Plus 4,5 Prozent auf knapp 10 Mrd. Euro Produktionswert
Wien (pwk) - Die chemische Industrie Österreichs zieht eine insgesamt positive Bilanz des Geschäftsjahres
2004. In Zeiten eines fortgesetzt schwierigen Marktumfeldes wurde ein Produktionswert von 9,998 Mrd. Euro erreicht,
was einer Steigerung von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (9,571 Mrd.) entspricht. Der Beschäftigtenstand
blieb mit über 41.000 Mitarbeitern annähernd konstant. „Angesichts der Belastungen durch den starken
Euro und die hohen Rohölpreise sowie das Ausbleiben einer nachhaltigen Konjunkturerholung ist dies eine eindrucksvolle
Leistung der Branche“, erklärt Peter Untersperger, Obmann des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs
am Dienstag (28. 06.). „Erfreulich ist auch, dass die Chancen, die durch die EU-Osterweiterung geschaffen
wurden, wahrgenommen und aktiv umgesetzt werden“. Die Exportdynamik in die neuen Mitgliedsländer hat deutlich
zugenommen und zeigt für die angrenzenden Nachbarstaaten ein Plus um bis zu 20 Prozent.
Die Ausfuhren an Chemieprodukten stiegen 2004 um 3,2 Prozent (nach 1,4 Prozent 2003) und erreichten einen Wert
von 9,5 Mrd. Euro. Dem gegenüber stehen Importe im Wert von 11 Mrd. (plus 4,5 Prozent). Der daraus resultierende
Negativsaldo von 1,5 Mrd. Euro erklärt sich großteils aus der geringen Ausfuhrdynamik bei Pharmazeutika.
Neben den durchwegs zweistelligen Zuwachsraten bei Exporten in die mittel- und osteuropäischen Länder
fragten auch Frankreich, Spanien und die Niederlande österreichische Chemieprodukte stark nach, während
Deutschland stagnierte und Italien rückläufig war. Die Investitionen gingen nach dem Rekordjahr 2003
(954 Mrd. Euro) auf knapp 744 Mrd. zurück und bewegten sich somit wieder im Bereich der Vorjahre.
Der Aufwärtstrend der chemischen Industrie setzte sich zu Beginn des Jahres 2005 fort, das erste Quartal brachte
einen Umsatzzuwachs von 8,5 Prozent. Die Ausfuhrdaten spiegeln die positive Entwicklung wider, die Exporte stiegen
um 10 Prozent. Verantwortlich dafür war vor allem der Pharmasektor, der das Tief des Jahres 2004 überwunden
hat und in den ersten Monaten 2005 zweistellige Zuwachsraten (pharmazeutische Grundstoffe plus 21 Prozent, pharmazeutische
Spezialitäten und sonstige pharmazeutische Erzeugnisse plus 17,5 Prozent) ausschließlich durch den gestiegenen
Export erzielte.
Auch die Kunststoffrohstoffindustrie verzeichnete mit 14 Prozent ein gutes Wachstum im ersten Quartal, was vor
allem auf hohe Rohölpreise und -Knappheit am Markt zurückzuführen ist. Im einstelligen Bereich bewegen
sich Kunststoff- und Kautschukwaren sowie Chemiefasern, chemische Erzeugnisse im engeren Sinne erzielten plus 12,5
Prozent. Auch die übrigen Branchen verzeichneten großteils Wachstumsraten.
Nach dem guten Start in das Jahr war im März und April ein Rückgang in verschiedenen Branchen zu spüren.
Wichtige industrielle Abnehmer für Chemieprodukte melden rückläufige Auftragseingänge, auch
die private Nachfrage verliert an Boden. „Für das zweite Halbjahr rechnen wir mit einer Abschwächung
der Auslandsnachfrage, bedingt durch den weiterhin harten Euro und die hohen Rohölpreise“, so Untersperger.
Der europäische Chemieverband CEFIC prognostiziert nach einem Wachstum von 2,4 Prozent 2004 für heuer
nur ein Umsatzwachstum von 1,6 Prozent. „Auch in Österreich dürfen die hohen Umsatzzuwächse des
ersten Quartals nicht darüber hinweg täuschen, dass das Gesamtergebnis niedriger liegen wird. Wir rechnen
mit einem Plus von insgesamt 3,5 Prozent für 2005.“ Falls die prognostizierte Erholung der europäischen
Wirtschaft, insbesondere der deutschen, eintritt, sind die Aussichten für 2006 vorsichtig positiv zu beurteilen,
da das zyklische Chemiegeschäft davon frühzeitig profitieren sollte.
Das Jahr 2004 war geprägt von intensiven Diskussionen rund um den REACH („Registrierung, Evaluierung und Autorisierung
von Chemikalien“)-Gesetzesentwurf der EU. Der derzeit vorliegende REACH-Entwurf ist aus Sicht der Industrie nicht
praktikabel, da z.B. zur Beurteilung von Stoffen unterschiedlichste Rechtsgebiete wie Abfallrecht und Arbeitnehmerschutz
erfasst werden sollen. „Doppelregelungen, Auslegungsprobleme und vor allem ein immenser zusätzlicher Administrationsaufwand
wären die Folgen – ohne Gewinn an Sicherheit“, so Untersperger.
Neben REACH, das die Arbeit des Fachverbandes 2004 dominierte, lagen weitere Arbeitsschwerpunkte in den Bereichen
Umwelt, Gefahrguttransport, Ausbildung und Klimaschutz. Zur Abwicklung des Emissionshandels wurde neben der Registerstelle
(Umweltbundesamt) die Emission Certificate Registry Austria (ECRA) gegründet – mit Beteiligung des Fachverbands.
„Ziel des Fachverbandes ist und war es, praktikable Lösungen mit wenig Bürokratie und niedrigen Kosten
für die Unternehmen zu erreichen“, so Fachverbands-Geschäftsführer Wolfgang Eickhoff. „Im Hinblick
auf die nächste Handelsperiode regt der Fachverband die Einführung eines Schwellenwertes in Höhe
von 50.000 Tonnen an“.
Weitere Schwerpunkte: Die Abhaltung der internationalen Konferenz „Chemikalien sicher transportieren“ mit über
250 Teilnehmern in Wien, die Umsetzung des internationalen Responsible Care-Programms in Österreich sowie
die „Woche der Chemie“, die 2004 erstmals in ganz Österreich durchgeführt wurde. |