Sozialpolitik / Behindertengleichstellungsgesetz  

erstellt am
28. 06. 05

 Huainigg: Behindertengleichstellungsgesetz bringt Verbesserungen
Barrierefreiheit nicht am St. Nimmerleinstag, sondern ab 1. Jänner 2006
Wien (övp-pk) - "Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) wird eine solide Basis für die Gleichstellung behinderter Menschen darstellen und ist ein wesentlicher Schritt für eine barrierefreie Gesellschaft", sagte ÖVP-Behindertensprecher Dr. Franz-Joseph Huainigg am Montag (27. 06.). Daran ändere auch die von SPÖ-Behindertensprecherin Lapp regelmäßig geübte Kritik nichts. "Wenn Frau Lapp wiederholt davon spricht, dass sich in den nächsten zehn Jahren in puncto Barrierefreiheit in allen Bereichen nichts tun werde, weiß ich nicht, worauf sie ihre Äußerungen stützt. Unwahrheiten werden auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer", so Huainigg weiter.

"Im Vergleich zu anderen Gleichstellungsgesetzen haben wir zahlreiche zusätzliche Faktoren einfließen lassen und aus den Erfahrungen der anderen gelernt", betonte Huainigg. Weiters habe die Regierungsvorlage des Bundeskanzlers zur Anerkennung der Gebärdensprache das BGStG in einem sehr wesentlichen Punkt ergänzt. "Die Gebärdensprache ist die Sprache gehörloser Menschen und das wird die Verfassung künftig auch zum Ausdruck bringen", sagte der ÖVP-Behindertensprecher.

Die Regierungsvorlage zum BGStG, die derzeit noch in Verhandlung stehe, beinhalte die Gleichstellung behinderter Menschen in allen Lebensbereichen. Ein umfassendes Diskriminierungs- und Belästigungsverbot stelle sicher, dass sowohl behinderte Menschen als auch deren Angehörige und Partner, rechtliche Schritte gegen jede Art von Ungleichbehandlung einleiten können. Anders als in Deutschland oder der Schweiz, wo nur für Neubauten und Neuanschaffungen Barrierefreiheit vorgesehen ist, müssen in Österreich auch bestehende Verkehrsmittel und Gebäude barrierefrei gestaltet werden.

Der Ministerrat habe dem Parlament für den Feinschliff eine solide Grundlage übermittelt und er, Huainigg, sei zuversichtlich, dass sich das Endprodukt sehen lassen können wird. Es werde eine Basis geschaffen, die viel bewirken könne, die jedoch aber auch stetig weiter entwickelt werden müsse. "Ich sehe es als meine Aufgabe, die behinderten Menschen zu unterstützen und nicht, sie zu verunsichern", betonte Huainigg abschließend.

 

Lapp kritisiert Gesetz als "zahnlos"
"Barrierefreiheit wird auf 'St. Nimmerleinstag' verschoben"
Wien (sk) - Kritik am Entwurf zum Behindertengleichstellungsgesetz, das nach der Beschlussfassung im Ministerrat nun dem Parlament vorliegt, übte SPÖ-Behindertensprecherin Christine Lapp in einer Pressekonferenz am Montag (27. 06.). Lapp kritisierte das Gesetz als "zahnlos"; vor allem die Regelungen zur Barrierefreiheit, zur Verbandsklage, zum Behindertenanwalt seien ungenügend. Die SPÖ will nun versuchen, in der Ausschusssitzung am Mittwoch noch Änderungen durchzusetzen, so Lapp, die auch die mangelnde Einbindung von Behindertenorganisationen und den Oppositionsparteien bekrittelte.

"Mehr als dürftig" seien etwa die Kompetenzen und die rechtliche Stellung des Behindertenanwalts. Während etwa Tierschutzombudsleute, UmweltanwältInnen oder GleichbehandlungsanwältInnen weisungsfrei sind und Berichte an das Parlament liefern müssen, ist der Behindertenanwalt nur dem Ministerium berichtspflichtig. Ähnlich verhalte es sich mit der Verbandsklage. Lapp fordert, dass Behindertenorganisationen selbständig eine Verbandsklage einbringen können; laut Gesetzesentwurf geht das aber nur, wenn der Bundesbehindertenbeirat - der nur zweimal im Jahr tagt - zustimmt.

