Bildungs-Debatte im Nationalrat zu EuGH-Urteil  

erstellt am
11. 07. 05

 Gehrer: Wir übernehmen Verantwortung für geordneten Studienbetrieb
Wien (övp-pk) - Wir haben uns bemüht, einen Vier-Parteien-Antrag zustande zu bringen und haben die Forderungen der Opposition wie eine zweijährige Befristung, Interventionen in Europa, Erhöhung der Akademikerquote und mehr Beratung und Information sowie Evaluierungen auch berücksichtigt. Bis gestern war ich der Meinung, dass es auch ihr Bestreben ist, Verantwortung für einen geordneten Studienbetrieb zu übernehmen und nicht zu wollen, dass jeder einzelne Rektor privatrechtlich geklagt werden kann. Die Opposition übernimmt aber offenbar nur dann Verantwortung, wenn ihr gesamtes Klientel zustimmt. Wir hingegen übernehmen die Verantwortung für einen geordneten Studienbetrieb und für geordnete Aufnahmemaßnahmen und tragen weiter die Verantwortung dafür, dass in allen anderen Bereichen ein offener Hochschulzugang erhalten bleibt. Das sagte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer am Freitag (08. 07.) bei der Debatte über Änderungen zum Universitätsgesetz 2002 im Plenum des Nationalrats.

Zu den Vorwürfen der Grünen Abgeordneten Michaela Sburny, man hätte rechtzeitig reagieren sollen, meinte die Ministerin: "Wir haben zehn Jahre die österreichischen Studierenden geschützt und versucht, ihnen einen Vorteil zu geben. Was finden Sie daran Negatives?" Es sei dies zudem eine europäische Frage, die 25 Staaten betreffe. Es sei schwierig, eine Vereinbarung mit Deutschland zu treffen, wo die einzelnen Bundesländer mit ihren Kultusministern zuständig seien. Zudem müsse die Opposition zur Kenntnis nehmen, dass beim EUGH und beim Generalanwalt wirtschaftliche Argumentationen keinen Stellenwert haben. "Wirtschaftliche Argumente werden in der Frage der Gleichheitswidrigkeit nicht zur Kenntnis genommen", erläuterte Gehrer.

"Die Universitäten in Österreich haben sich gut entwickelt, wir haben mehr Absolventen. Durch dieses Gerichtshofurteil kann es natürlich sein, dass es einen Zustrom von deutschen Studenten gibt. Deswegen ist es richtig und wichtig, jetzt zu handeln. Zu verlangen, ein Gesetz im Vorhinein zu beschließen, ist wohl das Verlangen nach Kaffeesudleserei. Wir handeln dann, wenn das Erkenntnis da ist, haben es aber gut vorbereitet", so die Ministerin in Richtung Opposition. Die Rektorenkonferenz habe einen Vorschlag gemacht, der - auf zwei Jahre befristet - vorsieht, in den deutschen Numerus- clausus-Fächern Aufnahmeverfahren oder ein Einstiegssemester zu machen. Die Studierendenanzahl müsse auf gleicher Höhe bleiben. Es gebe auch eine Evaluierung, und es sei rechtzeitig darüber zu diskutieren, ob das Gesetz verlängert werde, schloss die Ministerin.

 

 Broukal: "SPÖ stimmt den Zugangsbeschränkungen an den Universitäten nicht zu"
"Katastrophe hätte verhindert werden können"
Wien (sk) - "Die Vertreter der österreichischen Bundesregierung waren nicht im Stande, dem europäischen Gerichtshof klarzumachen, dass es tatsächlich um den Bestand der Österreichische Universitäten, dass es um Unzumutbarkeiten geht, wenn ausländische Studierende die österreichischen Universitäten unter den selben Voraussetzungen besuchen können, wie Inhaber österreichischer Maturazeugnisse und damit österreichische Maturanten verdrängen", kritisierte SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal am Freitag (08. 07.) im Nationalrat. Die SPÖ könne den Zugangsbeschränkungen nicht zustimmen, seit Jahren fordere die SPÖ eine finanzielle Besserstellung der Universitäten. "Hätte die Bundesregierung hier zugestimmt, hätten wir heute diese Katastrophe nicht", betonte Broukal.

