Weltunordnung von Ökonomie und Krieg: Internationale Sommerakademie in Schlaining
Schlaining (epd Ö) - "Die Kirchen wissen, die Welt braucht mehr als Korrektur. Sie braucht
eine Verwandlung. Eine Verwandlung weg von einer Welt, in der der Mangel die Grundlage jeder Ökonomie ist,
hin zu einer Welt, in der alle teilhaben am Leben in Fülle." Das erklärte der evangelisch- lutherische
Oberkirchenrat Hon.-Prof. Dr. Michael Bünker beim Friedens- gottesdienst zum Abschluss der Internationalen
Sommerakademie am Freitag (15. 07.) auf der Burg Schlaining. Die sechstägige Veranstaltung, zu der das
österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung geladen hatte, stand heuer unter
dem Thema "Die Weltunordnung von Ökonomie und Krieg: Von den gesellschaftlichen Verwerfungen der neoliberalen
Globalisierung zu den weltumspannenden politischen Ansätzen jenseits des Casinokapitalismus".
"Mittlerweile kommen mir die Welt und die Menschen gefangen vor in einem Zustand, der keine Alternativen
mehr kennt oder zulassen will", sagte Bünker in seiner Predigt. Bestenfalls würden Korrekturen
am bestehenden und herrschenden System angebracht, Europa zum Beispiel solle sozialer werden oder überhaupt
erst einmal sozial. "Lässt sich eine auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Wirtschaft überhaupt
korrigieren?", fragte Bünker. Die biblische Erinnerung zeige eine Alternative auf, die "von Gott
verheißen, von Jesus gelebt und von seinen Jüngerinnen und Jüngern bis heute festgehalten"
werde im Gebet "Gott, in deiner Gnade verwandle die Welt!" Alternativen werden, so Bünker, dort
möglich, wo Menschen in Solidarität miteinander leben, die Ressourcen gerecht zu teilen versuchen,
Ausgrenzung aufheben, Teilhabe und Partizipation sicherstellen und überflüssigen Reichtum zur Bekämpfung
der Armut verwenden.
Sowohl der menschenverachtende Terrorismus berufe sich auf religiöse Motive als auch der die Menschenrechte
gefährdende und teilweise außer Kraft setzende "war on terrorism" auf der anderen Seite.
Beiden sei gemeinsam, dass sie von einem religiös fundierten oder einer zumindest religiös gefärbten
Weltsicht ausgehen, in der die Guten den Bösen gegenüberstehen und in der eine Erlösung nur möglich
ist, wenn die Bösen vernichtet werden. Leben gebe es nur um den Preis anderen Lebens, Existenz setze Vernichtung
voraus. Jede Seite wähnt sich im Besitz einer "sehr einfachen" Wahrheit. "Eine gefährliche
Mischung", warnte Bünker. Der Oberkirchenrat erinnerte an den protestantischen UN- Generalsekretär
Dag Hammarskjöld, der unter dem Eindruck des Kalten Krieges erklärt hatte: "Wir sind auf gefährlichem
Boden, wenn wir meinen, ein Individuum, eine Nation oder eine Ideologie hätten ein Monopol auf Wahrheit,
Freiheit, Menschenwürde." |