Innenpolitik / "Causa Grasser"  

erstellt am
28. 06. 05

 SPÖ wird kleinen U-Ausschuss einsetzen
Matznetter und Kräuter: Im Steuerfall Grasser gab es keine unabhängige Prüfung, kein ordnungsgemäßes Verfahren, keine ausreichende Erhebung
Wien (sk) - Die SPÖ wird in der Homepage-Affäre von Finanzminister Grasser nicht locker lassen, betonten SPÖ-Finanzsprecher Christoph Matznetter und Rechnungshofsprecher Günther Kräuter am Montag (27. 06.) in einer Pressekonferenz. Die SPÖ will ab Oktober im Unterausschuss zum Rechnungshofausschuss die steuerliche Behandlung der Zuwendung der 283.000 Euro von der Industriellenvereinigung an den Grasser-Verein "zur Förderung der New Economy" neu aufrollen. Denn der Bericht des Rechnungshofs zur Causa habe eindeutig ergeben, dass von den Finanzbehörden die Frage der Steuerpflicht für Grasser bzw. den Verein alles andere als ausreichend und umfassend geprüft wurde, erklärte Matznetter.

Der Rechnungshof widerspricht in seinem vergangene Woche vorgelegten Endbericht damit ganz klar den Beteuerungen von Finanzstaatssekretär Finz, der erklärt hatte, Grasser und der Verein New Economy wären von den Behörden "korrekt, weisungsfrei und unabhängig" bzw. "ohne jegliche Weisung oder Einflussnahme" geprüft worden. Annähernd gleichlautend mit Finz sprach Finanzminister Grasser zu einem Zeitpunkt, als ihm der Rohbericht des RH schon bekannt war, davon, dass die Behörden "unabhängig und umfassend" ermittelt hätten.

Der Rechungshof kommt zu einem ganz anderen Ergebnis, betonte Matznetter, da sei keine Rede von unabhängiger Prüfung, und der RH konnte auch keinen einzigen Fall finden, der steuerlich so beurteilt wurde wie der Steuerfall Grasser bzw. New Economy.

Matznetter: "In der Kern- und Angelfrage des Verfahrens, nämlich ob die Weitergabe von 283.000 Euro ein Mal von Industriellenvereinigung an den Verein der Kanzleimitarbeiter (Verein zur Förderung der New Economy) und in der Folge 240.000 Euro Nutzen aus der Homepage an den Amtsinhaber Grasser steuerpflichtig ist oder nicht, gab es laut Rechnungshofbericht kein ordnungsgemäßes Verfahren, keine ausreichende Erhebung des Sachverhalts und daher keine Entscheidung, die auch nur im Ansatz rechtfertigt, dass Finanzminister Grasser behauptet, alles sei in Ordnung."

Die Crux an der Sache sei, wie Matznetter erläuterte, dass diese erste Feststellung der Finanzbehörden die Grundlage für alle weiteren rechtlichen Schritte war; die Justiz habe sich bei ihren Entscheidungen in Verfahren stets auf diesen Freibrief der Finanzbehörden bezogen. Der Steuerfreibescheid, der nach einem nicht-ordnungsgemäßen Verfahren ohne ausreichende Erhebung des Sachverhalts ausgestellt wurde, "ist das entscheidende Eckstück, warum Finanzminister Grasser immer noch Finanzminister ist und Finz immer noch Staatssekretär", erklärte Matznetter.

Die moralisch-ethischen Vorstellungen von ÖVP und FPÖ, nunmehr BZÖ, sieht Matznetter auf tiefstem Niveau, weil andernfalls hätten die Regierungsparteien den Anträgen der SPÖ auf einen Untersuchungsausschuss bzw. den Misstrauensanträgen gegen Grasser nachgeben müssen. Die Finanzbehörden haben Rechtsansicht von oben - also eine die Grasser nützte - übernommen, kritisierte Matznetter. Im Rechnungshofbericht heißt es: "Im Juli 2003 übermittelte der Fachbereich dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern seine Rechtsansicht. ... Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern übernahm diese Rechtsansicht in seinem Antwortschreiben im Juli 2003 an den Verein."

Matznetter sieht diese Entscheidung eindeutig in der "Weisungspyramide" von Minister Grasser; von Unabhängigkeit könne mithin auf keinen Fall gesprochen werden. Der SPÖ-Finanzsprecher sieht darin auch ein großes demokratiepolitisches Problem, weil die Causa Grasser einen der sensibelsten Rechtsbereiche betreffe und damit Vorbildwirkung habe. Kein Minister dürfe sich erlauben, nach dem Motto von Ludwig XIV. "Der Staat bin ich" handeln, sagte Matznetter, der betonte, dass die SPÖ in dieser Causa nicht locker lassen werde.