Der EuGh habe in seinem am Donnerstag (07. 07.) veröffentlichen Urteil in Absatz 66 festgestellt, "dass die Republik Österreich nicht dargetan habe, dass ohne die heute von der Bundesregierung zu beschließenden Zugangsbeschränkungen, der Bestand des österreichischen Bildungssystems im Allgemeinen oder im Besonderen gefährden wird", führte Broukal aus. "Der europäische Gerichtshof hat weiters festgestellt, dass die Republik Österreich sich darauf beschränkt habe, auf die Probleme im Fach Medizin hinzuweisen", so Broukal.

Der EuGh habe festgehalten, dass ihm keinerlei Schätzungen in Bezug auf andere Studienfächer vorgelegt wurden und die Republik Österreich eingeräumt habe, dass sie über keine anderen Zahlen verfüge. "Ich glaube, dass es die ausschließliche Konzentration der österreichischen Vertreter vor dem europäischen Gerichtshof auf Medizin war, die letztendlich zu diesem für Österreich negativen Spruch geführt hat", sagte Broukal. "Hatte oder hat die Bundesregierung diese Zahlen nicht?", fragte Broukal angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung heute Studienbeschränkungen weit über das Fach Medizin hinaus beschließen wolle. Betroffen seien auch die Tiermedizin, die Biologie, die Pharmakologie, die Kommunikationswissenschaften und die Betriebswirtschaftslehre. "Wenn die Regierung das heute weiß, warum hat sie das nie vor dem EuGH eingewandt?", so Broukal.

"Hinter uns stehen viele Stunden dauernde Verhandlungen mit den Wissenschaftssprechern des BZÖ und der ÖVP, wir haben in großer Tiefe ausgelotet, wo es Gemeinsamkeiten geben kann und ob diese Gemeinsamkeiten reichen, um einen gemeinsamen Beschluss zufassen", so Broukal, der bedauerte, dass die Gemeinsamkeiten dann doch nicht so groß gewesen seien, sich aber ausdrücklich für die Qualität der Gespräche bedankte.

 

 Bleckmann: Kein Numerus Clausus
Zugangsbeschränkungen nach Qualitätskriterien durch EuGH-Urteil aber notwendig
Wien (bzö) - Im Zuge der Debatte zur Änderung des Universitätsgesetzes 2002 am Freitag (08. 07.) verteidigte die Wissenschaftssprecherin des Freiheitlichen Parlamentsklubs Dr. Magda Bleckmann den freien Universitätszugang. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, müsse es jetzt aber Zugangsbeschränkungen nach Qualitätskriterien geben, so Bleckmann.

"Einen Numerus Clausus wie in Deutschland, darf es in Österreich nicht geben", sagte die Wissenschaftssprecherin. "Wir werden die Universitäten aber nicht im Stich lassen. Sie sollen im Bereich ihrer Autonomie ein Rahmengesetz erhalten, um hier Maßnahmen setzen zu können", so Bleckmann weiter. Nur so sei ein qualitätsvolles Studium weiter gewährleistet und außerdem sei dies auch der Wunsch der Universitäten gewesen. "Diesem Wunsch sind wir nachgekommen", sagte Bleckmann abschließend.

 

 Strache: Österreichische Studenten dürfen nicht zu EU-Verlierern werden
Versäumnisse der Regierung rächen sich bitter
Wien (fpd) - Die Versäumnisse der Regierung in der Wissenschaftspolitik würden sich nun bitter rächen, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache am Freitag (08. 07.) zur Diskussion um den Universitätszugang.

Es dürfe nichts gemacht werden, was Österreichs Studenten zu EU-Verlierern degradiere. Laut Strache hat unser Land schon derart viele Nachteile durch die EU-Mitgliedschaft in Kauf genommen, daß man jetzt keine Zugeständnisse mehr machen dürfe. Die jetzige Situation sei eine direkte Folge der miserablen Verhandlungen vor zehn Jahren. Der Ansturm ausländischer Studenten sei eine der vielen Beitrittsfolgen gewesen, die man den Österreichern verschwiegen habe.

Strache sprach sich deutlich gegen jedwede Art von Numerus Clausus aus, allein schon deshalb, weil die verschiedenen Maturatypen in Österreich gar nicht miteinander vergleichbar seien. Auch aus finanziellen oder sozialen Gründen dürfe niemand vom Studium ausgeschlossen werden.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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