SPÖ präsentiert Bildungsumfrage  

erstellt am
08. 09. 05

 Gusenbauer: "Eltern sind klüger als Gehrer"
Niederwieser: 180.000 ganztägige Schulplätze schaffen - Kranzl: "Gehrer muss sich mit der Studie auseinandersetzen!"
Wien (sk) - Eine großangelegte Umfrage unter Eltern von Pflichtschulkindern in Nieder- österreich präsentierten SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer, die nö. Pflichtschullandesrätin Christa Kranzl und SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser am Donnerstag (08. 09.) in Wien. Die Ergebnisse der Studie, an der sich im heurigen Frühjahr über 30.000 Eltern beteiligt haben, seien "beeindruckend", so Landesrätin Kranzl. So wünscht sich ein Drittel der Eltern die echte Ganztagsschule in verschränkter Form für ihr Kind, fast 90 Prozent sprechen sich für eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl aus, und über 50 Prozent halten die Schullaufbahn-Entscheidung mit 10 Jahren für zu früh. "Die Eltern sind einfach klüger als Ministerin Gehrer", so Gusenbauer zu den Studien-Ergebnissen.

"Erschütternd" sind für Gusenbauer aktuelle UNESCO-Zahlen, wonach es in Österreich 300.000 Analphabeten gibt und die Dunkelziffer sogar bei 600.000 liegt. Auch die PISA-Studie habe die Probleme des österreichischen Schulsystems ja aufgezeigt. "Das einzige Reformhindernis sind die Regierung und Ministerin Gehrer, die immer noch nicht begriffen hat, was eine moderne Schule braucht." Auch in der ORF-Pressestunde habe Gehrer nur "ihre alten ideologischen Kalauer" präsentiert. Nach dem Abschaffen der Zweidrittel-Mehrheit habe eine nächste Regierung "alle Möglichkeiten, moderne Schulpolitik zu machen", so der SPÖ-Chef. Dazu gehöre u.a. die echte Ganztagsschule, die auch pädagogisch überlegen sei, weil - wie auch Finnland zeigt - alle Schülergruppen der unterschiedlichen Begabung darin zu besseren Ergebnissen kommen. Ein weiterer Vorteil der Ganztagschule: "Wenn die Kinder aus der Schule herauskommen, ist für sie und die Eltern das Thema Schule erledigt."

"Der Weg zu mehr ganztägigen Schulen ist mit ganz pragmatischen Mitteln zu erreichen", so Gusenbauer. So gebe es derzeit durch das Sinken der Schülerzahlen "die ganz große Chance, bei gleichen Kosten zu einer besseren Schule zu kommen", wenn nämlich Lehrer verstärkt für individuellen Förderunterricht, Begabungsförderung und Nachmittagsunterricht eingesetzt werden können. Auch die für ganztägige Schulen notwendigen Investitionen in die Schulgebäude könnten durch eine gute Planung - derzeit werden pro Jahr rund 300 Mio. Euro für Schulrenovierungen ausgegeben - finanziert werden.

Niederwieser: Bund soll Beitrag zur Nachmittagsbetreuung erhöhen
180.000 ganztägige Schulplätze in Österreich - echte Ganztagsschulen und andere ganztägige Schulen - sind laut SPÖ-Bildungssprecher Niederwieser das Ziel der SPÖ. Demgegenüber stehe derzeit ein Angebot von 67.000, wobei ein Großteil auf Wien entfällt, wie Niederwieser mit Hinweis auf die schlechte Ausstattung in VP-dominierten Bundesländern hinzufügte. Begleitend zum Ausbau müsse es auch Qualitätsstandards geben. "Die Ganztagsschule muss eine attraktive Schule sein, wo man gerne bleibt", so Niederwieser. Kritik übte der SPÖ-Bildungssprecher an Gehrer, die gemeint hatte, Kinder könnten auch in der Klasse Mittag essen: "Da frage ich Gehrer, ob sie auch gerne an ihrem Schreibtisch isst?!, so Niederwieser. Vom Bund verlangt Niederwieser einen höheren Beitrag zur Finanzierung von Betreuungsstunden am Nachmittag. Derzeit sind es 5 Stunden pro Woche pro Gruppe, den Rest müssen die Gemeinden finanzieren. "Eine Stunde mehr, die der Bund finanziert, würde die Bereitschaft der Gemeinden zu ganztägigen Schulformen schon erhöhen", so Niederwieser.

Zentralmatura: Für Gusenbauer ein Ziel
Positiv äußerten sich Gusenbauer und Niederwieser zu einer Zentralmatura; diese sei "mit Übergangszeiten" anzustreben. "Wenn man eine Pluralität von Schulformen mit hoher Autonomie erreicht, dann muss es gemeinsame Standards geben", so Gusenbauer. Neben einer Zentralmatural in wesentlichen Fächern wie Fremdsprachen oder Mathematik, sollte weiterhin bei der mündlichen Matura die individuelle Schwerpunktsetzung möglich sein, ergänzte Niederwieser.

