Seit 1995 kontinuierliches Größenwachstum und damit höhere internationale Wettbewerbsfähigkeit
bei Österreichs Industriebetrieben
Alpbach (PdI) - Die Industriellenvereinigung (IV), Hauptpartner der Alpbacher Wirtschaftsgespräche
zum Thema „Globalisierung: Markt versus Politik?“, nutzte ein Pressegespräch um auf die Erfolgsstory der österreichischen
Industrie durch die Internationalisierung anhand von Beispielen zu verweisen. Als hochgradig kontraproduktiv empfinde
man daher auch, so IV-Präsident Dr. Veit Sorger und IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer unisono, undifferenzierte
Globalisierungs- und Europa-Kritik: „Vor populistischem EU-bashing ist nachdrücklich zu warnen. Europa ist
nicht das Problem, sondern muss Teil der Lösung sein. Europa ist, wie es der französische Ökonom
Alain Minc formuliert hat, unser Schutzschild gegen die negativen Folgen der Globalisierung“, betonte Sorger.
IV-Generalsekretär Markus Beyrer betonte, „der nationalstaatliche Reflex, der jetzt in vielen Ländern
und bei vielen Politikern zu beobachten ist, ist der falsche Weg. Wir dürfen uns bei der Gestaltung der Globalisierung
nicht auf die Instrumente des Nationalstaates reduzieren - so relevant und wichtig diese auch sind. Wir brauchen
dafür ein transnational verfasstes Arrangement von Instrumenten und Institutionen.“ Anlässlich der heute
erfolgten Vollprivatisierung der voestalpine sagte Beyrer, diese sei eine „Erfolgsgeschichte“. Die Privatisierung
zeige, wie wichtig und richtig es sei, dass Bund, Länder und Gemeinden in Industrieunternehmen keinen Platz
haben.
Daten und Fakten zur Internationalisierung der österreichischen Industrie
Die Industriellenvereinigung verwies im Pressegespräch anhand von vier aussagekräftigen Entwicklungen
auf den positiven Effekt der Öffnung der Märkte für die österreichische Industrie:
- Seit Mitte der 80er Jahre hat sich nicht nur die Struktur der österreichischen Exporte mit höherer
Wertschöpfung kontinuierlich verbessert, auch die Position im Welthandel konnte laufend gestärkt werden.
Auf mittlere Sicht nahm der Marktanteil der österreichischen Industriegüterexporte an den Weltexporten
um rund 50 % zu.
- Die steigende Exportintensität der Industrie schlägt sich auch in der Relation zwischen Inlands-
und Auslandsumsatz für den produzierenden Bereich nieder. Der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz
des produzierenden Bereiches stieg von 43,8 % (1996) auf 55,1 % (2003).
- Seit 1995 befinden sich die österreichischen Industrieunternehmen auf dem Pfad des Größenwachstums,
was angesichts des Fehlens von im internationalen Vergleich großen österreichischen Unternehmen besonders
bedeutsam ist. Dies betrifft nicht nur die 40 größten österreichischen Industrieunternehmen, sondern
auch den Großteil der mittelständischen Unternehmen. Machte der Umsatz der 20 größten Industrieunternehmen
im Jahr 1995 noch 16,9 % des österreichischen BIP aus, so betrug dieser im Vorjahr bereits 26,5%.
- Jene Unternehmen, die im Ausland Arbeitsplätze halten oder schaffen, sind auch in ihren inländischen
Unternehmen überdurchschnittlich erfolgreich. Ihr Beschäftigtenstand reduzierte sich zwischen 1990 und
2002 - trotz Outsourcing und Veränderungen in der Wertschöpfungsketten - nur um 3 %. Eine Reihe von Industrieunternehmen
zeigen zudem, dass die Beschäftigung im Inland durch die Internationalisierung nachhaltig gesteigert werden
konnte. Unternehmenswachstum im Ausland sichert somit Wachstum und Beschäftigung im Inland.
