Paris (esa) - Durch Regenwolken hindurch überwachen ESA-Satelliten die
sich schnell verändernde Situation in Mittel- und Südeuropa, wo sintflutartige Regenfälle diese
Woche zu schweren Überschwemmungen geführt haben.
Hunderte Anwohner mussten fluchtartig ihre Häuser verlassen, als Alpentäler in Österreich, Deutschland
und der Schweiz von den Wassermassen heimgesucht wurden. Verheerende Überschwemmungen wurden auch aus Bulgarien
und Rumänien gemeldet. Grosse Wassermassen aus den überfluteten Alpentälern wälzten sich am
Mittwoch durch zentraleuropäische Flusstäler zur Küste. Die Isar und der Inn gehörten zu den
Flüssen, die den schweren Flutwellen besonders stark ausgesetzt waren. Die Überschwemmungsgefahr entlang
der Donau, in die beide Flüsse münden, bleibt unverändert hoch.
Ein umfangreiches Tiefdruckgebiet über Europa hat starke Regenfälle mit sich gebracht und es ist nicht
sicher, wann diese enden. Viele Gebiete sind stark betroffen, insbesondere die Gegend um den Voralberg in Österreich
und Bayern in Deutschland. Der Kanton Luzern und die Hauptstadt Bern gehören in der Schweiz zu den am schwersten
betroffenen Gebieten, in denen Hubschrauber zahlreiche Anwohner von Hausdächern retten mussten. Der Gesamtschaden
beläuft sich nach ersten Schätzungen auf viele Millionen Euro.
Unter den Naturkatastrophen zählen Überschwemmungen zu denen, die weltweit die größten Schäden
verursachen. Da die überschwemmten Gebiete aus dem Weltraum in der Regel gut sichtbar sind, wird die satellitengestützte
Erdbeoachtung zunehmend eingesetzt, um auf Überschwemmungen zu reagieren und sie zu begrenzen.
Am 25. August hat das Eidgenössische Departement für Bevölkerungsschutz formell die "International
Charter on Space and Major Desasters" ausgelöst. Die Chartaaktivierung bedeutet, dass die assoziierten
Weltraumorganisationen der Schweiz bei der Bereitstellung von Satellitendaten und Informationen zur Lagebeurteilung
und zum Krisenmanagement den Vorrang geben.
Die ESA ist Gründungsmitglied dieser Charta, die in einer weltweiten Anstrengung der nationalen und internationalen
Raumfahrtbehörden geschaffen wurde, um bei Naturkatastrophen oder von Menschenhand verursachten Unglücken
ihre Satelliten-Kapazitäten dem Krisenmanagement zur Verfügung zu stellen. Seit 2000 wurde die Charta
mehr als 80-mal aktiviert. Zugleich greift das Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI)
des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums des DLR auf Satellitendaten der ESA zurück, um Informationen über
die Lage in den deutschen Hochwassergebieten zu sammeln.
Neue wertvolle Informationen auch für Versicherer
Satellitenaufnahmen werden routinemäßig von den Zentren für Hochwasserwarnung für
Rhein und Mosel genutzt. Der in München ansässige Rückversicherer Schweizer Rück hat kürzlich
an einem ESA-Projekt zur Entwicklung des Markts für Erdbeobachtung mit Erdbeobachtungsspezialisten von VISTA
in München und SERTIT in Strassburg (F) teilgenommen, um zu untersuchen, wie Satellitenbilder vergangene Naturkatastrophen
besser dokumentieren und die Genauigkeit der Risikomodelle für die Versicherungstarifierung verbessern können.
Risikoanalysen für Überschwemmungen gehören auch zu den Dienstleistungen der „Risk-EOS“-Initiative,
die auf Erdbeobachtungsdaten gestützte Hilfen sowie Feuerrisiko-Management anbietet. Die “Risk-EOS”-Dienste
schließen zurückliegende Hochwasserkartierungen aus dem Datenarchiv sowie eine Schadensabschätzung
für das Elbflussgebiet in Deutschland und Flussgebiete in Schweden ein, mit dem Ziel die Abbildungen über
einen längeren Zeitraum auszudehnen. Ein weiterer Hochwasserdienst wird gegenwärtig für die Entente-Region
in Frankreich geplant. “Risk-EOS” ist Teil der ESA-Initiative zur Umsetzung des GMES-Projekts – Global Monitoring
for Environment and Security, der europäische Beitrag zum Aufbau eines weltweit koordinierten Umweltüberwachungssystems,
genannt GEOSS, das in gemeinsamer Anstrengung der EU und ESA errichtet werden soll. |