MARSIS, die Radarantenne an Bord der ESA-Sonde Mars Express, liefert erste Daten von der Oberfläche
und der Ionosphäre unseres Nachbarplaneten.
Paris (esa) - Das Radar hatte mit Abschluss der ersten Phase der Einsatzerprobung am 4. Juli seinen
wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen. Infolge der verspäteten Entfaltung der Antenne war zuvor beschlossen
worden, die Einsatzerprobung, für die ursprünglich vier Wochen vorgesehen waren, in zwei Phasen aufzuteilen.
Die zweite Phase soll im Dezember dieses Jahres beginnen. Die wissenschaftlichen Beobachtungen mit dem Instrument
konnten somit früher als geplant, nämlich noch während der Mars-Nacht, eingeleitet werden – optimale
Umgebungsbedingungen für Bodensondierungen, denn während des Mars-Tags ist die Ionosphäre energiereicher
und wirkt sich deshalb störend auf die zur Sondierung ausgesendeten Radiosignale aus.
Gleich bei ihrer Einsatzerprobung haben die beiden 20 Meter langen Antennenausleger Radiosignale zur Marsoberfläche
gefunkt und deren Echos registriert. „Die Einsatzerprobung hat gezeigt, dass das Radar einwandfrei funktioniert
und nun ohne Interferenzen mit den anderen Sondeninstrumenten in vollem Umfang betrieben werden kann“, erklärte
Roberto Seu, Instrumentleiter für MARSIS von der La-Sapienza-Universität in Rom.
Bei der MARSIS-Radarantenne handelt es sich um ein sehr komplexes Instrument, das in verschiedenen Frequenzbändern
betrieben werden kann. Für Bodensondierungen eignen sich am besten Signale im niedrigen Frequenzbereich, für
die obersten Bodenschichten werden hingegen sehr hohe Frequenzen verwendet. Zur Untersuchung der Mars-Oberfläche
sowie der oberen Bereiche der Atmosphäre schließlich kann MARSIS alle Frequenzbereiche einsetzen. „Während
der Einsatzerprobung haben wir alle Übertragungsmöglichkeiten getestet und die Leistung des Radars in
der Mars-Umlaufbahn optimiert“, so Prof. Giovanni Picardi, Hauptexperimentator für MARSIS von der La-Sapienza-Universität
in Rom. „Dies ermöglichte uns seit der Aufnahme der wissenschaftlichen Beobachtungen Anfang Juli einen sehr
sauberen Empfang von Oberflächenechos sowie die Erfassung erster Daten zur Ionosphäre.“
Das MARSIS-Radar ist so programmiert, dass es seinen Betrieb nur dann aufnimmt, wenn die Sonde auf ihrer Umlaufbahn
der Oberfläche des Planeten möglichst nahe kommt. Sobald die Sonde sich bei ihrer Umrundung dem marsnächsten
Punkt nähert, wird das Radar 36 Minuten lang eingeschaltet, wobei die 26 mittleren Einsatzminuten für
Bodensondierungen und die jeweils fünf Minuten davor und danach für das Sammeln von Daten aus der Ionosphäre
genutzt werden.
MARSIS hat in erster Linie die nördlichen Ebenen auf sämtlichen Längengraden zwischen 30° und
70° nördlicher Breite im niedrigen Frequenzbereich ins Visier genommen. „Mit der Arbeit des Radars sind
wir sehr zufrieden. Die bis jetzt vorgenommen Oberflächensondierungen entsprechen den bestehenden Modellen
der Mars-Topografie fast bis ins Detail“, teilte Prof. Picardi erfreut mit. Diese Messungen waren also ein ausgezeichneter
Test. Der auf den Ebenen des Mars liegende Schwerpunkt der ersten Datenanalysen erklärt sich wissenschaftlich
dadurch, dass sich die darunter liegenden Bodenschichten theoretisch leichter erfassen lassen, obwohl die Aufgabe
auch in diesem Fall keineswegs einfach ist. „Da das Radar bei Oberflächensondierungen offenbar einwandfrei
funktioniert, können wir auch von einer reibungslosen Aussendung von Radiowellen unter die Mars-Oberfläche
ausgehen“, erläuterte Prof. Picardi.
„Das ist erst der Anfang unserer eigentlichen Arbeit, denn jetzt müssen wir die von den Bodenschichten reflektierten
Echos genau erfassen und zuordnen. Dafür müssen alle Daten sorgfältig ausgewertet werden. Außerdem
ist sicherzustellen, dass Signale, die eventuell aus verschiedenen Tiefen stammen könnten, nicht in Wahrheit
auf Bodenunregelmäßigkeiten zurückzuführen sind. Damit werden wir sicherlich noch einige Wochen
beschäftigt sein.“
Auch die ersten von MARSIS vorgenommenen Messungen der Mars-Ionosphäre haben den Wissenschaftlern einige interessante
Ergebnisse beschert: Das Radar reagiert sofort auf die in der Ionosphäre vorhandene Anzahl geladener Teilchen
(Plasma), die teilweise höher als erwartet war. „Wir analysieren jetzt die Daten, um herauszufinden, ob diese
Messungen eventuell auf ein plötzliches Ansteigen der Sonnenaktivität zurückzuführen sind,
wie es etwa am 14. Juli zu beobachten war, oder ob wir neue Erklärungsmodelle brauchen. Eine Antwort werden
uns erst eingehendere Datenanalysen geben können“, so Jeffrey Plaut, Co-Hauptexperimentator vom Jet Propulsion
Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena.
Die Radarantenne wird ihre Signale, die auf der Marsoberfläche auftreffen und in die darunter liegenden Bodenschichten
eindringen, bis Mitte August aussenden. Zu diesem Zeitpunkt werden die Nachtbeobachtungen dann überwiegend
abgeschlossen sein. Danach erhalten andere, besser für Tagesbeobachtungen ausgelegte Mars-Express-Instrumente
Vorrang, wie z. B. die hochauflösende Stereo-Kamera HRSC und das zur Kartierung eingesetzte Spektrometer OMEGA.
MARSIS wird jedoch auch tagsüber seine Beobachtungen der Oberfläche und der Ionosphäre des Planeten
fortsetzen. Für die Ionosphärenmessungen, die unter allen verschiedenen Sonneneinstrahlungsbedingungen
vorgenommen werden sollen, sind mehr als 20 % der Umlaufzeit von Mars Express veranschlagt.
Im Dezember wird sich der dem Planeten nächste Punkt der Umlaufbahn von Mars Express dann wieder auf der Nachtseite,
jedoch in der Nähe des Südpols, befinden, so dass sich für MARSIS erneut optimale Beobachtungsbedingungen
für Bodensondierungen – diesmal auf der Südhalbkugel des Mars – ergeben. |