Industriepolitische Schwerpunkte im Herbst 2005: Fortschritte bei Flexibilisierung stehen im Mittelpunkt
Die Industriellenvereinigung bekräftigte die hohe Erwartungshaltung der österreichischen Industrieunternehmen
an die demnächst beginnenden Kollektiv-vertragsverhandlungen, was weitere Arbeitszeit-Flexibilisierungsmaßnahmen
betrifft. Erst im Vormonat hatten bei einer Market-Umfrage unter 100 oberösterreichischen Industriebetrieben
61% der Befragten die mangelnde Arbeitszeitflexibilisierung als Problem genannt. IV-Präsident Sorger wertete
in diesem Zusammenhang als besonders erfreulich, dass es - mehreren aktuellen Umfragen zufolge - bei der überwiegenden
Mehrheit der Arbeitnehmer die Bereitschaft zu mehr Flexibilität gibt. „Die Kollektivvertragspartner sollten
die nun kommenden Verhandlungen für ein Ergebnis nützen, das in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung für
beide Seiten Vorteile bringt. Ein Scheitern diesbezüglicher Verhandlungen würden weder Arbeitgeber noch
Arbeitnehmer verstehen!“
Die IV unterstrich nochmals, dass es bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit weder um Lohnkürzungen noch
um die Umschichtung von Mitteln von den Arbeitnehmern hin zu den Arbeitgebern geht. Im Gegenteil: „Unseren Unternehmen
muss die Möglichkeit gegeben werden, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und damit Arbeitsplätze
zu sichern und hohe Löhne in Österreich zu zahlen. Die Arbeitszeitflexibilisierung ist die arbeitnehmerfreundlichste
und solidarischste Form, Österreich noch wettbewerbsfähiger zu machen!“
Weiter nationalstaatliche und europäische Spielräume in der Globalisierung nützen
Neben der Arbeitszeitflexibilisierung nannten IV-Präsident Sorger und IV-Generalsekretär Beyrer
weitere Politikfelder, wo die zwar kleiner gewordenen aber weiter gegebenen nationalen Spielräume zu nutzen
sind:
- Ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. Die Senkung der Körperschaftssteuer und die moderne Gruppenbesteuerung
waren dafür in Österreich entscheidende Meilensteine. Weitere Anstrengungen - Stichwort Senkung des Spitzensteuersatzes
- müssen in der kommenden Legislaturperiode folgen. „Wir brauchen auch eine Senkung der lohnsummenabhängigen
Steuern und - kurzfristig - Basel II - Begleitmaßnahmen, um den Mittelstand zu unterstützen, sowie generell
die weitere Senkung der Abgabenquote“, erinnert die Industrie.
- Die Steigerung der Innovationskraft der Unternehmen ist in einer globalisierten Wirtschaft der alles entscheidende
Wettbewerbvorteil. Dazu braucht es die notwendigen Investitionen in Forschung & Entwicklung, dazu braucht es
Aus- und Weiterbildung. Bildung und Innovationen schaffen mehr Wachstum und vor allem hochwertige Beschäftigung.
Auf dem Weg zu einem Anteil der F&E-Ausgaben von 3% des BIP bis 2010 wird Österreich heuer die 2,5%-Marke
erreichen. Ausdrücklich lobt die Industrie die in der Vorwoche in Alpbach vorgestellte Innovations-„Strategie
2010“ der Bundesregierung.
- Zudem müssen die verbliebenen geschützten Bereich voll dem Wettbewerb geöffnet werden. Erstellen
diese doch vielfach die Vorleistungen für den der internationalen Konkurrenz ausgesetzten Sektor der Wirtschaft
und bestimmen so zum Teil dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit mit.
IV-Generalsekretär Beyrer betonte die Notwendigkeit weiterer Marktöffnung und kritisierte in diesem
Zusammenhang die teilweise populistische politische Diskussion: „Wir bekennen uns zum Wirtschafts- und Sozialmodell
der Sozialen Marktwirtschaft, das in den europäischen Staaten - in unterschiedlicher Ausprägung - den
Rahmen für den Markt darstellt. Da ist es absurd, wenn manche in der Politik einen in Österreich oder
in Europa angeblich herrschenden Neoliberalismus geißeln. Wie kann man ein Land wie Österreich, das
rund 30% für Sozialleistungen ausgibt und an die 50 % seiner Wirtschaftsleistung umverteilt, für neoliberal
halten?“
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