NÖ Bildungsumfrage: Hohe Zustimmung für gemeinsame Schule
An der niederösterreichischen Bildungsumfrage, die Landesrätin Kranzl im April 2005 mittels Fragebögen durchführen ließ, beteiligten sich rund 32.000 Eltern und 528 Schulen, das sind fast 33 Prozent der Eltern und mehr als 50 Prozent der Pflichtschulen. Die Ergebnisse sind für Kranzl "beeindruckend"; "Es ist ein Muss für Ministerin Gehrer, sich diese Umfrage anzuschauen." Einige der Ergebnisse: fast 36 Prozent sprechen sich für die Ganztagsschule nach dem finnischen System aus, fast 90 Prozent sind für eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25. Über 90 Prozent sind für die generelle 5-Tage-Woche, die es an den meisten Pflichtschulen auch schon gibt. 54 Prozent der Eltern halten die Schullaufbahnentscheidung im Alter von 10 Jahren für zu früh, und immerhin ein Drittel spricht sich für die gemeinsame Schule der 6-15-Jährigen aus. Die Divergenz zwischen beiden Ergebnissen ergebe sich aus der mangelnden Information über die gemeinsame Schule, so Kranzl. Für ein freiwilliges Vorschuljahr treten über 78 Prozent der Eltern ein und über 75 Prozent sind für mehr verpflichtende Fortbildung für Lehrer.

 

 Lopatka: Herber Rückschlag für SPÖ-Bildungsideologie
Zwei Drittel lehnen Ganztags- und Gesamtschule ab
Wien (övp-pk) - Als "herben Rückschlag für die SPÖ-Bildungsideologie" bezeichnete ÖVP-Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka die am Donnerstag (08. 09.) von der SPÖ präsentierten Ergebnisse der "Niederösterreichischen Bildungsumfrage 2005". Daraus geht hervor, dass knapp zwei Drittel der befragten Eltern das System einer Ganztagsschule und die Gesamtschule der 6 bis 15- Jährigen, bekanntlich zwei zentrale Forderungen der SPÖ, entschieden ablehnen.

"Anstatt diese, für die SPÖ unliebsamen Ergebnisse, auf ein angebliches Informationsdefizit der Eltern zurückzuführen, empfehle ich Gusenbauer und seinen Klassenkameraden, ein wenig nachzusitzen und ihre bildungspolitischen Forderungen noch einmal zu überarbeiten", so Lopatka. Abschließend wies er darauf hin, dass das viel zitierte PISA-Siegerland Finnland, entgegen den Behauptungen der SPÖ, gar nicht über das System einer Ganztagsschule verfüge, sondern die Tagesbetreuung genau wie in Österreich organisiert sei: freiwillig und mit Kostenbeitrag der Eltern.

 

 Van der Bellen: Erklärung Gehrers zur drohenden LehrerInnen-Massenarbeitslosigkeit gefordert
Wien (grüne) - "SchülerInnen und Eltern haben ein Anrecht zu erfahren, ob die Bildungs- ministerin ohne mit der Wimper zu zucken die drohende LehrerInnen-Massenarbeitslosigkeit zur Kenntnis nehmen will", zeigt sich der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, verwundert über die gestrige "Nullreaktionen" von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer. "Ich erwarte von Bildungsministerin Gehrer eine umgehende Erklärung, ob, wann und mit welchen Gegenmaßnahmen die Regierung gegen diese katastrophale Entwicklung vorgehen wird. Der LehrerInnen-Rückgang wäre nicht nur ein verheerendes Signal für die Bildungspolitik und damit auch den Wirtschaftsstandort Österreich. Er würde auch die angespannte Situation am Arbeitsmarkt weiter verschärfen. Und das insbesondere bei jüngeren Menschen, da von den Streichungen vor allem JunglehrerInnen betroffen sein würden", warnt Van der Bellen..

In den heutigen Aussagen der LehrerInnen-Gewerkschaft sieht der Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz, eine Bestätigung der gestrigen Warnungen. "Ausgangsbasis für die dramatische Entwicklung war der im Jahr 2000 von der Regierung gemeinsam mit der SPÖ beschlossene Finanzausgleich. Die SPÖ trägt daher die Mitverantwortung für den Stellenabbau. Die Folge davon: bis heute wurden bereits 5.000 LehrerInnen-Stellen gestrichen. Bis 2010-2011 könnten es weitere 12.500 Stellen sein. Das entspricht der derzeitigen LehrerInnen-Zahl in den steirischen und burgenländischen Pflichtschulen. Dies wäre ein schwerer Rückschlag für die Schule, die Eltern und die Kinder, die anstatt verstärkter individueller Förderung in der Schule noch mehr dazu gezwungen würden, horrende Beträge in private Nachhilfe zu stecken", kritisiert Brosz.
     

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