Unzureichend geregelt sei auch die Barrierefreiheit zum Abbau von z.B. baulichen Barrieren. Die Übergangsbestimmungen seien zu großzügig, was bewirkt, dass man sich erst ab dem Jahr 2015 mit Barrierefreiheit auseinandersetzen muss. Lapp befürchtet, dass in den zehn Jahren bis dahin wenig oder nichts geschehen wird. "Es wäre wesentlich, dass man mit der Schaffung von Barrierefreiheit ab Inkrafttreten des Gesetzes beginnt." So sollte diese Zeit genutzt werden, um Service und Information anzubieten, wie man Barrierfreiheit schafft.

Unzufrieden ist die SPÖ-Behindertensprecherin auch damit, dass das wichtige Thema Bildung im Entwurf praktisch nicht vorkommt. "Der Ausbau von Integrationsklassen über den Pflichtschulbereich hinaus wird mit keinem Wort erwähnt." Gerade aber zur Integration sei es so wichtig, dass schon von Kindesbeinen durch ein selbstverständliches Miteinander von Nicht-Behinderten und Behinderten Hemmschwellen und Ängste abgebaut werden.

 

 Partik-Pablé kritisiert Opposition
Freiheitliche seit Regierungseintritt bemüht, Menschen mit Behinderungen bestmöglich zu unterstützen
Wien (fpd) - Die Behindertensprecherin des Freiheitlichen Parlamentsklubs, Helene Partik-Pablé, wies die Kritik der Opposition am Entwurf der Regierung für das Behinderten- gleichstellungsgesetz am Montag (27. 06.) als unberechtigt zurück. Immerhin sei es gelungen, erstmals ein Behindertengleichstellungsgesetz zu schaffen. Natürlich, so Partik-Pablé, konnte nicht alles, was notwendig wäre, durchgesetzt werden. "Man muss auch der Wirtschaft eine gewisse Übergangszeit zugestehen." Dazu komme, dass vor allem die baulichen Barrieren sehr kostenintensiv seien. Dennoch seien alle - vor allem die öffentliche Hand - aufgefordert, die Regelungen, insbesondere was die Barrierefreiheit anlange, einzuhalten.

Die Freiheitlichen seien seit ihrem Regierungsantritt ständig darum bemüht, Menschen mit Behinderungen bestmöglich zu unterstützen. Die vielen Projekte und Initiativen wie die Behindertenmilliarde, die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz und die Berufsausbildungsassistenz als Teil der integrativen Berufsausbildung hätten sich als wertvolle Instrumente für dieses Ziel herausgestellt, erklärte Partik-Pablé abschließend.

 

 Haidlmayr: Gesetz entspricht Anforderungen nicht
Wien (grüne) - "Die Regierungsvorlage zum Behindertengleichstellungsgesetz erfüllt in keiner Hinsicht die Anforderungen", kritisiert Theresia Haidlmayr, Behindertensprecherin der Grünen, am Montag (27. 06.). So sei etwa das Verbandsklagerecht, wie es geregelt werden soll, völlig zahnlos. Eine Klage ist nämlich nur unter Einbeziehung einer 2/3 Mehrheit des Bundes- behindertenbeirates möglich.

"Erfahrungen mit den Behindertengleichstellungsgesetzen in der Schweiz und in Deutschland haben gezeigt, dass ein gut ausgestaltetes Verbandsklagerecht nicht zu einer Klagsflut geführt hat. Die Angst der österreichischen Bundesregierung ist daher unbegründet und unverständlich", so Haidlmayr.

Mit den derzeitigen langen Übergangsfristen werde die Herstellung von Barrierefreiheit unnötig auf die lange Bank geschoben. "Für Gebäude bzw. Verkehrsanlagen, die NACH Inkrafttreten des Gesetzes bewilligt bzw. angeschafft werden, sollten keine Übergangsfristen gelten", fordert Haidlmayr. Ausständig sei außerdem immer noch die Korrektur bestehender diskriminierender Gesetzesstellen in anderen Gesetzen, obwohl dies im Regierungsübereinkommen angekündigt wurde.

Die Grünen werden am kommenden Mittwoch bei der Behandlung des Gesetzes im Verfassungsausschuss eine Reihe von Abänderungsanträgen einbringen. "Es ist zu hoffen, dass am Mittwoch im Verfassungsausschuss doch noch ein Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet wird, dass seinen Namen verdient. Wir laden die Fraktionen ein, unseren Abänderungsanträgen, die mit der Behinderungsbewegung abgestimmt sind, zuzustimmen," appelliert Haidlmayr.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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