Der wachsende Bedarf an Klimatisierung in Europa verlangt innovative Lösungen
Wien (pwk) - Klimaanlagen im Auto, im Supermarkt und in Wohnanlagen mit maximaler Isolierung, in
denen Kühlung durch Luft-Zufuhr von außen nicht mehr ausreicht, sind Anwendungsbereiche für Fernkälte.
Die Erwärmung der Häuser von innen nimmt ständig zu: Computer, Drucker, Kopierer und andere technische
Anlagen heizen Büro-Gebäuden ordentlich ein, 60 % des aktuellen Kühlbedarfs gehen bereits heute
dafür auf.
Experten sagen eine Vervierfachung des Kühlenergie-Bedarfs bis zum Jahr 2020 voraus und die Internationale
Energieagentur bezeichnet „Kühlung und Klimatisierung“ als eines der am schnellsten wachsenden Felder neuen
Energiebedarfs. Waren bis vor kurzem vor allem im Winter Verbrauchsspitzen zu vermelden, kommt es heute zunehmend
auch im Sommer in vielen Regionen Europas zu extrem hohen Verbrauchsphasen. Der Haken am explodierenden Kühlbedarf:
Steigen wir nicht rechtzeitig auf alternative Kühl-Modelle um, wächst unser Stromverbrauch derart, dass
Kapazitätsengpässe und die reale Gefahr von Stromausfällen drohen.
Ähnlich dem Prinzip der Fernwärme funktioniert Fernkälte mittels Großanlagen. Über ein
Netz aus verschiedenen Leitungs-Systemen werden mehrere Objekte zentral mit Klimatisierung versorgt. Als Primärenergie
nützt Fernkälte sowohl erneuerbare Energieträger (Solarenergie, Biomasse, Biogas) als auch Abwärme
aus Industrieprozessen bzw. Wärme aus Fernwärme- und Müllverbrennungsanlagen sowie fossile Energieträger.
Als Kühlmittel in konventionellen Anlagen sind derzeit hauptsächlich HFKW-haltige Stoffe (als Ersatz
für das verbotene FCKW) im Einsatz. Diese verbessern die Umwelt-Situation im Gegensatz zu ihren Vorgängern
zwar geringfügig, da sie die Ozonschicht nicht schädigen, besitzen aber immer noch ein sehr hohes Treibhauspotenzial.
Würden diese Mittel bei dem prognostizierten steigenden Kältebedarf weiterhin verwendet, rechnet die
EU mit einer Verzehnfachung der Belastung bis zum Jahr 2010. Die EU-Kühlmittelverordnung schreibt deshalb
auch vor, dass bis 2008 Alternativen zu herkömmlichen HFKW-haltigen Kühlmitteln gefunden werden müssen.
Weiterer Vorteil: Fernkälte verbraucht weniger Strom, da sie unter anderem industrielle Abwärme oder
die Abwärme von Kraftwerken als Primärenergie nützt. Und: Anstatt Flüsse und Atmosphäre
durch Abwärme aufzuheizen, wird diese sinnvoll genützt.
Fernkälte nützt Wärme als Primärenergie: Durch so genannte Absorptionskältemaschinen kann
z.B. die Abwärme von städtischen Müllverbrennungsanlagen, aus Industriebetrieben oder aus der Stromerzeugung
für Kälteproduktion genützt werden. Klassische Klimaanlagen werden im Gegensatz dazu ausschließlich
mit Strom betrieben, der durch seine Erzeugung auch schädliche CO2-Emmissionen verursacht.
Die Einsparungsprognose an Strom durch Fernkälte in Österreich liegt bei 170-270 GWh in den nächsten
fünf Jahren. Und auch hinsichtlich des Reduktionspotenzials von CO2- Äquivalent-Emmissionen kann bis
zum Jahr 2008 von einer Reduktion von bis zu 200.000 t ausgegangen werden.
Fernkälte-Anlagen produzieren weniger Lärm, weniger Schwingungen und weniger elektrische Störfelder
und sind daher zum Beispiel für den Einsatz in großen Krankenhäusern sehr gut geeignet. Darüber
hinaus verursachen Fernkälte-Anlagen auch geringere Wartungskosten. Der Einsatz von Fernkälte scheint
vor allem bei Neubauten sinnvoll. Fernkälte-Anlagen eignen sich besonders für den städtischen Ballungsraum
in neu erschlossenen Baugebieten. Als besonders fernkälte-taugliche Projekte gelten: Großvolumige Bürogebäude
(die bereits heute in Ö zu über 90 % klimatisiert sind), Hotelanlagen, Supermärkte, Einkaufszentren,
Verbrauchermärkte (z. B. für Baustoffe), Industrielle Anlagen (z. B. in der Lebensmittelherstellung)
Der momentane Markt für Fernkälte liegt laut einer neuen Studie der österreichischen Energie-Agentur
bei 50 bis 100 Großprojekten in den nächsten fünf Jahren. Ab 2008 (EU-Kühlmittelverordnung
verbietet HFKWs) geht man von einem stärkeren Ansteigen aus. Auch das Problem der derzeit noch relativ hohen
Investitionskosten, wird sich durch neue Systeme und vermehrten Einsatz langfristig verbessern. |