E-Government: Österreich ist Europa-Spitze  

erstellt am
30. 06. 05

Dialogforum Wirtschaft - öffentliche Verwaltung
WIEN (pts) - Im Rahmen einer Veranstaltung des Dialogforums Wirtschaft - öffentliche Verwaltung, das von Future Network, KDZ (kommunalwissenschaftliches Dokumentations- zentrum) und CON.ECT Eventmanagement veranstaltet wurde, diskutierten Experten den Status quo und künftige Trends von E-Government in Österreich und Hessen.

Österreich ist bei der Umsetzung von E-Government internationale Spitze. Im Benchmarking der 28 europäischen Staaten nimmt unser Land in den Kategorien "vollständig online" und "Bezahlung" den zweiten Platz ein. Vor uns rangiert lediglich Schweden. Ein Ergebnis, auf das die Verantwortlichen zu Recht stolz sein können. "Vollständing online" bedeutet durchgängig elektronische Amtswege von der Antragstellung bis zur Zustellung. "Das haben wir heuer mit Jahresbeginn erreicht. Alle Ministerien verwenden den gleichen ELAK-Workflow (Anm.:Elektronischer Akt)", betonte Christian Rupp, Exekutivsekretär des Bundes für E-Government in Österreich. Wien habe als erste Stadt sogar bereits die digitale Amtssignatur verwirklicht. Sein Fazit: "Österreich ist dem E-Europe-Zug deutlich voraus."

Die nächsten Schritte sind bereits anvisiert. Ab November werde auch die Nutzung elektronischer Amtswege mit der e-card und deren integrierter Signaturfunktion realisiert sein. Über dieses Feature verfügen auch die Maestro-Karten - vulgo "Bankomatkarten" -- von denen hierzulande 6,4 Mio. Stück im Einsatz sind. Allerdings könne nur mit jenen Karten signiert werden, die nach dem 1. Februar 2005 ausgegeben wurden, erklärte Robert Krickl von der Bawag/PSK-Gruppe. Bis August dieses Jahres sei der kostenlose Umtausch möglich. Danach werden Gebühren in Rechnung gestellt.

Auf nationaler Ebene werde es "in den nächsten zwei Jahren", so Rupp, zu einem Zusammenwachsen von elektronischen Formularen, ELAK, GIS (Geografisches Informationssystem) und Stadtplänen kommen. "International stehen Grundfragen der technischen, organisatorischen und semantischen Interoperabilität im Vordergrund", steckte der Chef-Koordinator die großen Herausforderungen der Zukunft ab. Österreich werde im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft im kommenden Jahr eine Konferenz dazu abhalten, kündigte er an.

Die größten Zuwachsraten bei der Nutzung von staatlichen Online-Diensten liegen laut einer GfK-Studie bei den "über 50-Jährigen". Rupp dazu: "Dennoch muss vieles noch einfacher werden. Es dürfen keine Personengruppen bei der Nutzung benachteiligt werden. Das "help.gv.at"-Portal verfüge seit Mitte Juni daher über ein Gebärdenvideo und eine Vorlese-Funktion für Blinde. Die Site wurde dafür mit einem "AAA"-Rating für den größt möglichen barrierefreien Zugang im Sinne der Behindertengerechtheit ausgezeichnet.

Bei der Nutzung von help.gv.at steht der Download von Formularen im Vordergrund: 69 Prozent der Österreicher besorgen sich Formulare für Amtswege oder informieren sich über Zuständigkeiten. Rupp dazu: "70 Prozent der digital verfügbaren Formulare entsprechen bereits den Standards des IKT-Boards" (Anm.: Informations- und Kommunikationstechnologie). Dieses fungiert als zentrale Koordinierungsstelle für alle E-Government-Aktivitäten in Österreich.

Zentrale Koordination ist absolut notwendig
Die von einer zentralen Institution aus gesteuerten Projekte stellen höchstwahrscheinlich den größten Erfolgsfaktor dar. Überall dort, wo eine solche fehlt, geraten E-Government-Initiativen sehr schnell zum unübersichtlichen Fleckerlteppich. "Uns fehlt der Mut, diese Dinge zentral in die Hand nehmen. Jeder versucht, alles zu machen", beklagte Harald Lemke, Staatssekretär und CIO des Landes Hessen, diese Art von Schrebergarten-Mentalität in Deutschland. Ergebnisse dieser "no strategy" seien zum einen ein "Flickenteppich inkompatibler IT-Systeme und zum anderen ineffiziente Organisationsstrukturen. Lemke: "Es gibt bei uns kein E-Mail-System, das wir nicht irgendwo im Einsatz haben. Die Kosten kennen wir auch nicht."

