Industrie bricht Lanze für Internationalisierung  

erstellt am
01. 09. 05

Seit 1995 kontinuierliches Größenwachstum und damit höhere internationale Wettbewerbsfähigkeit bei Österreichs Industriebetrieben
Alpbach (PdI) - Die Industriellenvereinigung (IV), Hauptpartner der Alpbacher Wirtschaftsgespräche zum Thema „Globalisierung: Markt versus Politik?“, nutzte ein Pressegespräch um auf die Erfolgsstory der österreichischen Industrie durch die Internationalisierung anhand von Beispielen zu verweisen. Als hochgradig kontraproduktiv empfinde man daher auch, so IV-Präsident Dr. Veit Sorger und IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer unisono, undifferenzierte Globalisierungs- und Europa-Kritik: „Vor populistischem EU-bashing ist nachdrücklich zu warnen. Europa ist nicht das Problem, sondern muss Teil der Lösung sein. Europa ist, wie es der französische Ökonom Alain Minc formuliert hat, unser Schutzschild gegen die negativen Folgen der Globalisierung“, betonte Sorger.

IV-Generalsekretär Markus Beyrer betonte, „der nationalstaatliche Reflex, der jetzt in vielen Ländern und bei vielen Politikern zu beobachten ist, ist der falsche Weg. Wir dürfen uns bei der Gestaltung der Globalisierung nicht auf die Instrumente des Nationalstaates reduzieren - so relevant und wichtig diese auch sind. Wir brauchen dafür ein transnational verfasstes Arrangement von Instrumenten und Institutionen.“ Anlässlich der heute erfolgten Vollprivatisierung der voestalpine sagte Beyrer, diese sei eine „Erfolgsgeschichte“. Die Privatisierung zeige, wie wichtig und richtig es sei, dass Bund, Länder und Gemeinden in Industrieunternehmen keinen Platz haben.

Daten und Fakten zur Internationalisierung der österreichischen Industrie
Die Industriellenvereinigung verwies im Pressegespräch anhand von vier aussagekräftigen Entwicklungen auf den positiven Effekt der Öffnung der Märkte für die österreichische Industrie:

  • Seit Mitte der 80er Jahre hat sich nicht nur die Struktur der österreichischen Exporte mit höherer Wertschöpfung kontinuierlich verbessert, auch die Position im Welthandel konnte laufend gestärkt werden. Auf mittlere Sicht nahm der Marktanteil der österreichischen Industriegüterexporte an den Weltexporten um rund 50 % zu.
  • Die steigende Exportintensität der Industrie schlägt sich auch in der Relation zwischen Inlands- und Auslandsumsatz für den produzierenden Bereich nieder. Der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz des produzierenden Bereiches stieg von 43,8 % (1996) auf 55,1 % (2003).
  • Seit 1995 befinden sich die österreichischen Industrieunternehmen auf dem Pfad des Größenwachstums, was angesichts des Fehlens von im internationalen Vergleich großen österreichischen Unternehmen besonders bedeutsam ist. Dies betrifft nicht nur die 40 größten österreichischen Industrieunternehmen, sondern auch den Großteil der mittelständischen Unternehmen. Machte der Umsatz der 20 größten Industrieunternehmen im Jahr 1995 noch 16,9 % des österreichischen BIP aus, so betrug dieser im Vorjahr bereits 26,5%.
  • Jene Unternehmen, die im Ausland Arbeitsplätze halten oder schaffen, sind auch in ihren inländischen Unternehmen überdurchschnittlich erfolgreich. Ihr Beschäftigtenstand reduzierte sich zwischen 1990 und 2002 - trotz Outsourcing und Veränderungen in der Wertschöpfungsketten - nur um 3 %. Eine Reihe von Industrieunternehmen zeigen zudem, dass die Beschäftigung im Inland durch die Internationalisierung nachhaltig gesteigert werden konnte. Unternehmenswachstum im Ausland sichert somit Wachstum und Beschäftigung im Inland.


