Niedrige Zinsen und gute Manager: Schuldenaufwand sinkt weiter
Wien (pk) - Die um den Eigenbesitz an Schuldtiteln bereinigte Finanzschuld des Bundes wuchs seit Ende 2003
um 8,7 Mrd. Euro oder 6,8 % auf 135,6 Mrd. Euro. In Relation zum BIP stieg die Verschuldungsquote des Bundes 2004
erstmals seit 1999 wieder an, und zwar von 56,1 % auf 57,7 %. Hauptgrund dafür war der 6,1 Mrd. Euro-Forderungsverzicht
des Bundes zugunsten von SCHIG und ÖBB im Zuge der Bundesbahn-Reform. Diese und viele weitere Daten zur Entwicklung
der öffentlichen Finanzen sind dem "Bericht über die öffentlichen Finanzen 2004 zu entnehmen,
der dem Nationalrat seit kurzem vorliegt ( III-165 d.B.).
Mit einem gesamtstaatlichen Schuldenstand von 150,9 Mrd. Euro (Ende 2003: 146,3 Mrd. Euro) lag Österreich
im internationalen Vergleich sehr gut. Die Verschuldungsquote des Gesamtstaates sank von 64,7 % auf 64,2 % des
BIP. Der innerösterreichische Stabilitätspakt und der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008
sehen eine Rückführung des Budgetdefizits des Bundes sowie höhere Budgetüberschüsse der
Bundesländer vor - 2008 soll der Gesamtstaat wieder ausgeglichen bilanzieren.
Die niedrigen Zinsen auf den Kapitalmärkten nützten die Finanzschuldenmanager für längerfristige
Finanzierungen mit fixer Verzinsung, wodurch sich die Fristigkeit bei den Bruttoaufnahmen von 10,4 Jahren auf 10,6
Jahren verlängerte. Mit einem Anteil von mehr als 80 % bildeten Euro-Bundesanleihen die Hauptfinanzierungsquelle.
Die von Österreich getätigten Emissionen von Euro-Bundesanleihen erreichten ein Volumen von 14 Mrd. Euro.
Die Struktur der Bundes-Finanzschuld verschob sich 2004 weiter in Richtung titrierte Euro-Schuldformen. Sie hatten
Ende 2004 einen Anteil von 79 % (2003: 77,4 %), die Euro-Bundesanleihen einen Anteil von 77,2 % (2003: 76,2 %).
Der Anteil der Fremdwährungsschuld an der bereinigten Finanzschuld verminderte sich im Berichtszeitraum stark
von 11 % auf 9,7 %. Erstmals seit 1970 wurden keine Schulden in Fremdwährungen aufgenommen. Das Finanzschulden-Management
des Bundes emittierte 2004 zwar Fremdwährungspapiere (vorrangig USD-, CAD-, AUD-Anleihen), führte sie
aber in Form von Swaps in Euro-Schuldkategorien über. Das in Euro umgerechnete Volumen an Fremdwährungsverbindlichkeiten
betrug Ende 2004 13,1 Mrd. Euro (2003: 13,9 Mrd. Euro).
Angesichts historisch niedriger Zinsen forcierten die Schuldenmanager 2004 Finanzierungen mit fixer Verzinsung
und längeren Laufzeiten, um die Zinskosten über einen möglichst langen Zeitraum niedrig zu halten
und das Zinsänderungsrisiko zu begrenzen. Um 10 Mrd. Euro oder 8,5 % erhöht hat sich der Bestand fixverzinster
Verbindlichkeiten des Bundes (unter Berücksichtigung von Zinsswaps und Eigenbesitz). Abgebaut wurde die Verschuldung
in variabler Verzinsung (einschließlich sprungfixer Verzinsung) und zwar um 1,3 Mrd. Euro oder 14,5 %. Die
Restlaufzeit des gesamten Schuldenportefeuilles stieg im Berichtsjahr zum zweiten Mal in Folge deutlich und lag
zu Jahresende 2004 bei durchschnittlich 6,4 Jahren, ein halbes Jahr über dem Vorjahreswert.
Trotz Verlängerung der Restlaufzeit konnte die durchschnittliche Nominalverzinsung der Finanzschuld des Bundes
im Berichtsjahr von auf dem Vorjahresniveau von 4,8 % gehalten werden, hauptsächlich wegen der Tilgung von
Schulden mit hoher Nominalverzinsung von bis zu 7,6 % und wegen der niedrigen Marktzinsen.