SPÖ-Rechnungshofsprecher Kräuter beklagte, dass die Regierung die Rechnungshofberichte insgesamt nicht ernst nehme. Neben dem Bericht zur Causa Grasser habe es weder auf den kritischen Bericht zu den Eurofightern, noch auf den Bericht zum Kunsthistorischen Museum, in dem zahlreiche Malversationen nachgewiesen seien, die notwendigen Konsequenzen gegeben. Der RH-Bericht zur Causa Grasser lasse an Klarheit nichts zu wünschen übrig, an drei Stellen sage der RH unmissverständlich, dass unzureichend erhoben wurde, so Kräuter weiter. Dass Staatssekretär Finz angesichts dessen immer noch behaupte, der Fall wäre "gründlich untersucht" worden, empört Kräuter: "Da hört sich alles auf."

Der sogenannte "kleine Untersuchungsausschuss", der Unterausschuss zum Rechnungshof- ausschuss, kann mit den Stimmen von einem Viertel der Abgeordneten mit einer Prüfung beauftragt werden. Die SPÖ wird diese Möglichkeit ergreifen, ab Oktober, wenn der derzeitige Verhandlungsgegenstand des RH-Unterausschusses abgeschlossen sein wird, wird der Steuerfall Grasser im Parlament untersucht werden. Die Ausschussarbeit sieht Kräuter als sehr erfolgreich an, so habe sie zu den Rücktritten der Minister Forstinger, Strasser und den nach Ansicht Kräuters offenbar bevorstehenden Rücktritt von Minister Gorbach mittelbar oder unmittelbar beigetragen.

Für die Prüfung des Steuerfalls Grasser fordert Kräuter das Recht der Opposition, zumindest drei Auskunftspersonen vorzuladen. Der Minister selbst müsse ohnehin dem Ausschuss Rede und Antwort stehen, als weitere Auskunftspersonen will Kräuter Staatssekretär Finz, Grassers Kabinettschef und Vorsitzenden des Vereins New Economy, Mathias Winkler, und den Sektionschef im Finanzministerium Wolfgang Nolz, der im Grasser-Verein die Funktion des Rechnungsprüfers besetzte.

Kräuter zeigte sich überzeugt, "dass es möglich sein wird, zu verdichten und verdeutlichen, was der Rechnungshof festgestellt hat". Diese "Notmaßnahme" sei deswegen notwendig, weil die Regierung die RH-Berichte nicht ernstnimmt.

 

 Gahr: SPÖ soll Rechnungshof-Bericht endlich zur Kenntnis nehmen
"Kleiner Untersuchungsausschuss" ist unnötig
Wien (övp-pk) - "Es ist an der Zeit, dass die SPÖ die Ergebnisse der so genannten 'Causa Homepage' endlich zur Kenntnis nimmt. Bereits im Juli 2003 haben sowohl Karl-Heinz Grasser als auch der 'Verein zur Förderung der New Economy' sämtliche Unterlagen an die zuständigen Finanzbehörden zur Prüfung einer möglichen Steuerpflicht übergeben. Die unabhängigen Finanzbehörden, zwei Finanzämter, zehn Finanzbeamte haben eine klare Entscheidung gefällt: Steuerlich völlig korrekt gehandelt. Zum selben Ergebnis kamen die unabhängigen Justizbehörden. Die Versuche, Finanzminister Grasser und Finanz-Staatssekretär Finz anzupatzen sollen endlich eingestellt werden", sagte ÖVP-Rechnungshofsprecher Hermann Gahr am Montag (27. 06.) zur Ankündigung von SPÖ-Budgetsprecher Matznetter und SPÖ-Rechnungshofsprecher Kräuter den "Kleinen Untersuchungsausschuss" damit beschäftigen zu wollen.

"Es stellt sich die Frage, wozu wir jetzt einen 'Kleinen Untersuchungsausschuss' brauchen, wenn zwei unabhängige Finanzämter, unabhängige Justizbehörden - Oberlandesgericht und unabhängiger Richtersenat -, die unabhängige Volksanwaltschaft und nicht zuletzt der unabhängige Rechnungshof die Homepage des Finanzministers geprüft haben", sagte Gahr. Hier werde künstlich eine abgeschlossene Geschichte am Leben erhalten.

"Die Aussagen des Finanz-Staatssekretärs Alfred Finz zur Prüfung der Homepage sind völlig korrekt gewesen und werden inhaltlich durch den Rechnungshof-Bericht auch untermauert. Ich fordere Matznetter und Kräuter hiermit auf, diese Anschuldigungen zu beenden. Offensichtlich gehen den Herren die Sachthemen aus", so der ÖVP-Rechnungshofsprecher.

Die SPÖ möge endlich zur Kenntnis nehmen, dass in diesem Fall steuerlich korrekt gehandelt wurde. "Es bestand in keinem Fall Steuerpflicht und diese Sachentscheidung wurde vom Rechnungshof keineswegs kritisiert. Dieser Rechnungshof-Bericht ist zur Kenntnis zu nehmen, auch von Matznetter & Co", so Gahr abschließend.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

zurück