jenem in der Schule vergleichbar. Es gibt keinen Zeit- oder Notendruck. Jedes Kind wird dort abgeholt, wo es in seiner persönlichen Entwicklung steht. Es geht um das Erlernen von Basiskompetenzen, wie etwa soziale Fähigkeiten, das Einordnen von Sinneseindrücken, kommunikative und sprachliche Fertigkeiten, das Wahrnehmen des eigenen Körpers und vieles mehr. Kreativität, Entdecken, Experimentieren und individuelle Förderung stehen dabei im Vordergrund. Nicht das Gesagte erreicht das Kind, sondern das, was es selbst in Erfahrung bringt. Viele dieser Bildungs- Anforderungen finden sich bereits im Wiener Kindertagesheimgesetz. Mit der Erstellung eines Bildungsplanes geht Wien aber noch eine Stufe weiter in Richtung Professionalisierung. Ein verbindlicher Bildungsplan sorgt für mehr Transparenz, ermöglicht Qualitätssicherung und bessere Kontrolle und soll auch für andere Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen Gültigkeit haben können. Ein weiteres Ziel ist eine Angleichung an europäische und internationale Standards. "Die Grenzziehung zwischen Kindergarten und Schule ist eine willkürliche. Deshalb sollte man als nächsten Schritt auch über kombinierte Schuleingangsphasen zwischen dem 5. und 7.Lebensjahr nachdenken", regt Bildungsstadträtin Grete Laska an.

Individuelle Förderung als wesentlicher Grundsatz
Nicht erst seit PISA gewinnt die Bildung in früher Kindheit an bildungspolitischer Bedeutung und wird zunehmend als wichtige Phase für Wissensvermittlung erkannt. Schweden, Norwegen, Chile oder Neuseeland haben sich schon seit einigen Jahren für die Einführung von Rahmenbildungsplänen für die Altersgruppe der unter Ein- bis Fünf-/Sechsjährigen entschieden. Norwegen setzt beispielsweise seit 1996 auf ein integriertes System der Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder im Alter von Null bis Sechs. Alle Tageseinrichtungen - auch die privaten Einrichtungen - müssen ihre Jahrespläne nach dem nationalen Bildungsplan ausrichten. Andere Länder, wie etwa Großbritannien, Schottland oder Finnland haben sich hingegen für Bildungspläne ein oder zwei Jahre direkt vor der Einschulung entschieden. Die Ziele dieser Bildungspläne sind von Land zu Land unterschiedlich. "Individuelle Förderung und Differenzierung ist ein wesentlicher Grundsatz des Bildungsplanes. In Wien stellt sicher die Integration ebenfalls eine Herausforderung dar", skizziert Grete Laska ihre Vorstellung. Ein Jahr lang werden Experten - PsychologInnen, IntegrationsexpertInnen, Schul- und KindergartenpädagogInnen und geschlechtersensible ExpertInnen - an Österreichs erstem verbindlichen Bildungsplan für Kindergärten tüfteln.

Bildungsexperten diskutieren über frühkindliche Bildung
Auftaktveranstaltung für dieses Vorhaben ist die Enquete "Bildung im Kindergarten - darüber spricht Wien" am 21. Juni, zu der die Magistratsabteilung 11A (Tagesbetreuung von Kindern, Kindertagesheime der Stadt Wien) einlädt. WissenschafterInnen, ExpertInnen und PädagogInnen zeigen unterschiedliche Perspektiven rund um den Themenkreis frühkindliche Bildung auf. Darunter auch Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilios Fthenakis, Erziehungswissenschafter und Bildungsplanexperte, Drin. Edit Schlaffer vom Fachinstitut Research for Progress, Prof. Dr. Annemarie Peltzer-Karpf von der Universität Graz und Claudia Bardachzi von der Universität Oldenburg. Das Themenspektrum spannt sich dabei von europäischen und internationalen Perspektiven rund um das Thema Bildungspläne und den Konsequenzen für Österreich über geschlechtersensible Konzepte, neurobiologische Grundlagen der frühen kognitiven und sprachlichen Entwicklung bis zur Bildungsplanung in der Praxis.
     
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