Unter Lemkes Fittichen wurde im Bundesland Hessen im Vorjahr eine Road Map mit E-Government-Projekten bis 2008: "Wir nutzen die IT als strategisches Werkzeug, um die Verwaltung zu modernisieren." Die drei Hauptstoßrichtungen der strategischen Ausrichtung der E-Government-Maßnahmen sind das einheitliche Portal HESSEN.de, die neue Verwaltungssteuerung auf Grundlage einheitlicher SAP-Systeme sowie Standardisierung. "Auf dem Weg zu einer schlankeren Verwaltung ist eine IT-Strategie unerlässlicher Begleiter. Nur so stellt sich Transparenz ein", resümierte er.

FinanzOnline: Eine österreichische Erfolgsstory
E-Government bedeute nicht "die Automatisierung der Theresianischen Kanzleiordnung, sondern was ganz Neues", meinte future network-Präsident Michael Vesely, der den Event im Palais Eschenbach zusammen mit Thomas Prorok vom KDZ moderierte. Nicht die Technik, sondern deren Auswirkungen würden bei der Implementierung von E-Government das Problem darstellen, resümierte Rupp: "Hier hat es die größten Veränderungen gegeben."

E-Government habe einen breiten organisatorischen Reformprozess in Gang gesetzt, führte Arthur Winter weiter aus. Dieses Urteil kommt aus berufenem Munde: Winter, Sektionschef im Finanzministerium, gilt als einer der E-Government-Pioniere Österreichs. Die Automatisierung und Neustrukturierung behördeninterner Prozesse bedeute, auf den Punkt gebracht, einen Mehrfachnutzen: Mehr Service für Bürger und Wirtschaft sowie schlankere und effizientere Verwaltungsabläufe. Der Wegfall des Postweges und des manipulativen Aufwandes durch die über das FinanzOnline-Portal abzurufenden Dienste hätten zu deutlich kürzeren Bearbeitungszeiten und einer Entlastung des Personals geführt. In Zahlen ausgedrückt: 2,6 Mio. Anrufe pro Jahr weniger. Auch Fehlerquellen wurden beseitigt. So erlaubten beispielsweise strukturierte Erklärungsdaten eine effiziente Kontrollauswahl. "Nur mehr drei bis fünf Prozent der Arbeitnehmerveranlagung (= Steuererklärung) werden nachgefragt", bezifferte Winter den Qualitätsgewinn. Damit sei die Finanzverwaltung auch mit einem seit 2002 um 1.200 Personen gesunkenen Mitarbeiterstand in der Lage, ihre Aufgaben mit mehr Qualität zu erfüllen.
FinanzOnline ist das einzige Portal, mit dem sowohl Unternehmen als auch Bürger elektronischen Kontakt mit der Finanzverwaltung aufnehmen können. Winter: "Es werden auch alle künftigen Erweiterungen in dieses Portal hinein gestellt werden."

FinanzOnline wird laut Winter bereits von "mehr als einer Million Klienten" genützt, davon ca. 600.000 Bürger und deutlich mehr als 130.000 Unternehmen. Mehr als eine Mio. Transaktionen pro Tag sind keine Seltenheit. "Die Bürgerkarte für Unternehmen", kündigte Winter an, "soll noch im Juli freigeschalten werden". Weiters stehe die Ausstattung der gesamten Exekutive mit mobilen Bankomatkassen auf dem Plan. Die paybox-Handyzahlung sei bei fünf Dienststellen der öffentlichen Verwaltung umgesetzt. Die Realisierung der Übermittlung des elektronischen Jahresabschlusses ("E-Bilanz") - für 2007 geplant - bedeute "einen großen Sprung".

Moderne Archiv-Services des BRZ
Das elektronische Archiv der Bundesrechenzentrum GmbH wächst ständig. Gleichzeitig kommen neue Aufgaben dazu. Was 2003 mit der elektronischen Archivierung von Dokumenten aus dem Firmen- und Grundbuch im Rahmen eines Pilotbetriebs in St.Pölten begann, wird mit viel Engagement weitergeführt. Im Januar des heurigen Jahres erfolgte der Produktivstart des Archivystems mit den Justiz-Applikationen. Technologiepartner des BRZ ist IXOS Software - jetzt OpenText --, die im Vorjahr die Ausschreibung für dieses Projekt gewann. Laut Robert Grim von der BRZ sind gegenwärtig an die 50.000 Dokumente im Firmenbuch digitalisiert: "Bis September haben die Firmengerichte noch Zeit, ihre Dokumente einzuscannen." Neben der Volltext-Suche wird es auch ein Rendition Service, die dynmaische Umwandlung der Formate, geben. Archivierungsleistungen des BRZ werden als ASP-Modell in den Varianten Speicherbedarf und Useranzahl verrechnet. Grimm: "Ab nächstes Jahr wird es die Möglichkeit geben, das Archiv auch als Webservice anzusprechen."

Eine der Baustellen des BRZ-Archivs betrifft das Schnittstellen-Management für Individual- und Standardapplikationen: "Zur Zeit läuft ein großes Implementierungsprojekt für SAP-Anwendungen."
     
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