Industriepolitische Schwerpunkte im Herbst 2005: Fortschritte bei Flexibilisierung stehen im Mittelpunkt
Die Industriellenvereinigung bekräftigte die hohe Erwartungshaltung der österreichischen Industrieunternehmen an die demnächst beginnenden Kollektiv-vertragsverhandlungen, was weitere Arbeitszeit-Flexibilisierungsmaßnahmen betrifft. Erst im Vormonat hatten bei einer Market-Umfrage unter 100 oberösterreichischen Industriebetrieben 61% der Befragten die mangelnde Arbeitszeitflexibilisierung als Problem genannt. IV-Präsident Sorger wertete in diesem Zusammenhang als besonders erfreulich, dass es - mehreren aktuellen Umfragen zufolge - bei der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer die Bereitschaft zu mehr Flexibilität gibt. „Die Kollektivvertragspartner sollten die nun kommenden Verhandlungen für ein Ergebnis nützen, das in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung für beide Seiten Vorteile bringt. Ein Scheitern diesbezüglicher Verhandlungen würden weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer verstehen!“

Die IV unterstrich nochmals, dass es bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit weder um Lohnkürzungen noch um die Umschichtung von Mitteln von den Arbeitnehmern hin zu den Arbeitgebern geht. Im Gegenteil: „Unseren Unternehmen muss die Möglichkeit gegeben werden, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und damit Arbeitsplätze zu sichern und hohe Löhne in Österreich zu zahlen. Die Arbeitszeitflexibilisierung ist die arbeitnehmerfreundlichste und solidarischste Form, Österreich noch wettbewerbsfähiger zu machen!“

Weiter nationalstaatliche und europäische Spielräume in der Globalisierung nützen
Neben der Arbeitszeitflexibilisierung nannten IV-Präsident Sorger und IV-Generalsekretär Beyrer weitere Politikfelder, wo die zwar kleiner gewordenen aber weiter gegebenen nationalen Spielräume zu nutzen sind:

  • Ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. Die Senkung der Körperschaftssteuer und die moderne Gruppenbesteuerung waren dafür in Österreich entscheidende Meilensteine. Weitere Anstrengungen - Stichwort Senkung des Spitzensteuersatzes - müssen in der kommenden Legislaturperiode folgen. „Wir brauchen auch eine Senkung der lohnsummenabhängigen Steuern und - kurzfristig - Basel II - Begleitmaßnahmen, um den Mittelstand zu unterstützen, sowie generell die weitere Senkung der Abgabenquote“, erinnert die Industrie.
  • Die Steigerung der Innovationskraft der Unternehmen ist in einer globalisierten Wirtschaft der alles entscheidende Wettbewerbvorteil. Dazu braucht es die notwendigen Investitionen in Forschung & Entwicklung, dazu braucht es Aus- und Weiterbildung. Bildung und Innovationen schaffen mehr Wachstum und vor allem hochwertige Beschäftigung. Auf dem Weg zu einem Anteil der F&E-Ausgaben von 3% des BIP bis 2010 wird Österreich heuer die 2,5%-Marke erreichen. Ausdrücklich lobt die Industrie die in der Vorwoche in Alpbach vorgestellte Innovations-„Strategie 2010“ der Bundesregierung.
  • Zudem müssen die verbliebenen geschützten Bereich voll dem Wettbewerb geöffnet werden. Erstellen diese doch vielfach die Vorleistungen für den der internationalen Konkurrenz ausgesetzten Sektor der Wirtschaft und bestimmen so zum Teil dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit mit.

IV-Generalsekretär Beyrer betonte die Notwendigkeit weiterer Marktöffnung und kritisierte in diesem Zusammenhang die teilweise populistische politische Diskussion: „Wir bekennen uns zum Wirtschafts- und Sozialmodell der Sozialen Marktwirtschaft, das in den europäischen Staaten - in unterschiedlicher Ausprägung - den Rahmen für den Markt darstellt. Da ist es absurd, wenn manche in der Politik einen in Österreich oder in Europa angeblich herrschenden Neoliberalismus geißeln. Wie kann man ein Land wie Österreich, das rund 30% für Sozialleistungen ausgibt und an die 50 % seiner Wirtschaftsleistung umverteilt, für neoliberal halten?“

     
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