2004 nahm der Zinsaufwand für die Finanzschuld trotz der Defizite der Jahre 2003 und 2004 kaum zu (Zinsaufwand
2004: 6,36 Mrd. Euro; 2003: 6,30 Mrd. Euro). Der Gesamtaufwand für die Finanzschuld 2004 nahm gegenüber
2003 von 6,26 Mrd. Euro auf 6,23 Mrd. Euro ab. Der Grund dafür lag beim erwähnten Abbau hochverzinster
Schulden und bei höheren sonstigen Einnahmen. Der Zinsenaufwand konnte sowohl in Relation zum BIP (Zinsendienstquote)
als auch zu den Einnahmen des Bundes (Zinsen-Abgabenquote) reduziert werden - die Zinsendienstquote betrug 2,7
% des BIP (2003: 2,8 %), die Zinsen-Abgabenquote 16,5 % (2003: 17,6 %). Dennoch binden Zinszahlungen und sonstiger
Aufwand für die Finanzschulden weiterhin mit 16,5 % (2004) nach wie vor einen erheblichen Teil des Steueraufkommens
des Bundes, schreibt der Staatsschuldenausschuss.
Die Finanzlage des Gesamtstaates
Der Schuldenstand im Sinne von Maastricht stieg bis Ende 2004 um 4,6 Mrd. Euro auf 150,9 Mrd. Euro (Ende 2003:
146,3 Mrd. Euro). Die Verschuldungsquote sank von 64,7 % auf 64,2 % des BIP. Die seit der Euro-Einführung
markanten Verschiebungen in der Gläubigerstruktur gingen weiter: Der Anteil ausländischer Gläubiger
nahm auch 2004 zu und erreichte Ende 2004 71 % (1999: 48 %). Im Inland zählten 2004 nach wie vor die Banken
mit einem Anteil von 15 % zu den bedeutendsten Gläubigern des Staates.
Die Haushaltsentwicklung des Gesamtstaates bestätigte in Österreich die Erwartungen: Das Defizit nahm
von 1,1 % des BIP im Jahr 2003 geringfügig auf 1,2 % zu. Das Steueraufkommen entwickelte sich infolge der
besseren Konjunktur dynamischer als zuletzt. Die Erhöhung der Energiebesteuerung brachte Mehreinnahmen, gegenteilige
Wirkungen resultierten aus der Anhebung der steuerfreien Einkommensgrenze, der Begünstigung nicht entnommener
Gewinne, dem Kinderzuschlag zum Alleinverdienerabsetzbetrag und der Anhebung der Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag.
Insgesamt wuchsen die Steuereinnahmen 2004 gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Mrd. Euro oder 3,6 %.
Auf der Ausgabenseite wirkten die Reformen der letzten Jahre bremsend (Pensionsreformen 2002 und 2003, Verwaltungsreformen,
Personalreduktionen, verstärktes Budgetcontrolling). Belastet wurden die öffentlichen Budgets durch Konjunkturbelebungspakete,
familienpolitische Leistungen, Gehaltszuwächse im öffentlichen Dienst, höhere Pensionen, durch die
höhere Arbeitslosigkeit sowie den Finanzbedarf im Gesundheits- und Altersversorgungsbereich.
2004 betrugen die Einnahmen des Gesamtstaates 116 Mrd. Euro oder 49,4 % des BIP, die Ausgaben 119,1 Mrd. Euro oder
50,7 % des BIP. Staatsausgaben und -einnahmen nahmen jeweils um 3,6 % zu, ein Wert unter dem BIP-Wachstum von 3,9
%, was bedeute, dass sowohl die Staatseinnahmen- wie die Staatsausgabenquote 2004 zurückgingen. Die Abgabenquote
(Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Prozent des BIP) nahm 2004 weiter ab, wenn auch langsamer als
in den Vorjahren (2004: 43,1 % des BIP, 2003: 43,3 %, 2002: 43,8 %, 2001: 44,8 %.
Das Defizit des Bundessektors ging von 1,8 % des BIP (2003) auf 1,6 % des BIP (2004) zurück, die Überschüsse
der Länder und Gemeinden dürften sich von 0,7 % des BIP (2003) auf 0,4 % des BIP (2004) vermindert haben.
Im internationalen Vergleich liegt Österreich fiskalpolitisch sehr gut. Es unterschreitet sowohl die 3-Prozent-Defizit-Obergrenze
des Maastricht-Vertrags als auch die Durchschnittswerte des Euroraums (2,7 %) und der EU-15-Länder (2,6 %
des BIP) deutlich. Der innerösterreichische Stabilitätspakt und der Finanzausgleich für die Jahre
2005 bis 2008 sehen eine Rückführung des Budgetdefizits des Bundes sowie höhere Budgetüberschüsse
der Bundesländer vor - 2008 soll der Gesamtstaat wieder ausgeglichen bilanzieren. |